„Food Assembly“In Ehrenfeld steht Kölns erster Internet-Hofladen

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Auch ungewöhnliche Kreationen gibt es auf der Vermarktungsplattform zu entdecken.

Auch ungewöhnliche Kreationen gibt es auf der Vermarktungsplattform zu entdecken.

  • In einem Hof an der Vogelsanger Straße ist die Abholstelle von Kölns erster Food Assembly.
  • Landwirte und Erzeuger aus der Region verkaufen ihre Produkte via Internet, was die Kunden bestellt haben, steht auf dem Hofmarkt zur Abholung bereit.

Ehrenfeld – Einmal in der Woche verwandelt sich der sonst eher schmucklose Hof an der Vogelsanger Straße in eine Art Bauernmarkt. Kisten mit frischem Obst und Gemüse werden aufgestapelt, andere Händler bieten Wein, Honig oder frisches Brot an, dessen Duft bald den Hof erfüllt.

Es dauert nicht lange und es kommt Kundschaft. Die meisten sind mit dem Fahrrad da, bevorzugt mit ausladendem Gepäckträger oder mit Anhänger, denn die Lebensmittel werden buchstäblich kistenweise nach Hause transportiert.

Der Bauernmarkt des Internetzeitalters

Der Markt ist eigentlich gar kein richtiger Markt, sondern die Abholstelle von Kölns erster Food Assembly – dem Bauernmarkt des Internetzeitalters. Landwirte und Erzeuger aus der Region verkaufen ihre Produkte via Internet. Was die Kunden bestellt haben, wird einmal pro Woche zur Abholstelle gebracht. Mittwochs 17.30 bis 19 Uhr – zur Feierabendzeit also – das haben sich mittlerweile rund 70 Kölner rot im Kalender angestrichen.

Das Abholen ist alles andere als unpersönlich. Oft sind die Landwirte oder die Produzenten selbst vor Ort und man kommt schnell miteinander ins Gespräch.

„Wer die Landwirte und Erzeuger persönlich kennenlernt und weiß, wieviel Mühe und Begeisterung in den Produkten steckt, der schätzt auch das Essen auf dem Teller wieder mehr“, sagt Kundin Daniela Klütsch (36).

An jedem ersten Mittwoch im Monat ist Verkostung. Da wird der Hof, der nur einen Steinwurf vom Heliosgelände entfernt liegt, zum Gourmettreffpunkt.

Weinhändler bieten ein Gläschen Prosecco an, kleine Proben von Smoothies und mit Pesto beschmierte Brotstückchen werden gereicht, oder es darf fermentiertes Gemüse gekostet werden.

Auch wenn es auf den ersten Blick den Anschein von regem Markttreiben erweckt: Verkauft wird an der Abholstelle nichts. Die Händler und Erzeuger kommen nur mit den vorbestellten, bereits abgezählten oder in Tüten verpackten Lebensmitteln und nicht mit zusätzlicher Ware, etwa für Kurzentschlossene. Dahinter steckt auch der Gedanke, dass nichts weggeworfen werden soll.

So kam die Food-Assembly nach Köln

Seit zwei Jahren besteht das Angebot. Die Nachfrage steigt. Kunden wie Erzeuger sind mit dem Modell zufrieden. Die einen, weil sie eine bequeme Bezugsmöglichkeit für gesunde Produkte in Bio-Qualität haben, die anderen, weil sie eine Absatzmöglichkeit haben, ohne einen eigenen Hofladen betreiben zu müssen.

Katharina Schwartz hat das aus Frankreich stammende Direktvermarktungsmodell nach Köln geholt. In Deutschland gibt es 20 solcher Assemblies, im Nachbarland Frankreich dagegen bereits mehr als 700.

Die Kommunikationsdesignerin betreibt die Marktorganisation nebenberuflich. Im Hauptberuf berät sie Unternehmen in Gestaltung und Konzeption ihrer Produkte und Dienstleistungen in sozial-ökologischer Hinsicht.

„Ich bin überzeugt, dass dies eine echte Alternative zum Supermarkteinkauf ist. Hinsichtlich der Qualität und weil dadurch der Kunde direkt zum Einkommen des Produzenten beiträgt. Das ist eine nachhaltige Kaufentscheidung, zu der sich immer mehr Kölner entschließen.“

Katharina Schwartz fand auf dem Hof an der Vogelsanger Straße nicht nur ideale Bedingungen für den wöchentlichen Abholtag, sondern im Stadtteil Ehrenfeld auch schnell einen Kundenstamm. Sie ist aber sicher, dass weitere Food Assemblies in anderen Stadtteilen möglich wären. „In Sülz oder Nippes würde das auch sofort funktionieren, in der Südstadt sowieso“, sagt die 30-Jährige.

Nötig sei ein größerer Hof oder ein Raum, etwa das Foyer eines Gemeindezentrums. In den „Spielregeln“ der Food Assembly ist beschrieben, welche Voraussetzungen diejenigen erfüllen müssen, die sich am Netzwerk beteiligen. Als „Gastgeber“ kann sich jeder bewerben, der bereit und in der Lage ist, ein Netzwerk an Produzenten aufzubauen und zu betreuen. Über den Gastgeber läuft auch die Kommunikation zwischen Kunden und Erzeugern.

Das Konzept Food Assembly

Das Modell der Food Assembly (Lebensmittel-Vereinigung) kommt aus Frankreich. Dort gründeten die Unternehmer Marc David Choukroun und Guilhem Chéron 2011 die erste Vereinigung, die „La Ruche qui dit oui!“ genannt wurde. Auf Deutsch heißt das „Der Bienenstock sagt ja“.

Mit der Idee werden regionale Manufakturen und Familienbetriebe unterstützt. Die Dienstleistung trägt sich über Gebühren. Der Landwirt zahlt jeweils 8,35 Prozent seines Umsatzes an die Food Assembly und an den Gastgeber des Marktes. Die Kölner Food Assembly-Ausgabestelle befindet sich an der Vogelsanger Straße 187, im Hof des Gemeinschaftsbüros Colabor.

Die deutsche Zentrale des Direktvermarkters hat ihren Sitz in Berlin, wo es im Stadtgebiet 17 Assemblies gibt. Jede Ausgabestelle wird von einem sogenannten Gastgeber bzw. einer Gastgeberin organisiert und arbeitet unabhängig. Auch regelmäßige Verkostungen oder Fahrten für Kunden zu den Erzeugern kann ein Gastgeber organisieren. (Rös)

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