Nach Anschlag in BerlinSo sicher fühlen sich die Kölner

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Die Polizei ist mit schweren Waffen ausgerüstet

Die Polizei ist mit schweren Waffen ausgerüstet

Köln – Bereits seit dem Vormittag haben Polizeihauptkommissar Martin Frejek und seine Kollegin Maja Schinkel Position vor dem großen Markt-Tor am Dom bezogen. Eigentlich waren die beiden zum Streifendienst eingeteilt, doch nach dem Anschlag in Berlin sind sie als zusätzliche Besatzung zum Weihnachtsmarkt beordert worden. Beide tragen zusätzlich zur normalen Schutzweste eine 20 Kilo schwere, schusssichere Weste.

Frejek hat zudem gut sichtbar eine Maschinenpistole umgegürtet. Das soll vor allem den Besuchern des Marktes ein Gefühl von Sicherheit vermitteln. Sonst ist zumindest zu diesem Zeitpunkt kein weiteres Sicherheitspersonal zu sehen, es herrscht ganz offensichtlich „business as usual“: Touristen aus aller Welt, die sich Glühwein und Currywurst schmecken lassen, Kinder auf dem Karussell, Weihnachtsmusik. Nur die Grablichter unter einem der Tannenbäume, zeugen von der Betroffenheit, die der Anschlag auch in Köln ausgelöst hat.

Alles wie immer

„Die Stimmung ist eigentlich wie immer“, bestätigt Elena Niesen. Mit einem etwas unguten Gefühl sei sie am Morgen schon von zu Hause aufgebrochen, sagt die junge Frau, die den Info-Stand betreut. „Aber man kann sich ja nicht verrückt machen lassen. Ich kann auch jeden Augenblick von einem Auto überfahren werden.“ Anna Weiß vom Kerzenatelier Overath sieht es ähnlich: „Wenn wir jetzt alles schließen, haben die Terroristen ihr Ziel erreicht. Das wäre das falsche Signal.“

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Elena Niesen: „Nicht verrückt machen lassen“

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Die Meinung der Mieter der Stände sei am Morgen eindeutig gewesen, berichtet Monika Flocke, Betreiberin des Weihnachtsmarktes. „Jetzt erst recht, wir lassen uns nicht einschüchtern.“ Man hatte auch überlegt, Mitarbeitern die Möglichkeit zu geben, sich freizunehmen, „aber es sind alle zur Arbeit gekommen.“ Flocke zeigte sich nichtsdestotrotz tief betroffen. „Wir haben spätestens nach den Anschlägen in Paris mit der Bedrohung gelebt, aber jetzt ist aus einer abstrakten Gefährdung traurige Realität geworden.“

Zweifelnde Stimmen wie die von Nina S. hört man auch unter den Besuchern nur selten. Die Berlinerin ist erst vor wenigen Minuten mit ihrer fünfjährigen Tochter am Hauptbahnhof aus dem Zug gestiegen. Ihr steckt die vergangene Nacht noch in den Knochen. „Mein Mann arbeitet in einer Kanzlei ganz in der Nähe der Gedächtniskirche am Berliner Breitscheidplatz. Das war schon ein sehr unangenehmes Gefühl“, sagt sie. Ihre Verabredung mit den Schwiegereltern auf dem Weihnachtsmarkt mochte sie dennoch nicht absagen.

Mit schlechtem Gewissen Geschenke kaufen

Auch am Neumarkt drängen am Nachmittag die Menschenmassen auf den „Markt der Engel“. Wer nach dem Anschlag Angst bekommen hat, den trifft man gerade hier nicht. So wie Anita Q. aus Refrath und ihre Schwiegermutter. „Wir sind heute wirklich mit ganz schlechtem Gewissen in die Stadt gefahren“, sagt die Mutter eines acht Monate alten Babys. „Aber wir brauchen noch ein paar Geschenke.“ Auf einen der Weihnachtsmärkte in Köln wollen sie auf gar keinen Fall mehr gehen.

Trotz allem: In Köln sollen die Märkte wie geplant bis zum Ende geöffnet bleiben. Die Sicherheit sei schon im vergangenen Jahr erhöht worden und dieses Jahr erneut“, sagt Marktbetreiberin Monika Flocke. Die Zusammenarbeit mit der Polizei sei sehr gut. Eine Einschätzung, die auch Hans Flock, Betreiber des Marktes auf dem Neumarkt teilt. „Am Abend des Anschlags hat sich ein leitender Polizeibeamter bei mir gemeldet und gesagt, dass Einsatzkräfte noch in der Nacht auch auf dem Neumarkt nach dem Rechten schauen“, sagt Flock. Ein Anschlag mit einem Lkw wie in Berlin sei am Roncalliplatz ebenso wie am Neumarkt kaum möglich. „Wir sind an beiden Längsseiten durch das Gleisbett der Bahn geschützt“, sagt Flock.

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