SkifahrenDarum ist das Freeriding so gefährlich

Lesezeit 3 Minuten
Swiss_ski_freerider_44173867

Immer mehr Leute begeistern sich für das „Freeriden“. (Symbolbild)

Skigebiete und Skikurse entdecken die Frauen als neue Zielgruppe im Gelände. Freeriding für Ladies, warum die Geschlechtertrennung?

Garhammer: Diesen Trend gibt es schon seit ein paar Jahren. Ich  kann nur von der Erfahrung aus meinen Kursen berichten: Frauen machen, wenn sie unter sich sind,  viel schneller Fortschritte. Das Skifahren, abseits der präparierten Piste sowieso, ist eine rhythmische, tänzerische Bewegung. Darauf lassen sich  Frauen nun mal schneller ein – man kann den Berg nicht zur Seite schieben (Männer!), man muß mit ihm tanzen.

Und die Erkenntnis kam Ihnen vor einem Jahr?

Nein, natürlich nicht, bis zur Umsetzung dauert es eben immer. Aber angemeldete Paare trenne ich in meinen Kursen nach Möglichkeit immer. Ein bestimmtes  Gockel-Belehrungs-Verhalten können Männer eben  zum Teil nur  schwer ablegen, und den Frauen fehlt dann oft  das Selbstbewusstsein an der Seite Ihrer Ehemänner, Männern überhaupt. In einer  Frauengruppe ist  die Stimmung  immer  gut und  durch keine Paar-Zwistigkeiten getrübt.

Warum redet die alpine Skiwelt nur noch vom Freeriding? Woher kommt die plötzliche Begeisterung?

Das Wort klingt gut – wird aber oft sehr missverstanden und leider auch  extrem missbraucht. Früher hieß es Tourengehen, heute Englisch, freeride. Aber klar, den Trend gibt es. Ich meine, dass es mit  dem  grundsätzlichen Wandel in der Gesellschaft zu tun hat, der allgemeinen Rückbesinnung auf die Basics, mit der Sehnsucht nach Echtem und Purem. Und echt ist eben, sich frei im Gelände zu bewegen, eine halbe Stunde oder  auch mal  drei aufzusteigen, für sich zu sein, Freiheit zu spüren und mit jedem zurückgelegten Meter das zum Teil mörderische Alltagsgeschehen  auf der Piste hinter sich zu lassen. Das verstehen nur leidenschaftliche Skifahrer.

Dabei ist doch das Tourengehen mit der Lawinengefahr die riskante, lebensgefährliche Unternehmung?

Sich im Gelände auf Skiern zu bewegen, birgt  immer eine Gefahr.  Genauso wie Autofahren oder als Fußgänger die Straße zu überqueren. Aber es ist  Quatsch zu glauben, dass man auf der Piste sicherer  ist. Unfallstatistiken zufolge und meiner Erfahrung nach  über 40 Jahren im Gelände, ist es   abseits der Piste 80 bis 90 Prozent weniger gefährlich. Wer einmal mit kleinen Kindern   auf der Piste gefahren ist, weiß wie rücksichtslos und kurzsichtig viele Skifahrer auf der Piste unterwegs sind.  Das Skifahren abseits ist langsamer, bedächtiger, weil man sich immer wieder neu orientiert. Skitechnisch  macht man  im Gelände übrigens nichts anderes als auf der Piste. Andrehen, Beugen, Strecken, ABS, das bringe ich meinen Schülern bei.

Was ist riskant am Off-Piste-Fahren? Wo liegen die Gefahren im freien Gelände?

In erster Linie die Selbstüberschätzung. Die meisten Unfälle passieren nicht durch  Lawinenabgänge sondern  Stürze. Und die sind  auf  skifahrerisches Nichtkönnen zurückzuführen. Daher konzentrieren wir uns auf die Verbesserung des Fahrkönnens als wichtigste Sicherheitsmaßnahme. Auch Lawinenunglücke beruhen  meist auf taktischem Fehlverhalten. Folge der Unfälle sind Rettungssituationen, die trainiert werden müssen.

Eigenverantwortung – das A und O im Gelände?

Natürlich, sowohl was die Ausrüstung betrifft, den Umgang damit, als auch die richtige Selbsteinschätzung. Unerlässlich sind ein Lawinenverschüttetensuchgerät (LVS), Schaufel, Sonde,  Verbandszeug, Lawinenairbag und das Wissen, wie man ein verdrehtes Knie schient.

Top-Ausrüstung verhindert nicht die Katastrophe – welches sind die schlimmsten Fehler der Fahrer?

Wenn sie nicht Abstand halten zu den anderen, je nach Lawinengefahrenlage. Meistens löst zu viel Gewicht auf der Schneedecke die Lawine aus.  Auch zu steil anfangen, kann schlimm enden. Anfänger sollten an sehr flachen Hängen mit 20 bis 25 Prozent Gefälle beginnen. Auch rücksichtsloses Überholen gehört dazu. Faires Verhalten macht den souveränen Freerider aus. Leichtsinniges Verhalten ist im Hang fehl am Platz. Nichtkönnen genauso. Und wenn man sich nicht auskennt, nur mit erfahrenen  Guides fahren und sich vorher vergewissern, ob das auch wirklich so ist.

Das Gespräch führte Eva Reik.

KStA abonnieren