Corona-Krise in KölnSo teilt die Maskenpflicht beim Einkaufen die Gesellschaft

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So mancher hält die Maske in der Hand, hat sie unters Kinn geklemmt oder holt sie erst beim Betreten eines Ladens hervor.

  • Seit diesem Montag müssen Kunden und Verkäufer in Köln Masken tragen.
  • Zudem durften erstmals große Warenhäuser wie Karstadt und Kaufhof öffnen – allerdings mit stark reduzierter Fläche.
  • Wir haben uns die Situation in der Innenstadt angeschaut. Wie ist es, nur noch mit Augenkontakt einzukaufen?

Köln – Die erste Schlange des Tages hat sich vor dem Nähfachgeschäft „Stoff und Stil“ in der Nähe der Breite Straße gebildet. Spätestens jetzt, wo die Maskenpflicht beim Einkaufen und in Bussen und Bahnen gilt, muss Stoffnachschub her. Selber Masken zu nähen, das hat sich in den vergangenen Wochen bei vielen zur Passion entwickelt.

Doch beim Gang durch die Innenstadt zeigt sich eine geteilte Gesellschaft: Ein großer Teil der Einkäufer trägt die schnöden, zartblauen Einmal-Masken. Und das auch überwiegend nur, wenn es wirklich nötig ist. Bilder wie aus asiatischen Städten, wo die Mund-Nase-Bedeckungen grundsätzlich beim Gang außer Haus getragen werden – davon sind wir noch weit entfernt. So mancher hält die Maske in der Hand, hat sie unters Kinn geklemmt oder holt sie erst beim Betreten eines Ladens hervor.

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Doreen von der Beeck macht mit Masken Mode.

Aber es gibt auch diejenigen, die sie stolz tragen und aus der Pflicht eine Tugend machen. Doreen von der Beeck hat ihr blaues, zart gemustertes Modell ihrem Outfit angepasst. „Das ist doch irgendwie das neue It-Teil“, lacht sie. Sie und ihre Freundinnen nähen leidenschaftlich gern, jede hat nun einen großen Vorrat und auch „sämtliche Verwandten“ versorgt. Zumal die selbstgenähten Masken jeden Tag gewaschen werden müssen.

Dreijährige trägt freiwillig Mundschutz

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Lennje ist drei und hat sich das Eiskönigin-Motiv gewünscht.

Die kleine Lennje ist stolz auf ihre Maske mit dem Eiskönigin-Motiv. Sie ist erst drei, muss also noch gar keine tragen – die Pflicht gilt erst ab einem Alter von sechs Jahren. „Aber sie wollte unbedingt eine haben wie der Rest der Familie und hat sich das Motiv gewünscht“, sagt ihr Vater. Eine Nachbarin hat dann für die Eltern und die zwei Töchter genäht.

Ivo Koskialowsky trägt eine blaugemusterte Maske. „Von einer Freundin genäht, die hatte so Langeweile.“ Allerdings werde der Nachschub immer schwieriger. Gummibänder und auch Pfeifenreiniger für die Nasenhalterung seien kaum noch zu kriegen.

Verständnis für die Maskenpflicht haben alle

Verständnis für die Maskenpflicht haben alle – auch wenn die Dinger erst mal vor allem ungewohnt und unbequem sind. Ingeborg Plenker knotet sich ein Tuch vor Nase und Mund, weil sie mit Mundschutz noch nicht zurecht kommt. „Ich trage Hörgerät und Brille, da sind die Ohren schon besetzt.“ Für eine Übergangszeit ist die Tuch-Schal-Lösung zulässig.

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Für alle, die gänzlich unvorbereitet losgegangen sind, bieten einige Geschäfte für Kunden gleich am Eingang Einmalmasken an, etwa ein großer Drogeriemarkt auf der Breite Straße. Auf der Hohe Straße hat ein Geschäftsmann einen kleinen Stand mit Einmalmasken aufgestellt. Neun Stück für zehn Euro – in diesen Tagen kann man das nicht Wucher nennen.

Die Maskenpflicht scheint der Einkaufslust keinen Abbruch zu tun. Am Montag durften auch große Geschäfte wieder öffnen, wenn sie ihre Verkaufsfläche auf 800 Quadratmeter reduzierten. Das Karstadt-Haus an der Breite Straße hatte erstmals einen Teil seines Erdgeschosses aufgemacht, einige Bereiche waren mit Flatterband abgesperrt. Am Eingang Zeppelinstraße wurde eigens ein Service- und Bestellstand eingerichtet, wo auch Online-Bestellungen abgeholt werden können. Die große H&M-Filiale an der Hohe Straße machte ebenfalls nur das Erdgeschoss auf. Die Kunden erhielten sofort beim Eintritt eine Handdesinfizierung.

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Bei der H&M-Filiale gibt es gleich am Eingang eine Handdesinfektion.

Galeria Kaufhof öffnet Erdgeschoss

Auch Galeria Kaufhof öffnete das Erdgeschoss. „Wir haben einiges aus den Sortimenten Damenoberbekleidung und Sport aus anderen Stockwerken ins Erdgeschoss geholt. Ansonsten stehen Mitarbeiter bereit, die den Kunden auf Wunsch Ware aus anderen Abteilungen holen“, sagt Mitarbeiterin Berit Erzen, die die Kunden freundlich in die richtige Laufrichtung lotst.

Mit den Masken – so scheint es – fühlen sich die Menschen wieder etwas sicherer. Und manchmal gerät da wohl auch der Sicherheitsabstand wieder etwas in Vergessenheit. Probleme gebe es aber bisher nicht, so sagen die Geschäftsleute überwiegend.

Spuckwände zwischen Verkäufer und Kunden

„Es ist fast wie in normalen Zeiten“, sagt Rainer Berghoff, Inhaber von Juwelier Berghoff auf der Schildergasse. Wie seine Nachbarn hat er zwar die Öffnungszeiten um eine Stunde auf 10 bis 18 Uhr reduziert, aber ansonsten ist er zufrieden mit dem Zustrom. Berghoff trägt eine selbstgenähte Maske. An den Verkaufstischen sind Spuckwände zwischen Verkäufer und Kunden angebracht worden.

Auf der Hohe Straße hat in reduzierter Form auch der Mediamarkt wie fast alle Geschäfte auf der Einkaufsmeile wieder auf – die Kundenfrequenz ist augenscheinlich gut. Eine kleine Schlange gibt es aber nur vor der Filiale der Luxus-Marke Louis Vuitton. Das ist aber auch in Nicht-Corona-Zeiten oft so – weil Kunden stets nur hineindürfen, wenn ein Verkäufer frei ist. Diesmal eben mit Mundschutz.

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