Nach Skandal in LVR-Klinik Porz„Es gibt hier kein Versäumnis“

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„Es gibt hier kein Versäumnis“, sagen die Verantwortlichen der LVR-Klinik in Porz.

„Es gibt hier kein Versäumnis“, sagen die Verantwortlichen der LVR-Klinik in Porz.

Porz – Es war die Flucht nach vorn: Am Sonntag Krisengipfel von LVR und Klinikleitung, am Montag dann kurzfristige Einladung zwecks Information der Öffentlichkeit. Nach der Affäre um sexuelle Kontakte zwischen Patienten und Mitarbeiterinnen in der forensischen Klinik in Porz waren die Verantwortlichen sichtlich bemüht, die Situation wieder in den Griff zu bekommen.

Wie verunsichert das Klinikpersonal nach Bekanntwerden der Vorfälle ist, zeigt ein Vorgang am Montag früh. Da hatte ein Patient gemeldet, es seien Besteckmesser verschwunden. Diese werden in der Klinik, in der psychisch kranke Straftäter einsitzen, üblicherweise abgezählt. „Alle waren sehr aufgeregt, die Station und der Garten wurden abgesucht“, schilderte Pflegedirektor Frank Allisat. Es habe sich aber herausgestellt, dass nichts fehlte.

Fakten auf den Tisch legen

„Zur Beruhigung der Lage“ wolle man jetzt die Fakten auf den Tisch legen, so Martina Wenzel-Jankowski, zuständige Dezernentin beim Klinikträger LVR. Demnach war bereits am 30. März ein Patient in alkoholisiertem Zustand angetroffen worden. Den hatte sich der 30-Jährige, wie sich später herausstellte, selbst produziert, indem er Weißbrot in einem Traubensaft-Karton einlagerte und so zum Gären brachte.

Bei der Durchsuchung des Patientenzimmers war dann, wie berichtet, ein 16 Meter langes Seil aus Bettlaken gefunden worden, versehen mit einem Anker aus drei mit Schnürsenkeln verbundenen Holzkugeln – eine Konstruktion, die mutmaßlich als Fluchtwerkzeug zur Überwindung der Klinikmauer dienen sollte. Außerdem fanden die Mitarbeiter ein Plastikbesteck-Messer mit zugespitzter Klinge sowie ein Mobiltelefon, das der Patient im Hohlraum eines selbst gebauten Regals versteckt hatte.

Weitere klinikinterne Untersuchungen Anfang April förderten dann nicht nur ein zweites Mobiltelefon bei einem weiteren Patienten zutage, sondern führten auch zur Aufdeckung der sexuellen Kontakte zwischen Insassen und Mitarbeiterinnen. Eindeutige SMS sowie auf dem Handy gespeicherte Fotos der Frauen hätten auf deren Spur geführt, so Jörg Schürmanns, Vorstandsvorsitzender der Klinik.

„Die Handys haben die Patienten von den Pflegerinnen bekommen, darüber lief die ganze Kommunikation, um die Beziehung aufrecht zu erhalten.“ Alle anderen entdeckten Gegenstände stammten aus der Klinik selbst und seien nicht von außen eingeschleust worden. So seien die Holzkugeln etwa aus der Ergotherapie-Werkstatt, wo sie zum Basteln verwendet werden.

Anonyme Anzeige ging bei Polizei ein

Öffentlich geworden waren die Vorfälle erst, als der LVR in der vergangenen Woche die beiden Mitarbeiterinnen entließ und eine anonyme Anzeige bei der Polizeiwegen Missbrauchs Schutzbefohlener eingegangen war. Seitdem prüft die Kölner Staatsanwaltschaft, ob sie Ermittlungen aufnehmen muss. Am Wochenende hatte zudem einer der Patienten Anzeige erstattet, weil er wegen der Handy-Auswertung seine Persönlichkeitsrechte verletzt sieht.

LVR-Dezernentin Wenzel-Jankowski verteidigte das Vorgehen, seit Ende März ausschließlich intern zu ermitteln, am Montag erneut. „Wir hatten keinerlei Verpflichtung, die Polizei einzuschalten, da wir als Arbeitgeber eine eigene Ermittlungsbefugnis haben. Es gibt hier kein Versäumnis.“ Da beide Patienten voll geschäftsfähig seien, gehe man davon aus, dass der Sex einvernehmlich stattgefunden habe.

Auch für die Öffentlichkeit hat laut Klinik keine Gefahr bestanden, da eine Flucht mittels Bettlaken aufgrund der vielen Sicherheitsvorkehrungen nicht vorstellbar sei. Als Konsequenz aus den Ereignissen sei man jedoch „sensibilisiert“ und werde die Patienten künftig noch strenger kontrollieren. 

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