Fledermäusen helfenDas sollten Sie über Fledermäuse in Köln wissen

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Köln – „Tock, tock, tock“ – wie Morsezeichen klingen die stakkatohaften Töne, die da aus dem Detektor kommen. Dann folgt ein schriller Ruf. Das Tier, von dem er stammt, hängt an dem Fliegendraht eines Käfigs. Es hält sich mit den Krallen der Hinterbeine und dem winzigen Daumen an den Flügeln am Gitter fest.

Eine Zwergfledermaus, der Körper überzogen von braunem Plüsch, die Augen kaum auszumachen in dem kleinen Gesicht. Das Sehen übernehmen bei ihr ohnehin die großen Ohren, die aus dem Echo ihrer eigenen Rufe im Ultraschallbereich quasi Schallbilder ihrer Umgebung entwerfen. Ohne den Fledermausdetektor wäre das für unsere Ohren nicht zu hören.

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Susanne Roer mit ihrem Pflegling, der Zwergfledermaus.

Das Tier lebt in der Pflegestation von Susanne Roer, die die Fledermaushilfe beim Nabu Köln betreut. Roer nimmt pro Jahr 20 bis 30 verletzte oder geschwächte Fledermäuse auf. Besonders im Sommer, wenn sich viele noch nicht orientierte Jungtiere aus ihren Quartieren heraustrauen, hat sie viel zu tun. Manchmal verfliegen sie sich etwa in Treppenhäuser, aus denen sie den Ausweg nicht mehr finden, und werden dann dort geschwächt aufgefunden.

4000 Mücken pro Tag

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Susanne Roer füttert das Tier mit Mehlwürmern, die sie ihr mit der Pinzette anbietet.

Im Frühling erwachen die Fledermäuse aus ihrem Winterschlaf. Sie benötigen nun dringend Nahrung. Pro Fledermaus und Nacht ist das etwa ein Drittel ihres Körpergewichts – bis zu 4000 Mücken. Naturschützer machen sich große Sorgen um die Zukunft der Tiere, weil die Zahl der Insekten in den vergangenen 15 Jahren um 80 Prozent zurückgegangen ist.

Ein Hauptgrund dafür ist der Einsatz von Pestiziden wie früher DDT und heute Neonicotinoide in der Landwirtschaft. Die Fledermäuse finden zu wenig Nahrung, viele verhungern. Wenn sie vergiftete Insekten fressen, schwächt sie das.

Zwergfledermaus am häufigsten in Köln

Seit den 50er Jahren ist der Bestand der Fledermäuse drastisch zurückgegangen. Vier Arten sind in Deutschland vom Aussterben bedroht. Auch der Klimawandel könnte ihnen zusetzen. „Wenn die Winter milde werden und die Tiere zu früh aus dem Winterschlaf erwachen, haben wir ein großes Problem“, sagt Roer. „Wenn es dann wieder kalt ist, gibt es keine Nahrung.“

Acht bis zwölf Arten vermuten die Tierschützer in Köln, die häufigste ist die Zwergfledermaus mit einer Körpergröße von nur rund vier Zentimetern – in der Luft zu erkennen an ihrem Zickzack-Flug. Korrekter als Fledermäuse wäre übrigens „Fledertiere“, erklärt Roer: „Mit Mäusen haben sie gar nichts zu tun. Entwicklungsgeschichtlich sind sie uns Menschen näher.“ Die einzigen aktiv fliegenden Säugetiere bringen in der Regel nur jeweils ein Junges zur Welt.

Viele Fledermäuse gibt es im Belgischen Viertel

Fledermauskästen

Fledermauskästen

Fledermäuse leben mitten unter uns in der Stadt. Besonders viele gebe es beispielsweise im Belgischen Viertel, wo es zahlreiche Altbauten gibt. Die ausgewachsene Zwergfledermaus, die bei Susanne Roer lebt, war in einem Innenhof in der Nähe des Friesenplatzes geschwächt aufgefunden worden.

