Restaurant-KritikMehr Vintage am Südkai wäre schön

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Gespresster Oktopus

Gespresster Oktopus

Köln – Eins gestehe ich vorweg: Ich bin ein großer Fan von Claudia Stern. Ich bewundere sie für ihr Weinwissen, ihr kulinarisches Gespür, ihr Konzept „Köln ist ein Genuss“. Sie hat damit im Restaurant „Vintage“ erfolgreich heimische Produkte nach vorne gestellt. Umso gespannter war ich, als das „Vintage“ nun seinen Platz an der Hahnenstraße verließ und mit dem „Kap am Südkai“ verschmolz zu… Ja, zu was eigentlich? Vor Ort wurde mir gesagt, es hieße nun „Vintage im Kap am Südkai“. Am Telefon meldete man sich mit „Vintage am Südkai“. Auf der Homepage heißt es weiterhin „Kap am Südkai“. Babylonische Sprachverwirrung.

Mariniertes und Gebackenes von der Kalbshaxe / eingelegtes Gemüse / Borretsch 12,50 Euro

Gepresster Oktopus / Paprika / Räucherchip 14,50 Euro

Caesar Salad mit geräucherter Freilandhühnchenbrust und Bruschetta / 16,50 Euro

Filet vom Steinbutt / Kabeljaubrandade / Kartoffel-Olivenölsud 27,50 Euro

Kalbsfilet / Badische Maultäschle / Rahmwirsing 29,50 Euro

Topfenschmarrn aus dem Ofen mit Rhabarberragout 8,50 Euro

Himbeerträumchen  9,50 Euro

Überraschungsmenü

4 Gänge 49 Euro, 5 Gänge 57 Eur

Schon beim Eintreten wird klar: Hier weht ein neuer Wind. Was ein paar Kissen und Regale doch ausmachen. Plötzlich ist das technisch-kühle „Kap am Südkai“ regelrecht gemütlich, auf eine moderne Art. Geblieben ist die Terrasse – sowieso einer der schönsten Kölner Plätze mit Blick auf den Rhein. Selbst bei vollem Haus läuft der Service  rund und freundlich. Haken: Warum gibt es zwar Schalen für das Olivenöl, aber keine Teller für das Brot? Krümel auf der Tischplatte sind da programmiert.

Gepresster Oktopus von Paprika erschlagen

Bei Claudia Stern erhofft der Gast eine beeindruckende Weinkarte. Zwar sind die Angebote klug ausgewählt, dass sie aber nur drei Seiten füllen, enttäuscht dann eher. Auch beim Essen gibt es Defizite. Die Freilandhühnchenbrust im Caesar Salad ist zwar lobenswert, schmeckt aber nach kaum etwas. Dazu passt leider der ganze Salat und das belanglose Dressing. Der gepresste Oktopus wird aromatisch von der Paprika erschlagen, das Kalbsfilet mit Maultäschle und Rahmwirsing war zwar gelungen, aber für einen heißen Sommertag viel zu schwer.

Auch beim Nachtisch macht Koch Steffen Kimmig unnötig Fehler: der Topfen zu trocken, das Himbeerträumchen  zu flüssig.  Sehr gelungen dagegen die nur kurz gebackene Rhabarbertarte mit Sauerrahmeis. Ebenso das süffig-saftige Filet vom Steinbutt mit Kabeljaubrandade. Die Preise sind – für den Rheinauhafen typisch – äußerst selbstbewusst. Umso bedauerlicher, dass weder Petits Fours noch Amuse-Bouche gereicht werden.

Wunsch nach mehr Vintage

So richtig zusammengefunden haben die beiden Restaurants noch nicht. Auf meinem Wunschzettel steht: mehr „Vintage“, auch in der Küche, Steffen Kimmigs Interpretation des selbstbewusst-regionalen Ansatzes, der das „Vintage“ so besonders gemacht hat. Dazu: eine größere Weinkarte von einer der kundigsten Weinfrauen Deutschlands. Dann kann das, wollen wir es Vikis nennen („Vintage im Kap im Südkai“), ein Schmuckstück der Kölner Gastronomie werden. Um den ehemaligen Bundeskanzler Willy Brandt zu zitieren: „Nun muss zusammenwachsen, was zusammengehört.“ Das „Kap am Südkai“ ist in Bewegung, Claudia Stern tut ihm jetzt schon gut, noch mehr Claudia Stern würde ihm noch besser tun.

Vintage im Kap am Südkai

Agrippinawerft 30, Kap am Südkai, 50678 Köln,

0221/35683333, Mo–Fr und So 12–14.30 Uhr und 18.30–22 Uhr, Sa 18.30–22 Uhr

Fazit: Mehr Regionalität, mehr Wein, dann wird das Restaurant zum Schmuckstück

Bewertung: drei von sechs Sternen

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