FilmDer Kölner Hauptbahnhof mit preußischem Glanz und Gloria

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1894 entstand die heute noch existierende stählerne Bahnhofshalle.

1894 entstand die heute noch existierende stählerne Bahnhofshalle.

  • In dem sehenswerten Film „Geheimnis Kölner Hauptbahnhof“ gehen Drehbuchautor Rüdiger Heimlich und Regisseurin Luzia Schmid der Geschichte und Gegenwart des Bahnhofs nach.
  • Preußenkönigs Friedrich Wilhelm IV. entschied, den den Hauptbahnhof unmittelbar neben den Dom zu legen.
  • Bis heute werden auch einige ältere Bauteile des Bahnhofs genutzt.

Köln – Ohne den Eingriff des Preußenkönigs Friedrich Wilhelm IV. und seiner Nachfolger sähe die Kölner Innenstadt heute wohl ganz anders aus, als wir sie kennen. Der König legte nicht nur persönlich den Grundstein für die Vollendung des Doms, der ohne Türme in der Stadt stand, er steuerte auch Geld aus der Staatskasse dazu bei. In seine Regierungszeit fällt zudem die Entscheidung, den Hauptbahnhof und die Eisenbahnbrücke unmittelbar neben die Kathedrale zu platzieren − ein gewaltiger Eingriff in das alte Stadtbild, denn zuvor hatte hier der erste Botanische Garten gelegen.

Die enge Nachbarschaft von Dom und Bahnhof hatte ihren Reiz und bezeugte Preußens Willen zum technischen Fortschritt, brachte aber auch viele Probleme mit sich. Als „Drehkreuz des Westens“, das täglich von 250.000 Reisenden und 1300 Zügen frequentiert wird, ist der Bahnhof bis heute ein Brennpunkt städtischen Lebens. In dem sehenswerten Film „Geheimnis Kölner Hauptbahnhof“ gehen Drehbuchautor Rüdiger Heimlich und Regisseurin Luzia Schmid der Geschichte und Gegenwart des Bahnhofs nach.

Die Eingangshalle wurde nach dem Zweiten Weltkrieg abgerissen.

Die Eingangshalle wurde nach dem Zweiten Weltkrieg abgerissen.

Einzigartiger Blick auf den Dom

Der erste „Kölner Centralpersonen-Bahnhof“ entstand 1859 noch in privater Initiative zweier Eisenbahn-Gesellschaften. Zeitgleich mit dem Bahnhof wurde die erste feste Brücke über den Rhein seit der Römerzeit gebaut. Wegen ihrer markanten Eisenkonstruktion wurde sie von den Kölnern „Muusfall“ genannt. Die Brücke wurde − wie es hieß, auf Wunsch des Königs − direkt auf die Kathedrale ausgerichtet. Bis heute ist der Blick aus der langsam rollenden Bahn auf das gewaltige Steingebirge des Doms einzigartig auf der Welt.

Von dem klassizistischen Bau existieren nur noch Bilder, denn schon 1894 entstand − nun als repräsentativer preußischer Staatsbau − ein neuer Bahnhof, dessen riesige eiserne Hallenkonstruktion zu den größten ihrer Zeit gehörte und bis in die Gegenwart das Bild des Bahnhofs prägt. Pomp und Pathos prägten insbesondere den zweistöckigen Wartesaal im Inneren. Zwischen 1907 und 1911 wurde dann auch die „Muusfall“ durch die Hohenzollernbrücke ersetzt.

Vergeblich klagte der Politiker August Reichensperger, der Dom werde durch den ebenso riesigen wie prunkvollen Bahnhof zu einem „Wartesaal erster Klasse“ degradiert. So schlimm wurde es nicht, aber vor allem die Rauchwolken der Dampflokomotiven − im Film eindrucksvoll gezeigt − und die ständigen Erschütterungen durch die Bahn haben dem Stein der Kathedrale zugesetzt.

Verlegung zum heutigen Mediapark

Der preußische König Friedrich Wilhelm IV.

Der preußische König Friedrich Wilhelm IV.

