Personal aufgestocktAb jetzt arbeiten 18 Streetworker in Köln

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Vor prächtiger Kulisse, den Dom im Rücken, präsentieren sich die Streetworker auf dem Rheinboulevard.

Vor prächtiger Kulisse, den Dom im Rücken, präsentieren sich die Streetworker auf dem Rheinboulevard.

Köln – Gruppen junger Leute, die Shisha rauchen, sich betrinken und gegenseitig in Schlägereien verwickeln: Als im Frühjahr der Rheinboulevard für Schlagzeilen sorgte – nicht etwa wegen seiner grandiosen Aussicht, sondern als Bühne für aggressive Besucher – reagierte die Stadt umgehend. Sie erließ nicht nur ein Wasserpfeifen-Verbot und verstärkte die Kontrollen durch Polizei und Ordnungsdienst. Auch Streetworker kamen zum Einsatz, Sozialarbeiter, die die Jugendlichen direkt ansprechen und frühzeitig verhindern sollten, dass Konflikte eskalieren.

Dass die Stadt nun den repräsentativen Rheinboulevard als Kulisse wählte, um ihr neues Konzept „Streetwork Köln“ vorzustellen, dürfte allerdings nur zum Teil dieser Vorgeschichte geschuldet sein. Denn einige der sogenannten „Streetwork Points“, die die Stadt als Präsenzbüros soeben in allen neun Stadtbezirken eingerichtet hat, sind nicht gerade präsentabel. So sind die beiden Streetworker für Porz in einem wenig einladenden Raum in Finkenberg untergebracht: Auf und neben der Eingangstür prangen mitunter anzügliche Graffiti. Die Ecke im Innenhof einer Hochaussiedlung scheint, dem scharfen Uringeruch nach zu urteilen, als Pissoir zu dienen, Der Verwalter der Gebäude hat den Raum für den symbolischen Preis von einem Euro zur Verfügung gestellt.

Gleichwohl: Die Aufstockung von bislang sechs auf jetzt 18 Streetworker kann die Stadt als Erfolg verbuchen. „Wir haben damit unser Klassenziel, das wir schon vor vielen Jahren formuliert haben, endlich erreicht“, sagte Jugenddezernentin Agnes Klein bei der Vorstellung der 18 Pädagogen und Sozialarbeiter am Montag. Möglich wurde dies durch eine bundesweit modellhafte Kooperation von Stadt, Arbeiterwohlfahrt (Awo) und Jobcenter, die die Finanzierung und Trägerschaft gemeinsam stemmen.

Konflikte erkennen, bevor sie entstehen

Dass sechs Streetworker für eine Stadt wie Köln mit ihren zahlreichen sozialen Brennpunkten nicht ausreichen, war eigentlich schon klar, als 2008 erstmals über das Thema nachgedacht wurde. Doch erst Ende vergangenen Jahres stimmte der Rat einer Verdoppelung auf zwölf Stellen zu – wohlwissend, dass auch das nicht reicht. Experten aus dem Jugendamt hatten mindestens zwei Streetworker pro Stadtbezirk gefordert. Erst eine Gesetzesänderung habe es jetzt möglich gemacht, dass das Jobcenter die Finanzierung von sechs weiteren Sozialarbeitern übernimmt, so René Jaspert vom Jobcenter Köln. Acht Stellen sowie ein Koordinator sind dabei bei der Stadt angesiedelt, zehn bei der Awo. Ihre Aufgabe ist es, aktiv auf gefährdete Jugendliche und junge Erwachsene zuzugehen, die ansonsten von keinem Hilfssystem mehr erreicht werden.

Psychische Erkrankungen und Drogensucht, Gewalt, Verschuldung, abgebrochene Schul- oder Ausbildung gehören zu den Problemen, mit denen sich die Streetworker immer wieder befassen müssen. Und es geht auch darum, Konflikte, wie etwa gewalttätige Auseinandersetzungen, zu erkennen, bevor sie eskalieren.

„Ein Streetworker ist eigentlich eine eierlegende Wollmilchsau“, sagt die Geschäftsführerin der Awo, Ulrike Volland-Dörmann. „Er muss sich nicht nur in allen Bereichen der Jugendhilfe auskennen, sondern auch eine Lotsenfunktion übernehmen und weitere Hilfen vermitteln.“

Um die ständige Präsenz in den Stadtbezirken sicherzustellen, werden die 18 Streetworker künftig in vier Großteams zusammengefasst. „So können wir Krankheits- oder Urlaubstage innerhalb der Teams ausgleichen“, erläutert Koordinator Uwe Schärpf. Bei besonderen Ereignissen wie Silvester oder Weiberfastnacht werden aber, wie bisher auch, alle verfügbaren Kräfte in der Altstadt konzentriert.

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