Gewalt, Hass-Mails, VandalismusErdogan-Gegner in Köln und der Region werden bedroht

Lesezeit 2 Minuten
AFP_DG5TX

Der türkische Präsident Recep Tayip Erdogan

Köln – Hass-Mails, Boykottaufrufe, tätliche Angriffe: Erdogan-Gegner fühlen sich längst nicht mehr nur in der Türkei, sondern auch hier bedroht. Gegen das Kölner Dialog-Gymnasium, das von einem Gülen-nahen Verein getragen und überwiegend von türkeistämmigen Schülern besucht wird, laufe derzeit eine massive Hetzkampagne in den sozialen Medien, sagt dessen Geschäftsführer Genc Osman Esen. „Es wird damit gedroht, unsere Schule in Grund und Boden zu stampfen.“ Die Absender schrecken auch nicht vor drastischen Formulierungen zurück: In einer WhatsApp-Nachricht, die den 37-Jährigen erreichte und die dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ vorliegt, heißt es über die Anhänger der Gülen-Bewegung: „Wenn ich diese minderwertigen Geschöpfe nicht in meiner Spucke ertränke, soll meine Muttermilch zu Gift werden.“ Viele hätten Angst, sagt Esen. Eine am vergangenen Sonntag angekündigte Demo vor der Schule im Kölner Stadtteil Buchheim konnte nur mit massivem Polizeiaufgebot verhindert werden.

Boykott-Aufrufe gegen Geschäfte

Im Netz kursiert auch ein Boykott-Aufruf gegen Restaurants und Lebensmittelläden. Eine Liste führt sechs Kölner Geschäftsleute auf, die als Gülen-Anhänger bezeichnet werden. Die Betroffenen haben einen Anwalt eingeschaltet. Auch in anderen Städten in NRW wurden Anhänger der Gülen-Bewegung bedroht. In Solingen wurde ein Geschäftsmann in einem Gemüseladen von einem anderen Türken geschlagen und verletzt. In Wuppertal wurde eine private Schule, die von einem Bildungswerk der Gülen-Bewegung finanziert wird, mit Eiern beworfen, und in Remscheid haben Unbekannte ein Möbelhaus mit Erdogan-Parolen beschmiert. Zudem ermittelt die Polizei in Remscheid gegen eine Person, die über Facebook zu Gewalt gegen Gülen-Sympathisanten aufgerufen hat. Er forderte dazu auf, Anhängern des Predigers in den Kopf zu schießen.

Erhöhte Aufmerksamkeit

Die Polizei in Köln beobachtet die Szene nach eigenen Angaben derzeit mit erhöhter Aufmerksamkeit. Bereits am 16. Juli, dem Tag des Putschversuchs, waren während einer spontanen Kundgebung vor dem Dom AKP-Anhänger und Kurden aneinandergeraten. Eine für diesen Sonntag angekündigte Groß-Demonstration mit Zehntausenden Teilnehmern sei zwar kurzfristig wieder abgesagt worden „Wir rechnen aber damit, dass die Kundgebung am Wochenende darauf stattfinden wird“, so ein Polizeisprecher. Angesichts der Ereignisse denken viele Türken, die seit Jahren in Deutschland leben, darüber nach, die deutsche Staatsbürgerschaft zu beantragen. „Allein in meiner engsten Familie tragen sich drei Leute mit diesem Gedanken“, so Esen. Auch der 37-Jährige, der bereits im Alter von drei Jahren nach Köln kam und hier studiert hat, will diesen Schritt nun gehen.

Das könnte Sie auch interessieren:

KStA abonnieren