FührungenNachts unterwegs auf dem Kölner Melaten-Friedhof

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Der Sensenmann vom Melatenfriedhof wirkt bei Dunkelheit besonders beeindruckend.

Der Sensenmann vom Melatenfriedhof wirkt bei Dunkelheit besonders beeindruckend.

Köln – Auge in Auge mit dem Sensenmann – eine nächtliche Führung über Melaten ist ein besonderes Erlebnis. Im flackernden Licht der Pechfackeln wirken die Grabsteine und Skulpturen auf Kölns bekanntestem Friedhof besonders plastisch.

Die Dunkelheit rings um die kleine Gruppe der rund 20 Teilnehmer des Fackelspaziergangs schirmt gegenüber der lebendigen Stadt ab. Man wähnt sich in einer anderen Welt. Und dann sucht Kunsthistoriker und Stadtführer Günter Leitner auch noch solch schaurige Grabstätten auf, wie etwa die eines Kaufmanns aus dem 18 Jahrhundert.

Auf seinem Grab steht eine überlebensgroße Statue des Sensenmannes. Gefertigt aus weißem Stein hält die Totenkopffigur sogar eine schwarze Sense in Händen.

Ein Gang durch die Stadtgeschichte

„Eine Wanderung über den Friedhof ist wie ein Gang durch die Stadtgeschichte“, sagt Leitner. Besucht werden etwa der ehemalige Karnevalsprinz aus dem Jahre 1957, Willy Herold, der als Inhaber eines Floristikbetriebs der „Blumenprinz“ war, die Bankiersfamilie Deichmann und das Grab des erst im März verstorbenen Präsidenten von Fortuna Köln, Klaus Ulonska.

Zu jeder Grabstätte weiß Leitner Histörchen und Anekdoten zu erzählen. So gehört etwa auch das Grab des ehemaligen Oberbürgermeisters Norbert Burger zu der Tour. Das liegt direkt neben der alten Trauerhalle, die seit längerem geschlossen ist. „Burger hat zu seinen Lebzeiten vorgeschlagen aus der Trauerhalle ein kleines Café zu machen und so den Friedhof etwas zu beleben“, so der Stadtführer. Organisiert werden die Führungen vom Fachverband der Kölner Friedhofsgärtner.

„Wir haben in Köln 55 Friedhöfe und mit den Spaziergängen wollen wir die Leute für diese Orte begeistern“, sagt Lutz Pakendorf von der Friedhofsgärtner-Genossenschaft. Stadtführer Günter Leitner ist schon jetzt begeistert von den Ruhestätten der Toten. Ständig sucht er sich neue Routen durch die Gräberfelder aus und auch einen einzigen Lieblingsort kann er nicht benennen. „Das ist jede Woche ein anderer.“

Diese Begeisterung überträgt sich auch auf die Besucher. So ist etwa Josef Schlösser schon zum wiederholten mal dabei: „Es ist einfach wunderschön und man erfährt Dinge die man von einem Friedhof so nicht erwartet.“ Etwa über den kürzlich verstorbenen Erfinders Hans Karl Stock, der eine Technik zur Laserbehandlung von Fehlsichtigkeit mitentwickelt hat. Auf seinem Grab ist eine geschwungene Skulptur, die den Aufbau des menschlichen Auges darstellen soll.

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