Roer nimmt das Tier und breitet vorsichtig einen seiner Flügel aus, die so dünn sind, dass die Sonne hindurchscheint und ein feines Geflecht aus Adern sichtbar wird. „Ich vermute, dass sie gequetscht wurde und Blutergüsse hat“, sagt sie. Sie füttert das Tier mit Mehlwürmern, die sie ihr mit der Pinzette anbietet.

Am Adenauer Weiher, wo neben der Zwergfledermaus auch die Wasserfledermaus und der Abendsegler nach Insekten jagen, hat der Nabu Fledermauskästen für die Tiere aufgehängt. Denn ein weiteres Problem für die Fledermäuse ist der Mangel an geeigneten Quartieren. Scheunen oder Häuser mit Zugang zum Dachboden gibt es immer seltener.

Nicht alle Arten hängen frei am Dachfirst

Im Gegenteil: Viele Häuser werden energetisch saniert, dabei gehen Nischen und Spalten für die Fledermäuse verloren. In Zukunft werden die Tiere deshalb auf unsere Hilfe angewiesen sein. Wer neu baut, kann schon mit wenig Aufwand Verstecke für die Tiere mit einplanen.

Zum Beispiel können Hausbesitzer einen Zugang zum Dachboden schaffen oder ihnen dort Spaltenquartiere einrichten. Nicht alle Arten hängen nämlich frei am Dachfirst. Zwergfledermäuse etwa verstecken sich in Spalten. Da sie keine Nester bauen, sondern nur bereits vorhandene Hohlräume nutzen, schädigen sie nicht die Bausubstanz. Auch Rollladenkästen oder Fassaden können von außen für die Tiere nutzbar gemacht werden.

Soziale und ortstreue Wesen

Fledermaus

Fledermäuse leben unter anderem rund um den Aachener Weiher. (Symbolbild) 

Wie Meisenkästen gibt es auch Fledermauskästen zu kaufen. Diese werden an Bäumen oder der Süd- oder Ostseite des Hauses angebracht, idealerweise unter dem Giebel, damit sie sich nicht zu sehr aufheizen. Wer Fledermäuse am Haus haben möchte, braucht Geduld. „Meisen suchen jedes Jahr nach einem geeigneten Nistplatz und besetzen ihn sofort, wenn sie einen finden“, sagt Susanne Roer. „Bei Fledermäusen können Sie das vergessen.“

Die sind nämlich ortstreu und kehren immer wieder zu ihren Sommer- und Winterquartieren zurück. Wenn also irgendwo ein neuer Kasten hängt, bemerken die Fledermäuse das nicht einmal unbedingt. Es kann sein, dass so ein Kasten ein oder zwei Jahre hängt, bevor er besetzt wird oder auch niemals angenommen wird. Anders ist es, wenn sie ein Quartier verloren haben und gerade auf der Suche sind.

Fledermäuse haben einen guten Orientierungssinn

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Eine Fledermaus in einem Meisenkasten.

„Dann erhöhen Sie mit einem Kasten die Chance, dass die Tiere sich bei Ihnen niederlassen“, erklärt Nadine Willius, die beim Nabu das Projekt „Fledermausfreundliches Haus“ betreut. „Fledermäuse sind soziale Wesen und gerne beieinander“, sagt sie. Deshalb sollten gleich mehrere Kästen angebracht werden. Und am besten auch Meisenkästen. Denn manchmal besetzen die Vögel Fledermauskästen, weil ihnen Angebote fehlen.

Die Zwergfledermaus bei Susanne Roer hat es am Ende leider nicht geschafft. Wenn sich eine Fledermaus aber erholt, darf sie nach einigen Probeflügen in der Pflegestation wieder in die Freiheit. Von dort wird sie dank ihres Orientierungssinns alleine wieder zurück in ihr altes Quartier finden.

Batnight mit Fledermausführung am Samstag, 26. August, ab 18 Uhr, Treffpunkt Einfahrt Parkplatz Club Astoria, Guts-Muths-Weg 3, an der Jahnwiese in 50833 Köln

So machen Sie ihr Haus Fledermaus-freundlich

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Fledermäuse stehen unter strengem Naturschutz. Sie dürfen nicht gefangen werden.