Auch aus diesem Grund wollte nach dem Krieg der von den Briten eingesetzte Bürgermeister Hermann Pünder den Bahnhof vom Dom auf das Gelände des heutigen Mediaparks verlegen. Der Plan scheiterte an Geld- und Zeitmangel, der alte Bahnhof wurde behelfsmäßig restauriert und wieder in Betrieb genommen. Als man in den 50er Jahren wieder etwas mehr Geld hatte, wurde die Eingangshalle kurzerhand durch einen Neubau ersetzt. „Man hätte den Bahnhof damals nicht abreißen müssen“, sagt der ehemalige Stadtkonservator Ulrich Krings, „aber damals hat man eben Bauten aus dieser Epoche nicht geschätzt. Man glaubte mit dem Abriss dieser Zeitzeugen eine gewisse moralische Entsorgung zu erreichen.“

Allerdings hatte auch der Neubau durchaus Stil. Schlicht und elegant zugleich, wurde er als zeitgemäß empfunden, und das Restaurant in den „Bahnhofsterrassen“ im ersten Stock der Halle wurde ein beliebter Treffpunkt der Kölner. Nur für die S-Bahn wurde der Bahnhof seitdem noch einmal um zwei Gleise erweitert. Zwei weitere Gleise, wie sie sich die Bahn an der Nordseite des Bahnhofs wünscht, konnten auf dem knappen Raum bisher nicht verwirklicht werden. 1990 entstanden die neuen Bahnsteigdächer, die sich dem Stil der Haupthalle anpassen. Eine große Veränderung brachte im Jahr 2000 die weitgehende Privatisierung des Bahnhofs. Ein Einkaufszentrum mit 60 Geschäften macht ihn nun zu einem Wirtschaftsunternehmen, wie im Film beklagt wird.

Suppe auf Gleis 1

Heimlich, der auch Redakteur des „Kölner Stadt-Anzeiger“ ist, und Schmid erzählen vor dem Hintergrund der Bahnhofshistorie auch viele andere Geschichten, die im Bahnhof spielen. Die der Bahnhofsbuchhandlung Ludwig ist nur eine davon. Gerhard Ludwig gründete in den 50er Jahren nicht nur die erste Taschenbuchhandlung Deutschlands, sondern schaffte mit seinen „Kölner Mittwochsgesprächen“ auch ein Forum für engagierte Debatten um die Zukunft der Gesellschaft.

Legendär waren die Bahnhofsmission und ihre Mitarbeiterinnen in ihren blauen Kitteln mit der weißen Schürze darüber. Sie nahmen sich sämtlicher Menschen an, die als Reisende im Schienennetz oder auch im sozialen Netz verloren gegangen waren. Auf Gleis 1 gab es Suppe und Aufmerksamkeit für jedermann. Sogar ein Mord wurde den Frauen einmal gestanden, weil sie besonderes Vertrauen genossen.

Der privat finanzierte Vorgängerbau, der noch zu Lebzeiten des preußischen Königs Friedrich Wilhelm IV. entstand, existierte nur 30 Jahre, bis er ersetzt wurde.

Der privat finanzierte Vorgängerbau, der noch zu Lebzeiten des preußischen Königs Friedrich Wilhelm IV. entstand, existierte nur 30 Jahre, bis er ersetzt wurde.

Bis heute werden auch einige ältere Bauteile des Bahnhofs genutzt. In den unterirdischen Gewölben liegen tausende Kilometer Leitungen, durch den alten Posttunnel werden die Speisewagen versorgt, und auch die Gepäckschließanlage mit 1000 Fächern auf drei Ebenen befindet sich im Untergrund.

Besonderen Ruhm erlangte der „Alte Wartesaal“. Von Alfred Biolek und Paolo Campi ins Leben gerufen, gehörte er über Jahrzehnte zu den angesagtesten Szenetreffs. Auch die Kabarett-Sendung „Mitternachtsspitzen“ wurde hier aufgezeichnet. Damals lernte man die Reste der Preußen-Ära wieder zu schätzen. Und wenn die Fernsehleute gegangen waren, hieß es: Abtanzen vor der Kulisse von Preußens Glanz und Gloria.

Die Wiederholung „Geheimnis Kölner Hauptbahnhof“ von Luzia Schmid und Rüdiger Heimlich wird im WDR Fernsehen am Freitag, 8. April, um 20.15 Uhr gezeigt.

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