Bastian Bielendorfer„Die Kölner interessiert nicht, ob du ein Promi bist“

Lesezeit 7 Minuten
Mit Mops Otto ist Bielendorfer viel im Friedenspark unterwegs.

Mit Mops Otto ist Bielendorfer viel im Friedenspark unterwegs.

Südstadt – Seine Teilnahme bei „Wer wird Millionär?“ machte Comedian und Autor Bastian Bielendorfer 2010 fast über Nacht deutschlandweit bekannt. Denn vor Günter Jauch klagte er über sein Leben als Kind zweier Lehrer.

Der Pieper Verlag wurde aufmerksam und kurze Zeit später erschien sein Buch „Lehrerkind – lebenslänglich Pausenhof“. Von Gelsenkirchen über Osnabrück kam er schließlich in die Kölner Südstadt, wo er seit zwei Jahren mit Ehefrau und Mops Otto lebt.

Wir trafen den Westfalen auf zwei kalte Kölsch in der Kneipe Backes.

Bielendorfer live

Am 28. Oktober erzählt Bastian Bielendorfer im Bahnhof Club Ehrenfeld in seinem Live-Programm „Das Leben ist kein Pausenhof“ wieder aus seinem Leben als Lehrerkind. Tickets kosten 15,50 Euro (zzgl. VVK).

www.ksta.de/tickets

Herr Bielendorfer, warum sind Sie ausgerechnet in Köln gelandet?

Bastian Bielendorfer: Meine Frau und ich sind Großstadtkinder. Außerdem ist es für mich als Comedian sinnvoll, in Köln zu leben.

Und dann haben meine Großeltern einen erheblichen Teil zu der Wahl meines Wohnorts beigetragen. Die haben nämlich in Leverkusen-Schlebusch gewohnt und sind immer mit mir nach Köln gefahren.

Als ich klein war, wollte ich also Chemiker werden, bei Bayer arbeiten wie mein Großvater und dann auch nach Schlebusch ziehen. Leider hab ich Chemie nie verstanden, und auch Leverkusen war als Erwachsener dann nicht mehr ganz so sexy. Die Stadt daneben mit dem Dom macht da schon deutlich mehr her.

Ist die Südstadt besonders sexy?

Bielendorfer: Ich liebe Köln und ich liebe die Südstadt. Man sagt ja, Köln ist die verbauteste Stadt überhaupt und das stimmt auch irgendwie – man muss die schönen Stellen suchen. Sexy ist also ein eher eigenartiger Begriff für eine verbaute, alte Grand Dame wie Köln.

Aber ich lebe einfach gerne hier. Ich finde die Mentalität der Menschen super und ich mag dieses Veedelsgefühl. Jede Ecke hat eine Identität. So wie die Südstadt, die sehr künstlerisch und kreativ geprägt ist. Aus vielen Fenstern dringt Musik auf die Straße, überall gibt’s Theater und Comedyclubs.

Nichts an ihr auszusetzen?

Bielendorfer: Manchmal würde ich mir wünschen, dass der Rhein mehr genutzt wird. Wir haben einen der größten Flüsse, der mitten durch die Stadt geht – und die Rheinpromenade weiß das nicht zu nutzen. Wenig Geschäfte, ein paar Restaurants, dabei wäre so viel Potenzial, um den Rhein für alle Kölner zum Ausflugsziel zu machen.

Ich mag, dass Köln so traditionell ist, die alten Häuser, die man überall sehen kann. Solche riesigen Neubauten wie der Rheinauhafen sollten die Ausnahme bleiben, da fehlt mir die Infrastruktur, das Veedelgefühl.

Wo arbeiten Sie oder verbringen Ihre Zeit am liebsten?

Ich wohne ja nicht nur mit meiner Frau, sondern auch mit meinem Mops Otto in der Südstadt. Und da Otto immer noch nicht bereit ist, unser Klo zu benutzen, machen wir meist den Friedenspark und den forstbotanischen Garten unsicher.

Für meine Arbeit sitze ich gerne unter Menschen. Ich schreibe Nummern für meine Comedyprogramme häufig in Cafés – und davon gibt es in der Südstadt ja echt mehr als genug.

Die Kölner lieben ihre Stadt. Mit welchen Augen sieht man Köln, wenn man zugezogen ist?

Ich finde, dass man den Kölnern ihre Liebe zu ihrer Stadt glaubt, keiner tut so, als wäre Köln baulich die schönste Stadt der Welt, es ist das „Jeföhl“, dass die Stadt mit sich bringt.

Außerdem kann man hier auch als Person der Öffentlichkeit komplett in Ruhe leben, die Leute interessiert es kein bisschen, ob du jetzt ein Promi bist oder nicht. Köln ist eine Weltstadt, in der man leben und lieben kann, wie und wen man will – es juckt niemanden.