Wer sein Haus so gestaltet, dass Fledermäuse sich dort wohlfühlen können, oder bereits Fledermäuse am Haus hat, kann sich beim Nabu um die Plakette „Fledermausfreundliches Haus“ bewerben. Mitmachen können Privatpersonen ebenso wie Schulen oder Gemeinden mit öffentlichen Gebäuden.

Das Projekt wird gefördert durch das NRW-Umweltministerium. 300 Häuser in NRW sind bereits ausgezeichnet worden, 75 davon im Regierungsbezirk Köln. Wer Fledermäuse bei sich am Haus hat, kann sich übrigens freuen: Das bedeutet, dass sein Heim schadstoffarm ist.

Wer mehr wissen will zum Thema fledermausfreundliches Haus, findet hier Informationen: www.fledermaus-willkommen.de

Ein Garten für Fledermäuse

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In Deutschland gibt es 25 Fledermausarten, 19 davon in NRW.

Nachtfalter sind die Lieblingsnahrung von Fledermäusen. Sie können also schon viel für die Tiere tun, wenn Sie in Ihrem Garten nektarreiche, heimische und nachtblühende Blumen wachsen lassen, die Falter anlocken.

Das sind zum Beispiel: Phlox, Duft-Nachtkerze, Holunder, Sommerflieder, Borretsch,  aber auch Kräuter wie Minze und Salbei. Wichtig ist auch, auf den Einsatz von Pestiziden zu verzichten.

Erste Hilfe für Fledermäuse

Fledermäuse stehen unter strengem Naturschutz. Sie dürfen nicht gefangen werden. Ist ein Tier in Not, weil es etwa von einer Katze gefangen wurde, sollte es natürlich in Sicherheit gebracht werden.

Dafür unbedingt Lederhandschuhe anziehen. Denn erstens kann eine Fledermaus Tollwut übertragen. Und zweitens können die Wildtiere beißen. „Man kann das Tier zum Beispiel mit einer Zeitung vorsichtig auf eine andere Zeitung schieben und so transportieren“, rät Susanne Roer, die die Fledermaushilfe beim Nabu Köln betreut. Sie hat eine Genehmigung, flugunfähige Tiere aufzunehmen.

In einem mit Luftlöchern versehenen Schuhkarton kann es vorläufig aufbewahrt werden. Oft sind geschwächte Tiere ausgetrocknet. Mit einem dünnen Stab kann ihnen tropfenweise Wasser eingeträufelt werden. Dabei darf kein Wasser in die Nasenlöcher gelangen.

Besonders junge, unerfahrene Fledermäusen verirren sich schon mal in Wohnungen. Dann sollte das Fenster weit geöffnet werden, damit sie wieder hinaus finden. Die richtigen Ansprechpartner finden sie hier: www.fledermausschutz.de Fledermaus-Hotline des Nabu: 030/284984-5000

Informationen zu Fledertieren

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Da Fledermäuse keine Nester bauen, sondern nur bereits vorhandene Hohlräume nutzen, schädigen sie nicht die Bausubstanz.

Fledermäuse sind Säugetiere, die es schon seit 50 Millionen Jahren gibt. Fossilien belegen, dass sich ihr Skelett seitdem nicht verändert hat.

Sie orientieren sich über die Ultraschall-Echoortung, indem sie für uns unhörbare Rufe ausstoßen und die Echos mit den Ohren empfangen. So können sie Entfernungen abschätzen. Weltweit gibt es 800 Fledermausarten.

In Städten gibt es acht bis zwölf Arten

In Deutschland leben 25 Arten, 19 davon in NRW, in den Städten sind es etwa acht bis zwölf. Sie nutzen im Jahresverlauf unterschiedliche Quartiere, im Sommer andere als im Winter. Sie halten Winterschlaf, wenige Arten wie die Zweifarbfledermaus wandern dafür auch wie Zugvögel bis zu 1800 Kilometer in wärmere Regionen.

Im Sommer schließen sich die Weibchen zu Wochenstuben zusammen, in denen die Jungtiere geboren werden. Begattet werden die Weibchen bereits im Spätsommer auf dem Weg in die Winterquartiere. Aber erst nach dem Winterschlaf, wenn die Körpertemperatur der Fledermaus wieder steigt, findet die Befruchtung statt.

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