„Kaltpresse“ in der Kölner SüdstadtEin Saftladen im besten Sinne

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Nora Boeckler und Ronald Tenholte experimentieren mit saisonalen Produkten.

Nora Boeckler und Ronald Tenholte experimentieren mit saisonalen Produkten.

Südstadt – Es ist an der Zeit, ein Schimpfwort zu rehabilitieren und den Saftladen von seinem negativen Image zu befreien. Wer zu Nora Boeckler und Ronald Tenholte in die „Kaltpresse“ kommt, dürfte ohnehin nicht nur in puncto Saft eine Geschmacksüberraschung erleben, sondern möglicherweise auch nie mehr zu den fertigen Smoothies im Kühlregal des Lebensmittelhändlers greifen wollen. Mit ihren besonderen Rezepten schaffen es die beiden, sogar Kinder für Säfte zu begeistern, die Rote Beete und rohen Spinat enthalten.

Angefangen hat alles damit, dass Tenholte sich zu seinem Dreißigsten von seinen Eltern einen „Slowjuicer“ gewünscht hat; ein Gerät also, das im Gegensatz zu den handelsüblichen Entsaftern nicht mit enormer Zentrifugalkraft arbeitet, sondern dank seiner geringen Umdrehungszahl sämtliches Obst und Gemüse so langsam presst, dass es zu keiner Erwärmung kommt. Dank dieser Kaltpressung, die man hauptsächlich von Olivenöl kennt, werden Früchte nicht aufgeheizt und verlieren somit auch keine Vitalstoffe und oxidieren nicht so schnell. Solch einen Saft hatte Tenholte zuvor im Bekanntenkreis mal probieren können und war total begeistert.

Rote Beete kurbelt den Kreislauf an

Der für einen 30-Jährigen etwas ungewöhnliche Geburtstagswunsch hat seine Eltern zwar etwas irritiert. Doch als er versicherte, dass er genau das wollte, bekam er sozusagen die Basis für sein heutiges Geschäft, und seine Freundin Nora bekam kaum noch Infekte. „Ich war bis dato immer krank. Mehrfach im Jahr Stirnhöhlenvereiterungen, oft Probleme mit dem Mandeln. Das ist alles vorbei“, erklärt die 35-jährige Schauspielerin, die ihren Freund daraufhin umso mehr bestärkte, seinen Traum von einem eigenen Laden zu verwirklichen. „Er hat mich motiviert, mein erstes Soloprogramm auf die Bühne zu bringen, und ich ihn, ein Geschäft zu eröffnen.“

Das passierte im vorigen Dezember. Bis dahin hat der 31-Jährige, der zuvor im Projekt- und Eventmanagement gearbeitet hatte, reichlich Rezepte ausprobiert. Die ersten Versuche landeten teilweise im Abfluss. „Wir waren anfangs aber auch übermütig und haben 100 Gramm Spinat mit 20 Gramm Apfel zusammengebracht. Das schmeckt natürlich nicht.“

Inzwischen hat das Paar tolle Kreationen ausgetüftelt wie zum Beispiel den Smoothie namens „Lerche“, der neben selbst gemachter Mandelmilch, Avocado und Banane auch geröstetes Müsli aus der eigenen Herstellung enthält. Bei fast allen Drinks haben Tenholte und Boeckler sich am Nährstoffgehalt der Zutaten orientiert und daran, was einzelne Früchte oder Gemüse dem Körper Gutes tun können. Rote Beete zum Beispiel kurbelt den Kreislauf an – genauso wie die peruanische Andenwurzel Maca und Zimt. „Zimt ist eines der unterschätzten Gewürze überhaupt“, betont Boeckler, die selber auf Ingwer-Shots schwört, ein hochkonzentriertes Ingwersaft-Zitronen-Gemisch.

Erst Frikadellenbröchten, dann Saft

Ihre Kunden – bisher noch überwiegend Leute aus der Südstadt – seien durchaus nicht alle gesundheitsbewusst. „Wir haben einen Handwerker, der holt sich immer erst in der Metzgerei sein Frikadellen- oder Fleischkäsebrötchen und kommt dann damit zu uns.“ Ein anderer Stammkunde sei Kettenraucher und trinke die Säfte „nur, weil die so lecker sind“.

Da sie selber keine Espressomaschine haben – „Cafés gibt es im Umkreis ja genug“ – bieten Boeckler und Tenholte lediglich zwei Smoothie-Variationen mit kalt gebrühtem Kaffee an. Außerdem backen sie Kleinigkeiten wie Bananenbrot. Mit fortschreitendem Sommer ändern sich auch die Saft-Angebote. Da kommen dann noch wesentlich mehr Beeren oder Melone ins Spiel.

Kaltpresse

Merowinger Straße 23, 50677 Köln, ☎ 0221/99309868

Öffnungszeiten: Montags bis freitags von 8-16, samstags von 10-15 Uhr.

www.kaltpresse.de

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