Ich finde schön, dass es hier keine Grenzen für die persönliche Freiheit gibt. Ich habe ein paar Mal den Christopher-Street-Day miterlebt und fand die Stimmung super. Alle können sich geben, wie sie sind, und jeder, von der alten Oma bis zum Geschäftsmann, akzeptiert das und feiert mit.

Auch das erste Mal den Kölner Karneval zu sehen, war eine Erfahrung, aber so richtig jeck werde ich wohl nicht mehr.

Also werden wir Sie nicht mit der Pappnase sehen?

Naja, ich finde die Idee, dass das eine uralte Tradition ist und dass die Stadt dann zwei Wochen im kompletten Ausnahmezustand ist, sehr sympathisch.

Selbst die Kassiererinnen in meinem Supermarkt sitzen dann als Pocahontas an der Kasse. Das ist schon sehr schräg, wenn man selbst nicht mit dem Karneval aufgewachsen ist. Schade finde ich dagegen, dass manche den Karneval nur nutzen, um sich richtig volllaufen zu lassen.

Schlebusch ist es nicht geworden – und auch nicht der Beruf als Chemiker: Ihr erster Studien-Anlauf war ein Lehramtsstudium. Und das, obwohl Sie in Ihren Büchern Ihr Leid über das Leben als Lehrerkind klagen. Sind Sie also ein Masochist?

Nein, ich habe durch das Studium noch viel mehr Respekt vor dem Job des Lehrers bekommen. Soweit weg vom Beruf des Komikers ist er ja auch nicht, nur dass Lehrer oft vor einem Publikum stehen, das pennt und keinen Bock hat.

Lehrer zu werden, war eine naheliegende Konsequenz aus meiner Erziehung und meinen Erfahrungen als Jugendlicher. In meiner Familie sind ausnahmslos alle Lehrer. Meine Mutter war meine Lehrerin an meiner Grundschule, mein Vater war mein Lehrer auf dem Gymnasium und mein Onkel war der Direktor. Ich weiß, was Schmerzen sind!

Sie sind Borussia-Dortmund-Fan, darf ich das laut sagen?

Ich bin Pseudo-Fußballfan. Ich bin in Schalke geboren, konnte mit Fußball aber leider nie etwas anfangen. Ich habe meine Frau vor zwölf Jahren in Dortmund kennengelernt und als ich das erste Mal bei ihren Eltern zu Besuch war, saß ihr Vater vor dem Fernseher im Sessel, mit BVB-Wimpel über sich und schwarzgelbem Schal um den Hals.

Er schaute mich nur ernst an und fragte negativ erwartungsvoll „Schalke?“. Ich brüllte sofort als Antwort „Boooorrruuuussssiiia!“. An dem Tag habe ich meine Leidenschaft für Fußball entdeckt. Für meine Frau. Und wegen des lebenslangen Hausverbots, das sonst gedroht hätte.

Viele Prominente haben viel Energie für den Weg auf die Bühne investiert und versuchen dann, wenn sie bekannt sind, alles von sich fern zu halten und sich vor den Fans zu verstecken. Widersprüchlich oder?

Auf die Bühne zu gehen, ist irgendwie immer ein narzisstischer Impuls. Aber ich finde auch, wenn man das Rampenlicht sucht, muss man damit leben, dass man nicht nur noch Privatperson ist.

Es ist wunderbar, dass so viele Leute zu meinen Shows kommen. Da muss ich mich schon manchmal kneifen, weil es sich fast surreal anfühlt. Und klar bin ich nach meinen Shows auch immer für Fotos da, weil ich die Nähe zu den Leuten mag.

Ich kenne aber auch Künstler, die jeglichen Kontakt zu ihrem Publikum meiden und ich denke mir, das ist doch wie Bühnenangst. Es geht gehört einfach zu meinen Job, auch in skurrilen Situationen ansprechbar und nett zu sein.

Geht das denn immer?

Ich glaube, es gibt über jede öffentliche Person eine schlechte Geschichte. Das Ganze lässt sich aber auch schwer steuern. Auch ich erlebe extreme Situationen, habe schlechte Tage oder erleide Verluste. Natürlich möchte ich in diesen Momenten vorrangig privat sein.

Nun bin ich auch nicht Robbie Williams und kann schon noch ziemlich unerkannt über die Straße laufen. Und wenn ich in diesen Situationen dann doch erkannt und angesprochen werde, weiß ich, dass der Gegenüber ja meistens nur ein Foto will.

Bielendorfer live in Ehrenfeld

Am 28. Oktober erzählt Bastian Bielendorfer im Bahnhof Club Ehrenfeld in seinem Live-Programm „Das Leben ist kein Pausenhof“ wieder aus seinem Leben als Lehrerkind. Tickets kosten 15,50 Euro (zzgl. VVK).

www.ksta.de/tickets

KStA abonnieren