Veedelsgeschichte„Herzhäuschen“ in Bickendorf wird neu gebaut

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Das alte Herzhäuschen an der Ecke Ahorn-/Häuschensweg soll abgebrochen und durch einen Neubau ersetzt werden.

Das alte Herzhäuschen an der Ecke Ahorn-/Häuschensweg soll abgebrochen und durch einen Neubau ersetzt werden.

Bickendorf – Das Viertel verliert ein echtes Stück seiner Geschichte. Das als „Herzhäuschen“ bekannte winzige Wohnhaus an der Ecke Häuschensweg/Ahornweg soll abgebrochen werden, wie bereits die ehemaligen Gebäude der Metallwarenfabrik Groten auf dem Grundstück unmittelbar dahinter. An der Stelle der ehemaligen Arbeiterunterkunft aus dem späten 19. Jahrhundert soll eine originalgetreue Kopie gebaut werden.

Jörg Fleischer, Pressesprecher der Wohnungsgesellschaft GAG, bestätigte auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“, dass das Unternehmen den Abriss und einen, so Fleischer, „so weit wie möglich dem original nachempfundenen Wiederaufbau“ des Gebäudes plane. Es sei unwirtschaftlich, das seit mindestens 30 Jahren leerstehende marode kleine Haus stehen zu lassen und zu sanieren. Derzeit werde errechnet, was Abbruch und Neubau kosten, ehe es einen Beschluss des GAG-Vorstands dazu gebe.

Das rekonstruierte Herzhäuschen soll an exakt derselben Stelle wieder errichtet werden. Es wird Teil der neuen Bebauung auf dem ehemaligen Fabrikgelände werden. Hier ist eine Wohnanlage mit 130 Wohnungen geplant. Sie grenzt unmittelbar an die Rosenhofsiedlung an, die zwischen 1923 und 1938 erbaut wurde.

Bau beginnt bald

Die geplante Wohnanlage auf dem ehemaligen Fabrikgelände zwischen Häuschensweg und Subbelrather Straße wird viergeschossig gebaut. Zum Projekt gehören eine Tiefgarage sowie eine Kindertagesstätte. Der Baubeginn ist für Anfang 2017 geplant. (Rös)

Zwei maßgebliche Gründe

Zwei Gründe sind maßgeblich für diese ungewöhnliche Lösung. Zum einen die Geschichte des Hauses: Hier wohnte eine jüdische Familie namens Herz.

Die Mitglieder, darunter auch ein sechsjähriger Junge, wurden 1941 in Konzentrationslager deportiert und später dort ermordet. Sechs in den Gehweg vor dem Haus eingelassene sogenannte Stolpersteine erinnern an das Verbrechen aus der Nazizeit. Zum anderen die städtebauliche Situation: Das Ende des 19. Jahrhunderts erbaute Häuschen prägt das Erscheinungsbild der Straße und ist eines der ältesten Gebäude im Stadtteil.

Die Forderung nach dem Erhalt des Häuschens wurde unmittelbar nach dem Bekanntwerden des Bauvorhabens auf dem früheren Fabrikgelände laut. Die Initiative Künstler für Bickendorf stellte in Gesprächsrunden mit GAG-Vertretern ein eigenes Konzept für den Straßenabschnitt des Häuschenswegs im Umkreis des geschichtsträchtigen kleinen Hauses.

Für Stadtteilhistoriker Hans-Ulrich Voosen war der Erhalt vor allem aufgrund des Schicksals der einstigen Bewohner wichtig. „Um diese Erinnerung aufrecht zu erhalten, bedarf es mehr, als ein Kunstobjekt aus Abbruchsteinen zu errichten“, sagt Voosen, der die jetzt gefundene Lösung bedauert. „Es sollte zumindest versucht werden, möglichst viel Originalsubstanz des Bauwerks zu erhalten“, meint er und hofft, dass solche Details in weiteren Gesprächen verhandelt werden können. „Der gute Wille war bei der GAG ja durchaus vorhanden“, so Voosen.

GAG ist auf Vorschläge eingegangen

Auch Michael Schmitz von der Künstler-IG zeigt sich nicht vollends zufrieden: „Es gibt bei uns zwar viele Befürworter der Lösung, aber ich gehöre nicht dazu. Total unglücklich bin ich dennoch nicht. Aber es hätte eine bessere Lösung geben können“, sagt Michael Schmitz und betont, dass die GAG auf viele Vorschläge der Bürger insbesondere zur Gestaltung der Umgebung eingegangen sei.

Die ursprünglichen Pläne für die Wohnanlage sahen vor, das „Herzhäuschen“ ganz abzureißen und nur dessen äußere Form nachzuahmen. Diese Kopie hätte nicht nur deutlich weniger mit dem Original gemein gehabt, sie wäre auch einige Meter entfernt vom heutigen Standort erbaut worden, um die enge Einfahrt in den Ahornweg zu verbreitern.

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