Stimmen gehörtFrührentner wollte Kölner Obdachlose töten – nun ist er ohne Strafe wieder frei

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Der Angeklagte mit Verteidiger Sven Nelke im Prozess um einen Schießkugelschreiber in Köln

Der Angeklagte mit Verteidiger Sven Nelke im Prozess um einen Schießkugelschreiber in Köln

Wirbel gab es um den Prozess, weil ein Polizist eine Waffe im Gerichtssaal abgefeuert hatte.

Mit einem Schießkugelschreiber in der Tasche war ein verheirateter Frührentner aus seinem zu Hause in Erftstadt zum Kölner Hauptbahnhof aufgebrochen, um Obdachlose zu attackieren. Stimmen hätten ihm befohlen, diese zu „erlösen“, also zu töten. Zwei Menschen wurden dabei verletzt. Das Landgericht verzichtete nun auf eine Unterbringung des Mannes in der Psychiatrie.

Köln: Beschuldigter wurde aus der Psychiatrie entlassen

Ein psychiatrischer Gutachter hatte im Prozess festgestellt, dass es sich bei dem 61-jährigen Beschuldigten um einen geistig gesunden Menschen handele, der „imperative Stimmen“ gehört habe. Dies sei ein Sonderfall, es gebe keine greifbare Erklärung dafür. Die Wirkung sei offenbar nicht anhaltend, denn gleich nach der Tat vergangen Oktober seien diese Stimmen verstummt.

Nach einem achtmonatigen und unauffälligen Klinikaufenthalt, der vom Gericht zunächst angeordnet worden war, wurde der Erftstädter vor wenigen Tagen in die Freiheit entlassen. Eine Wiederholungsgefahr sah der Richter auch deshalb als gering an, da der Mann sozial gut eingebunden und die frühere Problematik nun bekannt sei, auch der Ehefrau des Täters.

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Köln: Obdachlose am Hauptbahnhof im Gesicht und an der Hand verletzt

Mögliche Alarmzeichen könnten daher in Zukunft frühzeitig erkannt werden. Der 61-Jährige versicherte auch selbst, sich frühzeitig um Hilfe zu bemühen, sollte er wieder Stimmen hören. „Mich werden Sie hier nicht mehr sehen“, sagte der Mann im sogenannten letzten Wort. Das Geschehene täte ihm außerordentlich leid, „und ich bin froh, dass da nicht mehr passiert ist“.

Ein solcher Schießkugelschreiber war im aktuellen Fall vor dem Landgericht Köln die Tatwaffe.

Ein solcher Schießkugelschreiber war im aktuellen Fall vor dem Landgericht Köln die Tatwaffe.

Die geschädigten Obdachlosen konnten beim Prozess nicht als Zeugen gehört werden, da sie für das Gericht nicht greifbar waren. Bei den Schüssen mit der Waffe hatten diese blutige Verletzungen erlitten, die im Krankenhaus behandelt wurden. Einer der Männer wurde im Bereich des Jochbeins getroffen, der andere an der Hand, die im Schlaf am Kopf angelegen hatte.

Kölner Landgericht: Schießkugelschreiber im Gerichtssaal abgefeuert

Der Schießkugelschreiber gilt als verbotene Waffe, abgefeuert wurde Munition vom Kaliber 22. „Wir konnten uns auch akustisch ein Bild von dessen Wirkungsweise machen“, sagte Richter Harald Helmes zur offensichtlichen Gefährlichkeit der Waffe. Damit sprach er einen Vorgang an, der im Landgericht für Wirbel gesorgt hat. Denn ein Polizist hatte die Waffe im Saal demonstriert.

Ein lauter Knall war im Gericht zu hören, als der Beamte die Waffe mit Platzpatronen abgefeuert hatte – auf Weisung des Richters. Der Vorgang wurde vom Landgericht untersucht. Zum Ausgang der Prüfung wollte ein Behördensprecher auf Anfrage keine Auskunft geben. Es seien aber grundsätzlich alle Maßnahmen getroffen worden, dass sich ein solcher Vorfall nicht wiederhole.

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