„Antrag für Autohasser“Heftige Debatte über Prüfung möglicher Raserstrecken

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Ob sich Geschwindigkeitskontrollen etwa an der Liburer Straße als sinnvoll erweisen, soll von der Verwaltung geprüft werden.

Ob sich Geschwindigkeitskontrollen etwa an der Liburer Straße als sinnvoll erweisen, soll von der Verwaltung geprüft werden.

  • Die Grünen wollen potenzielle Raserstrecken im Stadtbezirk Porz prüfen lassen.
  • Durch Geschwindigkeitsbegrenzungen und bauliche Veränderungen sollen manche Straßen sicherer werden.
  • SPD, Linke und Pro Köln lehnen den Vorschlag ab und sprechen von einem „Antrag für Autohasser“.

Porz – Ein Antrag zur Sicherung des Straßenverkehrs gegen illegale Rennen und zu hohe Geschwindigkeiten, den die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen gestellt hatte, sorgte in der jüngsten Sitzung der Bezirksvertretung für Verstimmung.

Mit dem Prüfantrag, der mit den Stimmen von CDU und AfD mehrheitlich beschlossen wurde, wird die Verwaltung unter anderem beauftragt, potenzielle Raserstrecken im Porzer Bezirk zu prüfen und sie etwa durch Geschwindigkeitsbegrenzungen und bauliche Veränderungen sicherer zu gestalten.

Mögliche Maßnahmen

So soll etwa die rechte Spur der Kölner Straße zur Radstraße oder Shared Lane mit Autoverkehr werden. Zu den, wie es heißt, direkt umsetzbaren Maßnahmen gehören etwa unregelmäßige Geschwindigkeitskontrollen sowie eine generelle Geschwindigkeitsbegrenzung auf Tempo 50.

Zudem soll die Verwaltung prüfen, inwieweit die Geschwindigkeit in bebauten Bereichen entsprechend den Empfehlungen des Verkehrsgerichtstags grundsätzlich auf Tempo 30 begrenzt werden kann. In das Programm aufgenommen werden sollen „in jedem Fall“ etwa die Siegburger Straße, Poststraße, Steinstraße, Wahner Straße sowie die Liburer Straße.

Für die SPD, die gemeinsam mit Die Linke und Pro Köln den Antrag ablehnte, ist er ein „Antrag für Autohasser, der alles durcheinander wirft: Raser, Tempolimits, bauliche Maßnahmen“. SPD-Fraktionsvorsitzender Simon Bujanowski bezeichnet den Antrag in einer Presseinformation als „Beleg für verkehrspolitische Inkompetenz“ und den Beschluss als „unprofessionell und unseriös“.

Insbesondere kritisiert er die Prüfung der Straßen in allen bebauten Gebieten als „Tempo 30 durch die Hintertür: Wir wollen das an diversen Stellen auch, aber nicht flächendeckend“. Inhaltlich habe die Verwaltung in zwei Fachgesprächen nachvollziehbar begründet, dass viele Punkte des Antrags nicht umsetzbar oder bereits erledigt seien. „Er konterkariert teils unsere Beschlusslage und setzt sich über die klaren Empfehlungen der Fachverwaltung hinweg.“

Tödlicher Unfall

„Ein Beschluss wäre eine Katastrophe“, sagte Hartmut Sorich vom Amt für Straßen und Verkehrstechnik in der Sitzung der Bezirksvertretung. „Der Prüfauftrag ist in dieser Form nicht zu bearbeiten. Lehnen Sie ihn ab.“

Die SPD befürchtet „für das Verhältnis zwischen Verwaltung und Politik negative Konsequenzen“. Lutz Tempel, stellvertretender SPD-Fraktionsvorsitzender, warnt gar vor weit reichenden Folgen: „Besonders dramatisch sind Beispiele, wo es zu tödlichen Unfällen kommt, obwohl dort längst Maßnahmen zur Verkehrssicherheit beschlossen wurden und diese einfach nicht umgesetzt werden – auch aus Personalmangel“, so Tempel.

Der tödliche Unfall einer Fahrradfahrerin In der Adelenhütte etwa sei mit dem lange für die Straße beschlossenen Kreisverkehr möglicherweise zu verhindern gewesen. „Genau solche sinnvollen Planungen, die ohnehin immer mit mehrjähriger Verspätung starten, müssen nun aber wieder zurückstehen, weil das Personal anderweitig gebunden wird.“ Für Tempel ist das „schlicht verantwortungslos“.

Aus der ablehnenden Haltung der SPD will Werner Marx eindeutig erkennen, „dass sie sich aus der bisher guten Zusammenarbeit mit CDU und Grünen verabschieden will. Die Grünen haben – bezüglich der Geschwindigkeitsbegrenzung auf 30 km/h in bebauten Gebieten – auf die Empfehlung des Verkehrsgerichtstags verwiesen“. Es sei daher keine spezielle Forderung, die aus Porz komme, sondern eine, „mit der sich hochrangige Verkehrsexperten beschäftigen“.

Auch gegen die Verwaltung teilt Marx aus: „Sie hat in der Sitzung der Bezirksvertretung Dinge gesagt, die im Vorfeld in den Fachgesprächen anders von ihr dargestellt wurden. Ich habe massiv den Verdacht, dass die SPD versucht, die Verwaltung zu instrumentalisieren, um Chaos und Unstimmigkeiten innerhalb der Gremien zustiften.“ Das sei eine unglaubliche Vorgehensweise, echauffierte er sich. „Ich erwarte von dieser Verwaltung, dass sie sich neutral verhält und nicht parteilich gefärbte Statements abgibt und darüber versucht, Politik zu betreiben.“

Schließlich gehe es bei diesem Thema um Menschleben. „Man muss doch gewisse Dinge auf den Prüfstand stellen können, bevor etwas passiert“, befindet Marx. „Es gab diverse Unfälle im Porzer Bezirk. So zu tun, als ob alles in Ordnung wäre, so einfach kann es sich die Verwaltung nicht machen.“

Dieter Redlin von den Grünen sagt, der Antrag stelle „nichts anderes dar als das, was in den EU-Gesetzen bereits Vorschrift ist. Deswegen haben Länder wie etwa Schweden, Belgien, die Niederlande, Frankreich und England längst Ideen für Verkehrsberuhigung und gleichberechtigte Verkehrssicherheit für alle Teilnehmer entwickelt. Der Stadt Köln scheint das entgangen zu sein oder es interessiert sie nicht, jedenfalls setzt sich unsere Verwaltung nicht mit diesen Gesetzen auseinander.“

Da es eine SPD-beherrschte Verwaltung sei, wisse man, woher der Wind wehe. Man habe ihr das zu prüfen gegeben, was sie im Innenstadtbereich auch prüfen soll. „Es hat sich gezeigt“, so Redlin, „dass die Verwaltung im Außenbereich der Stadt Köln nicht prüfen will, dass sie die Außenbezirke nicht akzeptiert, nicht Ernst nimmt.“

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