Gift für die Ökumene?

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Kardinal Joachim Meisner

Kardinal Joachim Meisner

Unverständnis haben die neuen „Richtlinien“ von Kardinal Meisner auch in Leverkusen und Leichlingen ausgelöst, wonach multireligiöse Feiern mit Gebeten an den Schulen im Erzbistum Köln nicht mehr zugelassen werden sollen. Demnach sind gemeinsame Gottesdienste wegen der unterschiedlichen Gottesvorstellungen nicht mehr möglich. Ausgenommen sind lediglich gemeinsame „Brauchtumsfeiern“ wie Advents- oder Sankt-Martin-Singen - wenn dabei nicht gebetet wird.

Sie habe von diesem Verbot erst aus der Zeitung erfahren, sagt Anne Kelter, Schulleiterin der Katholischen Grundschule Neuboddenberg, In der Wasserkuhl. Eine offizielle Mitteilung des zuständigen Schulamtes im Erzbistum liege ihr noch nicht vor. Diese Anweisung von Meisner widerspreche in ihren Augen jedoch „allen bisherigen ökumenischen Bestrebungen.“ An ihrer Schule werde es so gehandhabt, dass alle Kinder gemeinsam zum Gottesdienst in die katholische Kirche gehen. Ebenso nehmen alle Schüler am Religionsunterricht teil, in dem auch ethische Probleme angesprochen würden. Sämtliche Eltern seien darüber schon bei der Anmeldung informiert worden und hätten ihr schriftliches Einverständnis gegeben.

„Ein Rückschritt“

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„Ich sehe diese Anweisung im krassen Gegensatz zu den Bildern der letzten Woche“, erklärt Winfried Reichwald, Leiter der einzigen katholischen Grundschule in Leichlingen. Bilder, die den Papst beim gemeinsamen Gebet mit dem Mufti von Istanbul in der Blauen Moschee zeigten. Diese Entscheidung, wenn sie so stehen bleibe, sei ein Rückschritt und diene nicht den Bestrebungen, Ökumene zu praktizieren. Er sehe es so, dass seine Schule von der neuen Regelung ohnehin nicht betroffen sei, da dort nur katholische und nicht-katholische Schüler aufgenommen würden, aber keine Muslime. Ebenso wie seine Kollegin aus Neuboddenberg, habe er aber erst durch die Presse von Meisners Plänen erfahren.

Kopfschütteln ernteten die Vorstellungen des Kardinals ebenfalls bei Ewald Schug, dem Rektor der Katholischen Grundschule Burgweg in Rheindorf. „Ich halte diese Richtlinie nicht für hilfreich“, formulierte er vorsichtig. Diese Pläne seien nicht geeignet, „dem kleinen Pflänzchen Ökumene weitere Nahrung zu geben.“ Die Lehreinrichtung in Rheindorf werde als Stadtteil-, nicht als katholische Grundschule gesehen. Multireligiöse Feiern gebe es nicht. Auch der Anteil der muslimischen Kinder sei verschwindend gering. Ein Großteil der evangelischen Kinder besuche gemeinsam mit den Katholiken den Gottesdienst.

Angst vor Repressalien

Man arbeite da ganz pragmatisch, indem man grundsätzlich zwischen Religionslehre-Unterricht und Glaubensvollzug, wozu zum Beispiel auch beten gehört, unterscheide. Dennoch ziehe er es vor, sich am Menschen zu orientieren, anstelle eine „Erziehung im streng katholischen Sinne“ durchzuführen. Von daher könne Schug nachvollziehen, dass sich seine Kölner Kollegen nicht an den entsprechenden Erlass halten und sich für ihre pädagogische Arbeit keine Vorschriften machen lassen wollen.

Angst vor Repressalien befürchtet gar die Leiterin einer weiteren Katholischen Grundschule in Leverkusen, die von vielen Kindern moslemischen Glaubens besucht wird. Die Kinder würden zwar nicht zwischen den einzelnen Religionen unterscheiden. Ja, die meisten wüssten noch nicht einmal, welcher Religion sie überhaupt angehörten. Auch an ihrer Schule werde das von Meisner veröffentlichte Papier überaus kontrovers diskutiert. Aber eine Stellungnahme dazu wolle sie nicht abgeben, da sie sonst um ihren Job bangen müsse.

„Vielleicht handelt sich alles nur um ein Missverständnis“, kommentierte Muhamet Abazi in seiner Eigenschaft als Sprecher des Rates der Islamischen Gemeinschaften in Leverkusen und des Moschee-Vereins Mexshidiaksa die entsprechenden Veröffentlichungen. Er sei der Meinung, dass die Katholische Kirche mit der Ökumene insgesamt Probleme habe, nicht nur mit dem Islam. Wenn von multireligiösen Feiern mit Gebeten die Rede sei, müsse erst einmal geklärt werden, was ein Gebet überhaupt bedeute. Einen Gottesdienst wie bei den Katholiken kenne man im Islam ohnehin nicht, stattdessen aber gemeinsame Feiern. Mehr könne er jedoch nicht sagen, da er nicht ausreichend über das Thema informiert sei.

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