Citroën aus Kölner Produktion gefundenAuto im Krieg in Schnapsfabrik eingemauert

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Köln – Herr Broda, Sie besitzen einen Citroën Traction Avant aus Poller Produktion. Was unterscheidet den Kölner Traction Avant von einem französischen?

Äußerlich unterscheidet er sich beim Motorhauben-Aufbau und der Art der Beleuchtung von französischen Autos dieser Zeit. Innen hat er einen sehr kleinen Motor, ein Getriebe aus deutscher Produktion und eine ganz andere Lenkung. Er hat auch lederne Sitze, die die französischen Citroën Traction Avant nicht hatten.

Wie sind Sie an das Auto gekommen?

Einer meiner Mitarbeiter wusste, dass ich mich für die Geschichte von Citroën-Automobilen interessiere. Er war Anfang der 1980er Jahre in Süddeutschland, wo er in einer Bauruine das Auto gesehen und fotografiert und auch die Besitzerin ausfindig gemacht hat. Ich bin anschließend hingefahren und habe den Wagen als kölsches Fabrikat identifiziert, zum Beispiel anhand der originalen, aus Messing geprägten Identifikationstafel im Motorraum. Ich habe den Citroën gekauft, allerdings musste ich auch andere Schrottfahrzeuge, die ebenfalls in dieser Ruine standen, dazu kaufen.

Was ist die Geschichte dieses Autos?

Der Wagen wurde 1934 in Poll gebaut, es war eines der ersten Exemplare aus Kölner Produktion. Die Familie eines Schnapsfabrikanten aus dem Badischen hatte ihn in Köln gekauft und bis 1939 gefahren. Dann wurde er zusammen mit anderen Autos in der Schnapsfabrik eingemauert, offenbar, um ihn vor dem Zugriff der Wehrmacht zu schützen. Der Besitzer wurde eingezogen und kam nie mehr aus dem Krieg zurück. Die Schnapsfabrik verfiel und wurde ein Schandfleck. Als die Witwe irgendwann die Ruine abtragen musste und dabei wegen der Autos nicht weiterkam, kam zufällig mein Mitarbeiter vorbei. Ich hatte nur ganz wenige Tage, um zuzugreifen. Sonst wäre ein Schrotthändler mit dem Kran gekommen und hätte die Fahrzeuge mitgenommen.

Was ist für Sie das Besondere an dem Auto?

Ich liebe alte Autos aus der Vorkriegszeit. Außerdem sind Köln und das Bergische Land seit mehr als 40 Jahren meine Wahlheimat. Der Wagen stammt aus Köln, kölscher geht es nicht. Er wurde zwar von Franzosen konzipiert, aber von deutschen Händen in Deutschland gebaut. Viele der Teile wurden hier in Deutschland hergestellt. Die Elektrik stammt zum Beispiel von Bosch. Das Auto kommt aus Köln, das ist das Schönste für mich daran. Außerdem war der Traction Avant technisch revolutionär. Angefangen von der selbsttragenden Karosserie über den Vorderradantrieb bis hin zu der feinen Drehstabfederung. So ein Stück automobile Geschichte zu haben macht mich glücklich.

Wie benutzen Sie den Wagen?

Überhaupt nicht. Er steht in einer weiß gekachelten Garage und wird äußerst selten herausgeholt. Er ist auch nicht restauriert, er ist genau so geblieben, wie ich ihn gefunden habe. Es liegt sogar noch ein Exemplar der unschönen Zeitung „Völkische Beobachter“ drin, es lag dort, als ich den Wagen gefunden habe. Auch das große Eichhörnchen-Nest ist noch vorhanden. Das ist wahrscheinlich der einzige originale Citroën Traction Avant aus Poller Produktion. Ich sehe keinen Grund, an dem Wagen irgendetwas zu verändern.

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