Verkehr in KölnBahn nimmt neues S-Bahn-Werk in Nippes in Betrieb

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Aufgebockt: In dieser Höhe können die Mitarbeiter die Radsätze bequem per Ultraschall untersuchen.

Aufgebockt: In dieser Höhe können die Mitarbeiter die Radsätze bequem per Ultraschall untersuchen.

Nippes – Eine Million Pendler sind jede Woche im Kölner S-Bahnnetz unterwegs. Was sie erwarten, weiß Hans-Jürgen Strauch sehr genau. Pünktlich, sauber und sicher sollen die Züge sein. Für die Pünktlichkeit kann der Chef des neuen S-Bahnwerks auf dem Damm zwischen Longericher Straße und Etzelstraße nur bedingt sorgen, aber die ist bei der S-Bahn das geringste Problem. „Wir kümmern uns um möglichst sichere, saubere und funktionsfähige Fahrzeuge.“

24 Millionen Euro hat die Bahn in das neue Wartungs- und Reinigungswerk investiert, das seit ein paar Wochen voll in Betrieb ist. In drei Schichten kümmern sich 135 Mitarbeiter um die 65 Elektro-Triebzüge der Baureihe 425, die im Regionalnetz rund um Köln unterwegs sind. Dazu wird ein enormer Aufwand betrieben. Jeder Zug muss alle 11 000 Kilometer zur Inspektion, bei einer Laufleistung von 270 000 Kilometern pro Jahr ist das etwa alle zehn Tage der Fall. „Je nach Intervall dauert die Wartung zwischen zweieinhalb und acht Stunden“, sagt Strauch. Dabei ist das Prinzip recht einfach: Tagsüber werden zwei Züge zu größeren Inspektionen ins Werk geholt, nachts wird an vier S-Bahnen gleichzeitig im Rahmen einer Nachschau gearbeitet.

System der kurzen Wege

Um die Fahrzeuge möglichst schnell wieder auf die Schiene zu bekommen, ist ein Großteil der Investitionssumme in eine ausgeklügelte Werkstatteinrichtung geflossen. Besonders beeindruckend: In der Wartungshalle sind acht mobile Wagenheber installiert, die einen kompletten Zug mit einem Gewicht von 105 Tonnen anheben und in eine komfortable Arbeitshöhe bringen. „Das ist vor allem für die Ultraschall-Untersuchung der Radsätze und Radwellen erforderlich. Die steht zwar nur alle 500.000 Kilometer an, ist aber sehr aufwendig. Wir fahren mit Sonden in die Radwelle hinein und prüfen, ob sich Risse gebildet haben. Pro Radsatz dauert das im Schnitt mindestens eine Stunde.“ An vier Zügen kann gleichzeitig auf jeweils vier Ebenen gearbeitet werden. Das soll die Werkstatt-Aufenthalte deutlich verkürzen.

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Überzeugt ist Werkleiter Strauch auch von dem Lagersystem, das Computer gesteuert jedes gewünschte Ersatzteil bereitstellt, „und zwar immer erst dann, wenn es benötigt wird“. Bei 1300 Teilen schien der Bahn dieses System besonders effizient zu sein. Und in der Tat sieht das neue S-Bahnwerk so gar nicht nach Werkstatt aus – sondern eher nach einer Bahn-Klinik. „Wir haben uns gegen ein Zentrallager entschieden und bevorzugen das System der kurzen Wege.“

Rund 220 Millionen Euro wird die Bahn in ein neues Instandhaltungswerk für ICE-Züge in Nippes investieren. Es soll 2017 in Betrieb gehen. Die neue Anlage wird die erste in Deutschland sein, in der die 400 Meter langen Hochgeschwindigkeitszüge der neuen Baureihe ICx gewartet werden können. Zwischen sieben und 13 ICE sollen pro Nacht auf vier Gleisen in Nippes den Inspektionen unterzogen werden. Möglich sind bis zu 20 Züge. Noch wartet die Deutsche Bahn auf den Planfeststellungsbeschluss. (pb)

Das alles bekommt der Pendler nicht mit, wenn er morgens in seinen Zug steigt. Ist die S-Bahn verdreckt, sieht das schon ganz anders aus. Mit der neuen Waschanlage will die Bahn erreichen, was ihr Auftraggeber, der Nahverkehr Rheinland, schon lange fordert: saubere Züge, die zudem nicht mit Graffiti verschandelt sind. Strauch hofft, dass seine Truppe im neuen Werk diesem Ziel ein gutes Stück näher kommt. Die S-Bahnen werden einmal pro Woche durch die Waschanlage gezogen – vollautomatisch von einer Lokomotive, die ohne Lokführer auskommt. Und können danach sofort wieder auf die Strecke. Die Waschanlage ist mit einer Enteisungs-Einrichtung gekoppelt, die das Abtauen der Züge im Winter erleichtern soll. „Das ist für die Inspektionen besonders wichtig. An vereiste Bauteile kommen wir sonst nicht heran. Jetzt können wir sie auftauen und die Züge sogar bei Außentemperaturen bis minus fünf Grad waschen.“

Koordination von Nippes aus

Die Halle, in der Graffiti entfernt werden – was mit Hochdruckreinigern und einer Speziallösung geschieht – wird allerdings erst im Sommer in Betrieb gehen, weil die Abwasser-Aufbereitung noch nicht eingebaut wurde. Die Anlage zur Innenreinigung jedoch funktioniert bereits einwandfrei. Vom S-Bahnwerk in Nippes aus koordiniert die Bahn zusätzlich den mobilen Werkstatteinsatz an den Endpunkten der S-Bahn-Linien etwa in Mönchengladbach, Koblenz oder Wuppertal.

Das neue Kölner Werk hat gerade den Betrieb aufgenommen, da denkt Dirk Helfert schon über eine mögliche Erweiterung nach. „Sollte sich das Fahrgastaufkommen weiterhin so positiv entwickeln wie bisher und der lang geplante Ausbau des Kölner S-Bahnnetzes weiter voranschreiten, können wir problemlos eine zweite Wartungshalle anbauen“, sagt der Leiter des Verkehrsbetriebs Rheinland von DB Regio NRW. „Auch für weitere Zuführungsgleise ist hier noch genügend Platz vorhanden.“

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