„Ganz wichtig ist es, die Schüler ernst zu nehmen“Leiter der Hauptschule in Zündorf verlässt das Schulzentrum

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Ralf Sistermann war acht Jahre lang Leiter der Hauptschule am Schulzentrum Zündorf.

Ralf Sistermann war acht Jahre lang Leiter der Hauptschule am Schulzentrum Zündorf.

Ralf Sistermann nimmt Abschied von der Hauptschule. Der Schulleiter hält große Stücke auf sein Kollegium und die Schüler und hat einen besonderen Wunsch. 

Ralf Sistermann geht über die Gänge der Hauptschule am Schulzentrum Zündorf. Ein paar Jungs sind etwas zu laut unterwegs. Eine kurze, klare Ansage reicht und es ist Ruhe. Von einem der Jungs wird Sistermann noch gefragt, wann er denn gehen würde. Die Antwort: „Morgen ist mein letzter Tag.“ Einer der Jungs wirkt ein wenig geknickt. „Sie werden uns fehlen“, ruft er dem scheidenden Schulleiter hinterher.

Nach acht Jahren ist für Ralf Sistermann in Zündorf Schluss. Aus persönlichen Gründen wechselt er in die Untere Schulaufsicht in die Städteregion Aachen. Vor seiner Zeit an der Johann-Amos-Comenius-Schule in Zündorf war er an der Gesamtschule in Eschweiler und der Abendrealschule in Wuppertal tätig.

Mittelweg zwischen Regeln und Verständnis

Bei seiner Arbeit an der Hauptschule sei es wichtig gewesen, Mensch zu sein. Das heißt, einen Mittelweg zu finden zwischen Regeln und Verständnis. „Aber ganz wichtig ist es, die Schüler ernst zu nehmen.“ Das merken die Kinder und Jugendlichen sofort. „Ich kann hier einen Schüler zusammenfalten, weil er Mist gebaut hat und dann geht er raus, dreht sich um und sagt: Danke.“ Weil er laut Sistermann „sehr wohl eingesehen hat, er hat Mist gebaut, er aber auch merkt, ich werde wahrgenommen“. Und das sei das Entscheidende.

Ralf Sistermann erzählt in dem Zusammenhang von einem Schüler, der vor ein paar Jahren in der Schule sehr auffällig gewesen sei. „Er war vorlaut, hielt sich an nichts.“ Im persönlichen Gespräch habe er dann von dem Schüler erfahren, dass der Zwölfjährige seit drei Jahren nach der Schule seinen schwer krebskranken Vater pflegt. Sistermann zeigte Verständnis, machte aber auch klar, dass der Schüler deswegen nicht die anderen stören dürfe. Sie verständigten sich auf Folgendes: Wenn der Schüler mal wieder auffällig wurde, sollte er seinen Rucksack mit schweren Büchern füllen und zehnmal die Treppen hoch und runter laufen. „Der Junge hat bei uns seinen Abschluss gemacht.“

Hauptschule seit vier Jahren komplett digital

Gerne war und ist Ralf Sistermann auch jemand, der Probleme löst, anstatt es hinzunehmen, dass dieses oder jenes nicht funktioniert. Als zum Beispiel neue Rechner und Bildschirme für die Schule geliefert wurden, aber keine Firma aufzutreiben war, die alles anschließt, haben er sowie weitere Lehrer die Sache in die Hand genommen. „Schüler vom benachbarten Gymnasium denken heute noch, dass ich der Hausmeister bin, weil ich immer im Blaumann herumgelaufen bin.“

Stolz ist Ralf Sistermann, dass die Zündorfer Hauptschule schon seit vier Jahren komplett digital ausgestattet ist. Jeder der 321 Schülerinnen und Schüler habe ein digitales Gerät, es gibt digitale Tafeln und eine digitale Lernplattform. Das habe natürlich auch in Corona-Zeiten geholfen. Schulleitung sei das eine, sagt Sistermann. Entscheidend sei aber das Kollegium. „Ich bin nicht der Alleinunterhalter, es braucht ein engagiertes Kollegium und das haben wir hier.“ 34 Lehrerinnen und Lehrer sind es, die an der Hauptschule unterrichten. Zu Beginn von Sistermann waren es nur halb so viel.

Schließung der Schule muss ad acta gelegt werden

Für das Kollegium und die Schüler hofft Sistermann, dass die Hauptschule auch weiterhin erhalten bleibt. Denn im Schulentwicklungsplan der Stadt ist erneut von einer möglichen Schließung der Haupt- und Realschule am Schulzentrum Zündorf und die Neugründung einer Gesamtschule die Rede. „Ich möchte, dass diese Heimat für die Schüler erhalten bleibt.“

Denn das sei die Schule: Heimat. Und auf keinen Fall eine Resteschule, wie die Hauptschule abfällig auch genannt werde. Eine Sache möchte Ralf Sistermann den Schülerinnen und Schülern noch einmal auf den Weg geben: „Wenn ihr nach der neunten Klasse eine Lehre angeboten bekommt, greift zu. Den Zehnerabschluss bekommt ihr mit der Lehre automatisch. Wenn ihr eine Lehre habt, habt ihr Geld verdient, ein Standbein fürs Leben. Und das nimmt euch keiner mehr weg.“

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