Landtagswahl und Social MediaKölner FDP macht Wahlkampf per Livestream

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Kandidatinnen Yvonne Gebauer (l.) und Katja Hoyer mit Moderator Daniel Goihl im „digitalen Wahlstand“

Kandidatinnen Yvonne Gebauer (l.) und Katja Hoyer mit Moderator Daniel Goihl im „digitalen Wahlstand“

Köln – Ein Besprechungsraum in einer Anwaltskanzlei dient als Studio, die Kameraarbeit wird von einem iPhone erledigt. „Digitaler Wahlstand“, so nennt die FDP ihre Live-Übertragungen im Internet, mit denen die örtlichen Landtagskandidaten bei Facebook und anderen Plattformen um Stimmen werben. An diesem Abend werden sich Parteichefin Yvonne Gebauer (50), die im Kölner Norden antritt, und Katja Hoyer (56), Bewerberin für Lindenthal, eine gute halbe Stunde lang den Fragen der Netzgemeinde stellen.

Kurze Vorbesprechung mit den Moderatoren, zwei jungen Parteimitgliedern aus der Youtuber-Szene. Die technischen Regeln für den Live-Stream sind auf einer Tafel zu lesen: Handy im Flugmodus, Klingelton aus, nicht mehr als drei Geräte im WLAN. Das Passwort, das zu verbreiten dem Besuch aus guten Gründen untersagt wird, verrät einiges über die Hoffnungen der Liberalen für den 14. Mai. Es hat, die Andeutung sei an dieser Stelle erlaubt, irgendetwas mit elf Prozent zu tun.

Erste Frage an die FDP-Kandidatinnen nach dem Tag der Arbeit

19.45 Uhr, über Facebook geht die erste Zuschauerfrage ein: „Was bedeutet der Tag der Arbeit für Euch?“ Yvonne Gebauer denkt nicht lange nach: „Ausschlafen“, sagt sie. Nach drei Tagen Bundesparteitag habe sie die Gunst der Stunde genutzt und am Maifeiertag dann etwas länger geschlafen. Und Katja Hoyer? „Ich war auch nicht auf der DGB-Kundgebung. Ich finde, das ist zwar ein wichtiger Tag, aber kein Pflichttermin für eine FDP-Politikerin.“

Die nächste Frage richtet sich an die Bildungsexpertin Gebauer. Was will die FDP an den Schulen ändern? Es gebe drei große Baustellen, antwortet die Landtagsabgeordnete. Die Inklusion, der gemeinsame Unterricht von Kindern mit und ohne Behinderung, werde derzeit keinem Schüler gerecht; das wolle sie korrigieren. Ebenso müsse die Integration verbessert werden. 

Ausländische Kinder und Jugendliche müssten als erstes die deutsche Sprache erlernen, um für die Regelschule fit zu sein. Außerdem, und das sei „das Zukunftsthema überhaupt“, müsse die Digitalisierung vorangetrieben werden. Nur so würden Schüler angemessen auf die Berufswelt vorbereitet.

Zielgruppe des Livestreams sind die 18- bis 44-Jährigen

Es folgen ein Dutzend Fragen zu allen möglichen Themen. Die Nutzer des Streaming-Angebots, im Kern die Altersgruppe der 18- bis 44-Jährigen, erfahren zum Beispiel, dass die FDP die Frauenquote ablehnt, dass sie die Homo-Ehe befürwortet, dass sie die Legalisierung von Cannabis sowie Studiengebühren für sinnvoll hält – und zur Verbesserung der Infrastruktur private Investoren am Straßenbau beteiligen will.

Nein, das sei hier keine abgesprochene Werbeveranstaltung, versichern die Kandidatinnen im Anschluss an die Sendung. Die Fragen würden spontan formuliert und beantwortet. Es stellt sich heraus, dass die Netzgemeinde, die der Runde von Anfang bis Ende durchgängig zuschaute, aus gerade einmal 20 Menschen bestand. In Teilen wurde die Übertragung 452 Mal aufgerufen.

„Am Wahlkampfstand auf der Straße diskutiere ich in einer halben Stunde mit maximal zwei Leuten“, sagt Hoyer. Die Erfahrung der zurückliegenden Wochen habe gezeigt, dass die selbst produzierten Beiträge in den sozialen Netzwerken fleißig geteilt und von mehr als 4000 Wählern wahrgenommen werden.

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