UnternehmerJunger Kölner gründet Luxusuhren-Portal Chronext

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Philipp Man, Jungunternehmer

Philipp Man, Jungunternehmer

Köln – Cola light aus der Glasflasche. Für Philipp Man schmeckt der Wachmacher daraus serviert irgendwie besser. Schon früh morgens war er in Berlin; erster Termin um 7.30 Uhr, bereits im Taxi das erste Telefonat. „Ein normaler bis hektischer Tag“, sagt er. Da tut so eine Cola gut; gerade, wenn sie aus der Retro-Flasche kommt. „Die gibt es bei uns nämlich eigentlich nur für Besucher“, lacht der gebürtige Kölner.

Für den 25-Jährigen rennt die Zeit, seitdem er im März 2013 gemeinsam mit dem aus der Nähe von Nürnberg stammenden Ludwig Wurlitzer das Luxusuhren-Portal „Chronext“ gründete, das auch ein Büro in Köln, in der Ehrenfelder Lichtstraße, hat. Die Idee, die sie in der kleinen Küche ihrer Londoner WG während des Management-Studiums am renommierten King’s College entwickelten, klingt so einfach, wie ambitioniert: Ein Luxusuhren-Portal schaffen, das nicht nur Käufer und Verkäufer zusammenbringt, sondern einen Rundum-Service für den Luxusuhr-Interessierten bietet, den es nirgends günstiger gibt.

Geprüft, gewartet und repariert

Und so wird jede Uhr, die bei „Chronext“ den Besitzer wechselt, von den elf Uhrmachermeistern in ihre bis zu 280 Teile zerlegt. Das heißt: Auf Echtheit geprüft, gewartet und repariert. Für den Käufer gibt es 24 Monate Garantie und ein Zertifikat dazu. „Wir wollen die Plattform sein, die dem Kunden alles bietet, ihn aber nicht überfrachtet“, sagt Man, der schon während seines Studiums über die Marktdynamiken von Luxusuhren forschte.

Momentan bietet das Portal etwa 21000 Uhren an: Modelle von Breitling, Rolex, Omega, Tag Heuer oder anderen namhaften Uhrenmanufakturen. Größtenteils Neuware, aber auch teure Sammlerstücke – so genannte Vintage-Uhren – die älter als 20 Jahre sind, etwa von Patek Philippe.

Auch Philipp Man, weißes Hemd, volles, dunkles Haar, schwarze Sneaker, trägt an diesem Nachmittag am rechten Handgelenk einen Zeitmesser der Genfer Nobelmanufaktur, als er seine Geschichte erzählt. Modell Nautilus. Schlicht, silber, schick, teuer. Geboren ist der Sohn einer russischen Einwandererfamilie im Weyertal. Innerhalb der Stadtgrenzen; ein echter Kölscher Jung also. Schon mit 17 versucht er, eine eigene T-Shirt-Marke zu etablieren, „das mit den Uhren war aber besser“, lacht Man.

Faible für mechanische Uhren

Das Unternehmer-Gen hatte er schon immer in sich. Während seines International Baccalaureate Diploma, dem internationalen Abitur, das er gemeinsam mit Wurlitzer am Rande von London machte, jobbt Man in einem Uhrenhandel, um sich Geld dazuzuverdienen. „Ich habe ein Faible für mechanische Uhren“, sagt er. In seinem Shop kann man bereits ab 800 Euro eine bekommen. Der durchschnittliche „Chronext“-Kunde ist über 40, männlich und gibt zwischen 4000 und 6000 Euro für eine Uhr aus. Die Teuerste ging bislang für 540000 Euro über den Tisch. 75 Prozent der Uhren sind Herrenmodelle, weil auch Frauen – Bankerinnen etwa, die sich anzugartig kleiden – mehr und mehr statt damenhafter Schmuckuhren lieber Modelle wie den Flieger-Chronographen von Breitling tragen.

Man ist an diesem Nachmittag weniger gestresst als üblich. Er arbeitet meistens von sieben Uhr morgens bis nachts um zwei. „Ich habe schon einen anderen Rhythmus als die meisten hier“, sagt Man. Er ist ein Reisender, pendelt ständig zwischen Köln, dem schweizerischen Zug, wo das Unternehmen seinen Hauptsitz hat, seine Eltern leben und er eine Wohnung hat, und London, wo „Chronext“ im November 2015 das erste Ladenlokal eröffnete. Und „Chronext“ will noch öfter offline unterwegs sein. Das schaffe Vertrauen und gewinne Kunden. Nächstes Jahr soll der Umsatz die 100-Millionen-Marke übertreffen, die nächsten Läden eröffnet werden, in New York etwa. Auch der Online-Markt soll in neue Sphären stoßen: „Irgendwann einmal werden es mit Sicherheit auch 100000 Uhren sein“, sagt Man.

„Wir waren auf schnelles Wachstum aus“

Das alles so schnell geht, kommt für die beiden Unternehmer nicht überraschend. „Wir waren schon auf schnelles Wachstum aus. Und ich bin davon überzeugt bin, dass es auch organisch funktioniert“, sagt Wurlitzer. Er ist Vertrauter und Gegenpart des wuseligen, extrovertierten Man. Wurlitzer ist das Gehirn von „Chronext“, das im digitalen Maschinenraum schaut, ob alles in seinen Bahnen bleibt.

Auch, wenn einem beim Wachstum schon mal schwindelig werden kann. Im Frühjahr 2016 hatte „Chronext“ noch 60 Mitarbeiter, jetzt sind es mehr als 130 in neun Abteilungen. Man führt durch das Kölner Büro, 1600 Quadratmeter groß. Hohe Decken, diverse Konferenzräume, Letztere benannt nach teuren Uhren, einer auch in Gedenken an einen ehemaligen Praktikanten und Freund der Gründer, der verstorben ist. Nebenan ein Fitnessstudio, eine offene Küche, in der konferiert wie gekickert werden kann. In einem anderen Raum können Mitarbeiter auf Massage-Sesseln ein Nickerchen machen. „Es ist ein Geben und Nehmen“, sagt Man. Wenn es brennt, bleibt jeder länger.

Er fordert viel, auch von sich selbst. Dass dann mit „Forbes“ auch eines der renommiertesten Wirtschaftsmagazine der Welt an einen denkt, und ihn zu einem der „30 Innovativsten unter 30“ kürt, sei natürlich „schmeichelhaft“, spiegele aber letztendlich nur Anerkennung für die Firma wider und sei nichts, wovon man sich blenden lassen sollte. Seine Ziele seien klar, sagt Man. Er will mit „Chronext“ weiter wachsen; in die ganze Welt. Am liebsten schnell. Am Ende aber hat auch der Tag von Philipp Man nur 24 Stunden – ganz gleich, welche Uhr er trägt.

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