Widdersdorfer äußern KritikGemeinde will 70 Wohnungen und eine Kita errichten

Lesezeit 4 Minuten
Wilfried Klein (l.) und seine Nachbarn sorgen sich über die Folgen der Bebauung auf dem Acker.

Wilfried Klein (l.) und seine Nachbarn sorgen sich über die Folgen der Bebauung auf dem Acker.

Köln-Widdersdorf – An der Adresse „Unter Gottes Gnaden 80“ geht der Blick weit über den Acker. Doch bald ist es mit der paradiesischen Aussicht vorbei. Die katholische Kirchengemeinde St. Jakobus, der die Brache gehört, möchte dort Wohngebäude errichten.

Sie hat dazu dem Investor Evohaus für ein Bauvorhaben ein Erbbaurecht übertragen. 70 Eigentumswohnungen und eine Kindertagesstätte sollen in sieben Gebäuden entstehen, die unterschiedlich hoch sein werden.

3900 Euro pro Quadratmeter plus Erbpachtzins

An der Seite des Grundstücks, die an die Straße Zum Dammfelde grenzt, sind laut Investor Bauten mit vier bis fünf Stockwerken geplant. In anderen Bereichen wird es eine zweigeschossige Bebauung mit Dachgeschoss oder einem Staffelgeschoss geben. Unter dem Neubau soll eine Tiefgarage mit 80 Stellplätzen entstehen. Wenn die Gebäude fertig sind, werden sie für etwa 3900 Euro pro Quadratmeter verkauft. Dazu kommt ein monatlicher Erbpachtzins, der von der Größe der Wohnung abhängt.

„Bei einer 75-Quadratmeterwohnung wird er 163 Euro im Monat betragen“, sagt Heinz Hanen, Geschäftsführer von Evohaus. Die Wohngebäude werden zudem mit Solarzellen ausgestattet. Fossile Brennstoffe sollen nicht zum Heizen verwendet werden. Die Gebäude sollen somit klimafreundlich, die Nebenkosten gering sein. Auch sollen zehn bis zwölf Wohneinheiten als geförderter Wohnungsbau entstehen und vermietet werden. Gerade wird im sogenannten beschleunigten Verfahren ein neuer Bebauungsplan für das Areal aufgestellt. Der bisherige Plan aus den 80er-Jahren sah eigentlich nur einen Bebauung mit Einfamilienhäusern vor.

Größter Kritikpunkt ist die Dichte der Bebauung

Auch deswegen stößt das Vorhaben auf Widerstand in der Bevölkerung. Anwohner haben 172 Unterschriften gesammelt, die sich gegen das Projekt aussprechen und schriftlich Widerspruch beim Stadtplanungsamt eingereicht.

Kernpunkt der Kritik ist die Dichte der Bebauung. „Die vorgesehenen Gebäudehöhen und Geschosszahlen sind nicht an die bestehende Wohnbebauung angepasst“, rügt Anwohner Wilfried Klein. Schließlich handele es sich dabei vorwiegend um Einfamilienhäuser. Die Solarzellen auf den Dächern der geplanten Häuser würden nur Sinn machen, wenn man sie senkrecht stelle, was die Gebäude noch einmal um 1,50 Meter höher mache. Sonst würden sie nicht effektiv arbeiten können.

Hochwassergefahr würde sich durch Tiefgarage verschärfen

Zudem sei durch die vielen neuen Bewohner und den Bring- und Abholverkehr der Kindertagesstätte mit einem Verkehrsproblem zu rechnen. Es sei unklar, wie der zusätzliche Verkehr durch die schon heute stark belasteten Straßen geleitet werden solle. Besorgt sind die Bürger vor allem wegen der geplanten Tiefgarage. „Sie wird unter dem ganzen Areal gebaut. Dadurch wird ein Hektar Grund und Boden komplett versiegelt“, sagt Wilfried Klein.

