Köln – Carafe de vin ½ l – 9 €“ ist auf die Speisekarte gestempelt, es gibt Kronenbourg-Bier, Steak frites, die Plat du jour wird stilecht auf eine Schiefertafel geschrieben und man sitzt bequem auf Bänken – alles wie in einer französischen Brasserie. Wenn auch eine Spur schicker: Die Bänke haben hier einen brombeerfarbenen Samtbezug, Designer-Lampen spenden Licht und auf den weißen Tischdecken stehen Kerzenständer oder Tischlampen. Es sitzt sich nett im „Capricorn i Aries“ (Steinbock und Widder), die Akustik ist angenehm, der Service freundlich. Eine Brasserie – klassischerweise zwischen Bistro und Restaurant angesiedelt – steht für rustikalere Genüsse, doch Judith (Service) und Martin Kräber bieten mit ihrem Team mehr. Sie verfeinern die Speisen, ohne sie ihrer starken Aromen und zupackenden Natur zu berauben.
Kluge Kreativität
Die würzigen Rillettes gehen eine Einheit ein mit der cremigen Gänselebermousse, und das Kürbischutney setzt gekonnt einen fruchtig-süßen Akzent, den Sous-Vide gegarten Lachs (lobenswert: in Bio-Qualität) kombiniert Kräber nicht mit modischen Garnelen, sondern salzigeren Nordseekrabben, die wie ein Gewürz für den Fisch funktionieren. Diese kluge Kreativität macht einige kleinere Fehler mehr als wett, dass etwa die Brioche zu dünn und stark geröstet war, der Baumkuchenmantel zu wenig getränkt und die Konsistenz der mit köstlichem Tonkabohneneis servierten Crème brûlée etwas zu pastös. Letztere ist aber immer noch besser als 90 Prozent aller, die man vorgesetzt bekommt und die nicht mehr sind als Vanillepudding (ohne echte Vanille) mit harter und manchmal bitterer Karamellkruste.
Also: Kritik auf hohem Niveau. Schon allein die herrlich fluffige und keine Spur zu süße Mousse au Chocolat lohnt den Weg hierher, wie auch die Maronencremesuppe, bei der das Rindertatar der salzige Gegenpart zum ebenso leicht wie angenehm süßlichen Hauptdarsteller ist. Nicht bestellt habe ich den Kalbsrücken mit Trüffelsauce, da mir auf Nachfrage gesagt wurde, dass bei diesem mehr Trüffelöl als Trüffel Verwendung finden – das brauche ich nicht auf meinem Teller.
Zu trinken gibt es 20 offene Weine, alle französisch, dazu noch rund zehn flaschenweise (zwei gereifte Italiener darunter). Die Flasche mit meinem Mâcon-Villages war leider zu lange offen, viel besser der Jurançon von Cauhapé. Unverständlich bleibt, warum zum Abschluss ein bitterer italienischer Espresso gereicht wird. Da hat – nicht nur – die Grande Nation anderes zu bieten. Trotzdem: Im Ganzen souverän, inspiriert, Atmosphäre und Service gut. Zu Steinbock und Widder können auch andere Sternzeichen beruhigt essen gehen.
Capricorn i Aries, Alteburger Straße 31, ☎ 0221/3975710
Öffnungszeiten Mo–Fr 12–15 Uhr & 18–1 Uhr, Sa 18–1 Uhr
www.capricorniaries.com/brasserie.htm
