Gestüt RöttgenEin Gestüt größer als Monaco

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Das Gestüt Röttgen: Die komfortable Unterkunft für wertvolle Rennpferde gleicht einem Gutshof. Rechts befinden sich die Ställe für Hengste, im linken Teil des Gebäudes ist die Reithalle untergebracht.

Das Gestüt Röttgen: Die komfortable Unterkunft für wertvolle Rennpferde gleicht einem Gutshof. Rechts befinden sich die Ställe für Hengste, im linken Teil des Gebäudes ist die Reithalle untergebracht.

Rath/Heumar – Die mannshohe Mauer weckt die Neugier. Wie mag es dahinter aussehen? Klar ist: Im Bereich zwischen Eiler und Theodor-Heuss-Straße, Hirschgraben, Heumarer Mauspfad und den Bahngleisen befindet sich das Gestüt Röttgen. Die Rennpferdezucht in Rath/Heumar ist eine der Top-Adressen der deutschen Turfszene. Der Blick in die Anlage bleibt indes wenigen vorbehalten. Denn die Mauer ist nicht nur hoch, sondern auch lang. Lückenlos umschließt sie das Gelände, das mit 250 Hektar Land größer ist als das Fürstentum Monaco.

Acht Kilometer, heißt es, sei die steinerne Wand lang. Das will Günter Paul, promovierter Jurist und Vorsitzender der Mehl-Mülhens-Stiftung, die das Gestüt führt, nicht bestätigen. "Irgendwas zwischen sieben und elf Kilometern", schätzt er ihre Länge und ergänzt, er habe das noch nie nachgemessen.

Paul, der auch Präsident des hessischen Staatsgerichtshofes ist, verwaltet ein großes Erbe, das ihm die Stifterin selbst angetragen hat. Maria Mehl-Mülhens wollte nach ihrem Tod sicherstellen, dass Zucht und Anlage erhalten blieben. "Ich bin der erste Diener dieser Stiftung", sagt Günter Paul heute. So wohnt er bei seinen wöchentlichen Besuchen, zu denen er aus Frankfurt anreist, nicht in einem der pompösen Schlafzimmer von Schloss Röttgen, sondern im Gästezimmer.

Ohnehin bemängelt er die Bezeichnung "Schloss" als falsch. Ein Schloss sei der erste Wohnsitz einer Adelsfamilie, sagt er. Das sei Röttgen nie gewesen. Eigentlich sei es eine Burg "Aber für Rudi Mehl war ein Schloss gerade gut genug", sagt er schmunzelnd über den früheren Herrn des Hauses, dem einerseits ein Sinn für das Besondere nachgesagt wird, der andererseits aber als harter Verhandler galt. Er setzte etwa durch, dass die Autobahntankstelle am Rand des Gestüts den Namen "Schloss Röttgen" erhielt.

Günter Paul ist ein Stück weit in die Fußstapfen des 1980 Verstorbenen getreten. Auch er verhandelte äußerst erfolgreich und hat erstritten, dass die ICE-Trasse nicht offen durch das Gelände geführt, sondern in einen Tunnel unter die Koppeln verlegt wurde. Bei der Vorstellung, dass die kostbaren Tiere arglos auf der Weide stehen und plötzlich ein Zug mit lautem Knall aus dem Tunnel geschossen kommt, muss er immer noch den Kopf schütteln. "Das wäre das Ende der Zucht in Röttgen gewesen."

Viel Liebe zum Detail

Ruhe ist oberstes Gebot in dem denkmalgeschützten Gelände mit den 90 Jahre alten Stallungen. Entworfen wurde die Anlage im Renaissancestil von dem Architekten Ludwig Paffendorf, dem es gelang, die Nutzbauten harmonisch in das Gelände zu integrieren. Ihre ganze Pracht entfalten die Stallungen von innen: Die Wände und Decken sind teilweise mit Eichenpaneelen getäfelt und mit schmiedeeisernem Gittermuster verziert. Die Boxen sind ganz auf die Bedürfnisse der Bewohner zugeschnitten. Alles ist blitzblank. Auf dem sandigen Zugang zum Stall sind sogar die Muster zu sehen, die die Helfer nach alter Tradition zum Schluss der Stallarbeit mit dem Rechen gezogen haben.

Vor allem die Details zeigen, mit wie viel Liebe die Anlage gestaltet ist. Das fängt bei den Zigarren-Ablagen an, die für den Gründer des Gestüts, 4711-Fabrikant Peter Paul Mülhens, an den Eingängen zu den Ställen in die Wand gelassen wurden, und hört beim Laterne haltenden Miniatur-Jockey in den Gestüts-Farben noch lange nicht auf.

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