„Das Gebiet hier am Randkanal ist sowieso bereits hochwassergefährdet.“ Regenwasser würde bereits jetzt unzureichend ablaufen. Durch die Tiefgarage könne das Wasser nicht mehr in den Grund versickern. Wegen der zahlreichen Probleme, die sie sehen, bereitet den Anwohnern auch die zügige Planung große Sorge. „40 Jahre lang hat die Fläche brach gelegen“, so Klein. „Und nun soll plötzlich im beschleunigten Verfahren geplant werden. Wir haben Sorge, dass die Umweltverträglichkeit des Vorhabens nicht richtig geprüft wird.“ Die Gemeinde verfolge mit der dichten Bebauung einzig finanzielle Interessen.

Kirchenvorstand verteidigt sich gegen Vorwürfe

Der Kirchenvorstand bestreitet das. „Wir möchten einfach einen Beitrag zur Linderung der Wohnungsnot in Köln leisten“, sagt Michael Steeb, stellvertretender Vorsitzender. Natürlich erwirtschafte die Gemeinde dadurch auch Einnahmen. Aber das stünde nicht im Vordergrund.

Die Solarzellen sollen in einer Wellenform auf den Gebäudedächern angebracht werden.

Die Solarzellen sollen in einer Wellenform auf den Gebäudedächern angebracht werden.

Auch der Investor Evohaus kann die Kritik der Nachbarn an den Plänen nicht nachvollziehen. Die Dichte der Bebauung bewege sich innerhalb des rechtlichen Rahmens. Die Solarzellen würden flach wellenförmig auf dem Dach platziert. Die Spitze der Paneele liege bei rund 28 Zentimeter über dem Flachdachbelag.

Auch die Gefahr einer Überschwemmung, weil Regenwasser auf dem Areal nicht mehr versickern kann, sieht Heinz Hanen von Evohaus nicht. „Über der Tiefgarage wird eine 70 bis 80 Zentimeter dicke Erdschicht gelegt“, sagt Hanen. „Davon wird das Wasser aufgenommen und verdunsten.“

Anrecht auf Straßennutzung

Das Argument, das Bauvorhaben dürfe nicht zugelassen werden, weil die Verkehrswege dann überlastet seien, lässt Hanen ebenfalls nicht gelten. „Die Grundstückseigentümerin, die Kirchengemeinde, hat sich an den Erschließungskosten des Grundstücks beteiligt wie alle anderen Anlieger auch. Sie hat ein Anrecht darauf, dass die Erwerber ihrer Wohnungen die Straßen nutzen, wie alle anderen Anwohner auch.“

Anne-Luise Müller, Leiterin des Stadtplanungsamts, versteht beide Seiten. „Ich kann nachvollziehen, dass es nicht schön ist, wenn man lange eine grüne Wiese vor der Tür hatte und die jetzt bebaut wird.“ Aber ein Bebauungsplan sei nicht in Stein gemeißelt.

Anforderungen an Wohnungsbau hätten sich verändert

„Auch wenn der Plan in den 80er-Jahren auf dem Areal eine Bebauung mit Einfamilienhäusern vorgesehen hat, kann man ihn ändern, wenn man dort heute eine andere Art der Bebauung bevorzugt.“ In den vergangenen 40 Jahren hätten sich die Anforderungen an Wohnungsbau geändert. Es gebe keine Garantie, dass ein Bebauungsplan so bleibt, wie er einst festgesetzt wurde.

Und wenn ein solcher Plan geändert werde, geschehe das gewöhnlich im beschleunigten Verfahren. „Gleichwohl gilt natürlich das Gebot der Rücksichtnahme“, so Müller. „Deswegen wägen wir ja auch im Änderungsverfahren alle Interessen gegeneinander ab, und der Rat entscheidet dann.“ Im beschleunigten Verfahren würde zwar auf eine förmliche Umweltverträglichkeitsprüfung verzichtet. „Aber wir müssen die Umweltbelange auf jeden Fall beachten“, sagt Müller. Alle Aspekte werden geprüft und gutachterlich belegt.“

KStA abonnieren