Interview mit Kölns dienstältestem Bezirksbürgermeister„Ich wollte nie Berufspolitiker sein“

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Der Mülheimer Bezirksbürgermeister Norbert Fuchs.

Der Mülheimer Bezirksbürgermeister Norbert Fuchs.

Norbert Fuchs kann 2024 auf 40 Jahre in der Bezirksvertretung Mülheim und 35 Jahre davon als Bezirksbürgermeister zurückblicken.

Mit einem festlichen Empfang und einem Eintrag ins Goldene Buch Kölns ehrte Oberbürgermeisterin Henriette Reker im November 2023 Mülheims Bezirksbürgermeister Norbert Fuchs (SPD) zu dessen 75. Geburtstag. Er ist mit 35 Jahren der am längsten ununterbrochen amtierende Bezirksbürgermeister Kölns.

Herr Fuchs, das neue Jahr ist für Sie ein ganz besonderes: Sie sind 40 Jahre Mitglied der Bezirksvertretung Mülheim und davon 35 Jahre zuerst als Bezirksvorsteher und nun als Bezirksbürgermeister im Amt. Was motiviert Sie, dieses Ehrenamt zu stemmen?

Norbert Fuchs: Ich wollte immer dort wirken, wo ich aufgewachsen bin und wo ich lebe. Meine Kindheit verbrachte ich in Buchforst. Hier ging ich auch zur Grundschule. Später besuchte ich die Realschule Lassallestraße und das Herder-Gymnasium in Buchheim. Mein Bestreben war immer, mein Umfeld zu gestalten, Einfluss zu nehmen, wo und wie lebe und wo mich viele Menschen kennen. So bin ich viel zu Fuß im Stadtbezirk unterwegs, wo ich mit den Leuten spreche und deren Probleme erfahre.

Drei Gäste sitzen an einem Tisch.

Oberbürgermeisterin Henriette Reker (r) begrüßte neben Ellen und Norbert Fuchs viele Ehrengäste zum 75. Geburtstag des Bezirksbürgermeisters.

Bezirksbürgermeister in Köln zu sein, ist ein Ehrenamt. Haben Sie schon einmal daran gedacht, als Profi in die Politik einzusteigen?

Meine Partei, die SPD, hat mir zwar mehrmals vorgeschlagen, mich für ein Mandat auf höherer Ebene aufzustellen. Doch das habe ich immer abgelehnt. Ich wollte nie Berufspolitiker sein. Da habe ich bis zum Renteneintritt lieber einen Beruf ausgeübt, den ich liebe. Ich war in leitender Position im Vertrieb eines Pharmaunternehmens unterwegs.

Was sehen Sie als bedeutendste Ergebnisse Ihrer langen Tätigkeit im Stadtbezirk?

Hier ist zunächst der gelungene Strukturwandel nach dem Wegbrechen vieler Industrieansiedlungen in den 1960/70-er Jahren zu erwähnen. So wurde die Industriebrache auf dem Böcking-Gelände zu einem attraktiven Wohngebiet. Und was Bauherren heute in Erstaunen versetzen würde: Der unterirdische Bau der Mülheimer U-Bahn von der Mülheimer Brücke bis zum Herler Ring dauerte nur 56 Monate. Gleichzeitig fand der Umbau des Wiener Platzes mit dem Neubau des Bezirksrathauses und der Galerie Wiener Platz statt. Das Strukturförderprogramm Mülheim 2020, die Entwicklung des Carlswerks und die Bebauung des ehemaligen Güterbahnhofs an der Schanzenstraße, die Ansiedlung des Kölner Schauspiels und die Birlikte-Veranstaltungen zum Gedenken an den Nagelbombenanschlag in der Keupstraße gehören auch zu solchen Erfolgen. Was mir Sorgen macht ist, dass die städtebauliche Entwicklung der Industriebrachen im Mülheimer Süden derzeit leider zum Stillstand gekommen ist.

Was bewegt aus Ihrer Sicht die Menschen in Mülheim am meisten und wie wollen Sie damit umgehen?

Das sind der Wiener Platz und Verkehrsprobleme im Stadtbezirk. Den Wiener Platz wieder attraktiver zu machen, ist jetzt Aufgabe des Zentrums für Kriminalprävention und Sicherheit. Für die Verkehrsproblematik sehe ich unter den jetzigen Rahmenbedingungen wenig Perspektiven: Immer mehr Parkplätze fallen weg, der ÖPNV ist überfordert und Quartiersgaragen werden keine geschaffen und die Belange der Fußgänger werden kaum berücksichtigt. Eine Verkehrswende kann es nur im Miteinander und nicht im gegenseitigen Ausspielen der verschiedenen Verkehrsteilnehmer geben. Ein weiteres drückendes Problem ist mangelnder bezahlbarer Wohnraum. Hier muss endlich der Stillstand im Mülheimer Süden, wo etwa 4000 Wohnungen entstehen könnten, aufgelöst werden. Auch die anderen brach liegenden Wohnungsbauprojekte wie in Stammheim und Höhenhaus müssen wieder angegangen werden.


Zur Person

Norbert Fuchs wurde in Opperzau (Sieg) geboren, wuchs in Buchforst auf und lebt in Mülheim. Er trat 1981 der SPD bei und wurde 1984 erstmals in die Bezirksvertretung gewählt. Seit 1989 bekleidet er das Amt des Bezirksbürgermeisters von Mülheim.

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