Amoklauf von MünchenWaffenhändler lagerte Pistolen in Kiste am Autobahnkreuz Köln-Ost

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Die an einem Kölner Autobahnkreuz entdeckte Waffenkiste.

  • Die Waffe für den Amokschützen von München ist nach Erkenntnissen der Ermittler nicht die einzige im Arsenal des mutmaßlichen Verkäufers aus Marburg gewesen.
  • Weitere Pistolen und Munition hat der Waffenhändler in Köln versteckt.

Köln/Frankfurt – Das unterirdische Waffenversteck war gut gewählt, so gut, dass wohl niemand jemals zufällig darauf gestoßen wäre.

Die Metallkiste mit einer Maschinenpistole, vier halbautomatischen Pistolen und Munition war in einem Waldgebiet an der Autobahn 4 vergraben, aus Olpe kommend in Höhe der Ausfahrt Holweide, kurz vor dem Kreuz Ost, mitten zwischen mehreren Autobahnspuren.

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Blick in die Metallkiste mit Schusswaffen, die an einem Kölner Autobahnkreuz sichergestellt wurde.

Den Hinweis auf das Versteck erhielt die Polizei von dem illegalen Waffenhändler, der auch den Amokschützen von München beliefert haben soll. Das berichtete die Generalstaatsanwaltschaft in Frankfurt. Der Verdächtige stammt aus dem hessischen Marburg. Dort nahm eine Spezialeinheit des Zollkriminalamts Köln, die Zentrale Unterstützungsgruppe Zoll (ZUZ), den 31-Jährigen am Dienstag fest.

Nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ soll der Waffenhändler womöglich einen Komplizen aus dem Großraum Köln gehabt haben, den die Ermittler derzeit überprüfen. Hat dieser Mann auch das Versteck an der Autobahn angelegt? Die Generalstaatsanwaltschaft wollte dazu auf Anfrage keine Stellungnahme abgeben.

Kein ausgemachter Profi

Deutlich gesprächiger gab sich die Behörde in Bezug auf die illegalen Geschäfte, die der 31-Jährige im Darknet getätigt haben soll, einem verborgenen Bereich des Internets, in dem die Nutzer verschlüsselt und anonym miteinander kommunizieren. Auf diese Weise soll auch der Münchner Amokläufer David S. (18) einen Kontakt zu dem 31-Jährigen geknüpft haben.

Vier Tage, bevor S. am 22. Juli in München neun Menschen und sich selbst erschoss, soll er dem Waffenhändler in Marburg 350 Patronen abgekauft haben. Bereits im Mai soll er eine Pistole Marke Glock 17 von dem 31-Jährigen erworben haben. Für Waffe und Munition soll David S. insgesamt 4350 Euro bezahlt haben.

Vieles deutet daraufhin, dass der Marburger kein ausgemachter Profi war. „Sein Vorgehen würde ich mal mindestens als lax bezeichnen“, sagte ein Ermittler dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Nicht nur, weil der 31-Jährige seine Geschäfte zwar im Darknet anbahnte, die Ware dann aber persönlich an die Käufer übergab. Sondern auch, weil er gegenüber zwei anderen Kunden – einem Buchhalter (62) aus dem Kreis Arnsberg und einem 17-jährigen Schüler aus Nordhessen – im Darknet mit seinem Kontakt zu dem Münchner Amokläufer geprahlt haben soll.

Zugriff in Sekundenschnelle

Im Zuge von Ermittlungen gegen den Buchhalter bekamen die Ermittler Wind davon. Sie initiierten ein Scheingeschäft mit dem 31-Jährigen, gaben vor, eine Maschinenpistole und eine Pistole samt Munition für 8000 Euro von ihm kaufen zu wollen. Er ging darauf ein. Bei der vereinbarten Übergabe auf einem Parkplatz in Marburg am Dienstag überwältigte die Spezialeinheit des Zollkriminalamts den ahnungslosen Mann.

„Der Zugriff dauerte nur wenige Sekunden“, berichtete ein Ermittler. Der 31-Jährige sei so überrascht gewesen, dass er keinerlei Widerstand geleistet habe – obwohl er zur Eigensicherung eine durchgeladene Pistole in einem Schulterholster dabei hatte. Er habe sich sofort kooperativ gezeigt und bereitwillig Auskunft gegeben, heißt es.

In der Nähe des Parkplatzes überwältigten die Zoll-Einsatzkräfte der „ZUZ“ auch die 31-jährige Lebensgefährtin des Mannes. Ob sie die Übergabe beobachten und ihren Freund vor möglichen Gefahren warnen wollte, ist unklar. Die Staatsanwaltschaft sah jedenfalls keine „konkreten Anhaltspunkte“ dafür, dass sie „unmittelbar in das Waffengeschäft eingebunden“ gewesen sei und setzte die Frau wieder auf freien Fuß. Ihr Freund wurde einem Haftrichter vorgeführt.

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