Bergisch-Gladbacher-StraßeDeutsche Umwelthilfe verklagt die Stadt Köln

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In Holweide quälen sich täglich mehr als 30.000 Fahrzeuge über die Bergisch Gladbacher Straße.

In Holweide quälen sich täglich mehr als 30.000 Fahrzeuge über die Bergisch Gladbacher Straße.

  • Zehn Prozent der Fahrzeuge auf der Straße sind Lastwagen.
  • Die Lebenszeit der Anwohner sinkt durch die Belastung durchschnittlich um zwei Jahre.

Dellbrück/Holweide – Lärm und Schadstoffe entlang vieler Kölner Einfallstraßen können die Stadt bald teuer zu stehen kommen. Unter anderem, weil Grenzwerte bei Stickstoffdioxid am Clevischen Ring in Mülheim dauerhaft und deutlich überschritten werden, hat die EU-Kommission kürzlich ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland angestrengt. Jetzt hat auch die Deutsche Umwelthilfe NRW geklagt, weil Köln die Grenzwerte für Stickoxide nicht einhält, obwohl die Stadt seit 2010 dazu verpflichtet ist. Das ist in der EU-Luftqualitätsrichtlinie aus dem Jahr 2008 so festgelegt. Hauptursache der hohen Belastung ist der Lkw-Verkehr – besonders seit die Leverkusener Brücke für diese gesperrt wurde.

Doch bald könnte auch die Bergisch Gladbacher Straße zum Sündenfall werden, denn dort hat das Landesamt für Umwelt und Verbraucherschutz (Lanuv) auf Höhe der Hausnummer 600 seit Anfang 2015 ebenfalls die Menge an Stickstoffdioxid gemessen. Die Ergebnisse werden nach Aussage von Tanja Albrecht aus dem NRW-Umweltministerium bis Ende Mai veröffentlicht.

30.000 Fahrzeuge täglich im Jahr 2011

Das Dellbrücker SPD-Ratsmitglied Horst Noack ist überzeugt, dass auch hier die Grenzwerte überschritten werden: „Das Verkehrsaufkommen ist teilweise noch höher als am Clevischen Ring, und die Straße ist enger bebaut.“

Grundlage für seine Berechnung waren Verkehrszahlen der Stadt von 2011, denen zufolge in Dellbrück pro Tag mehr als 20.000 Fahrzeuge, in Holweide sogar mehr als 30.000 auf der Bergisch Gladbacher Straße verkehren. Mindestens zehn Prozent dieser Fahrzeuge seien Lkw mit Dieselantrieb – im Straßenverkehr die Hauptverursacher von Stickoxiden. Vor einem Jahr habe die Stadt zudem gegenüber der Bezirksvertretung Mülheim bestätigt, dass auch die Lärmbelastung durch den Verkehr hier erheblich sei. „All das hat für die Anlieger gesundheitliche Folgen. Eine solche Belastung verkürzt die Lebenszeit im Schnitt um zwei Jahre“, sagt Noack. Für die Stadt seien die Folgen ebenfalls fatal: „Hat die Klage der Umwelthilfe Erfolg, kommt auf Köln eine Strafzahlung von mindestens 13.000 Euro pro Tag zu, denn das Land reicht die Strafe natürlich weiter.“

Luftreinhalteplan wird nur unzureichend umgesetzt

In Holweide quälen sich täglich mehr als 30.000 Fahrzeuge über die Bergisch Gladbacher Straße.

In Holweide quälen sich täglich mehr als 30.000 Fahrzeuge über die Bergisch Gladbacher Straße.

Das Thema beschäftigt die Bezirksvertretung Mülheim bereits seit Jahren. SPD und Grüne hatten schon vor einem Jahr gefordert, endlich etwas gegen diese Belastung zu unternehmen: „Wir sind doch verpflichtet, unsere Bürger vor Gefahren zu schützen“, erklärt SPD-Bezirksvertreter Hans Stengle. Damals seien Kreisel, Tempo 30 und Umweltampeln vorgeschlagen worden. Stengle bemängelt, dass die Stadt zwar seit 2012 einen Luftreinhalteplan habe, diesen aber nur unzureichend umsetze: „Viele Maßnahmen entfalten kaum Wirkung, andere wie mehr Fahrverbote kommen nicht.“ Er und Noack schlagen vor, als erste Maßnahme möglichst rasch ein Umwelt-Ampelsystem an der Straße zu installieren. Damit würden nur so viele Fahrzeuge durchgelassen, dass Schadstoffgrenzen möglichst nicht überschritten würden. Stengle: „Langfristig brauchen wir aber ein umfassendes Verkehrskonzept.“ Auch brauche Bergisch Gladbach endlich einen eigenen Autobahnschluss, damit der Lkw-Verkehr der dortigen Betriebe nicht durch Dellbrück und Holweide rollt.

Nicht nur die Politik, sondern auch die Bürgervereine beider Stadtteile sind seit Jahren – bisher getrennt – in diesem Sinne aktiv gewesen. Jetzt haben sie allerdings ein gemeinsames Papier vorgelegt. Darin fordern sie unter anderem mehrere Kreisverkehre statt Ampeln, grüne Welle bei Tempo 30, Umweltampeln oder den Rückbau der zweispurigen Abschnitte der Bergisch Gladbacher Straße. „Wir hatten immer unterschiedliche Standpunkte, doch jetzt gehen wir zusammen“, sagt Günter Kühler, Vorsitzender der Bürgervereinigung Holweide. Der Vorsitzende des Dellbrücker Bürgervereins, Engelbert Hock, kündigt an, dass der Forderungskatalog in Abstimmung mit dem Förderkreis rechtsrheinisches Köln an Politik und Verwaltung übergeben werde.

Klage der Deutschen Umwelthilfe

Ute Bellahn, in der Bezirksregierung Köln für Emissionsschutz zuständig, muss sich mit der Klage der Deutschen Umwelthilfe auseinandersetzen. „Das ist eine schwierige Kiste“, gibt sie zu. Hessen wurde beispielsweise schon erfolgreich verklagt, weil Darmstadt die Grenzwerte nicht einhielt. Sie bestätigt, dass vieles in der Hoheit der Kommune liege. Sie bescheinigt Köln, ernsthafte Anstrengungen zu unternehmen, wie beispielsweise die Einrichtung der Umweltzone und das Lkw-Führungskonzept. „Die Stadt darf aber kein generelles Einfahrverbot für Dieselfahrzeuge verhängen“, sagt sie.

Die Messstellen am Clevischen Ring

In Holweide quälen sich täglich mehr als 30.000 Fahrzeuge über die Bergisch Gladbacher Straße.

In Holweide quälen sich täglich mehr als 30.000 Fahrzeuge über die Bergisch Gladbacher Straße.

Das Verkehrsaufkommen auf der Straße im Zentrum Mülheims ist mit etwa 20.000 Fahrzeugen pro Tag dem auf der Bergisch Gladbacher Straße vergleichbar.

Eine Messstation des Landesumweltamts misst dort Stickoxide und Feinstaub. So wird bei Stickstoffdioxid ein jährliches Mittel von 61 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft gemessen. Der Grenzwert liegt bei 40. Ein Grund dafür ist der starke Lkw-Verkehr – auch aufgrund der Sperrung der Leverkusener Brücke.

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