Prozess gegen Frank S.Reker-Attentäter sucht neuen „mutigen“ und „rechten“ Anwalt

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Der Angeklagte Frank S. zeigt ein Papier, mit dem er nach einem neuen Anwalt sucht.

  • Frank S. hat kein Vertrauen mehr zu seinen zwei Verteidigern.
  • Er muss nun einen schriftlichen Antrag auf Entpflichtung seiner Verteidiger stellen.

Köln – „Angeklagter sucht Anwalt“ heißt es am Freitag im Oberlandesgericht Düsseldorf. Frank S., der sich nach dem  Messerangriff auf Henriette Reker wegen versuchten Mordes verantworten muss, hält einen Zettel in die Kameras, auf dem steht: „Suche mutigen rechten Pflichtverteidiger“. Darunter die Adresse der JVA Köln. Nun hat der 44-Jährige zwar bereits zwei Verteidiger, Christof Miseré und Jasper Marten, aber zu ihnen hat Frank S. kein Vertrauen mehr, wie er sagt. Miseré habe Ermittlungsakten an die Presse weitergegeben. Der Rechtsanwalt weist die Vorwürfe zurück.

Empörte Richterin

„Sie können nicht ernsthaft glauben, dass wir so springen, wie es Ihnen gerade passt“, sagt Barbara Havliza, die Vorsitzende des 6. Strafsenats, zu Frank S. Sie sehe keinen Grund, die Verteidiger auszutauschen. Frank S. muss nun einen schriftlichen Antrag auf Entpflichtung seiner Verteidiger stellen und den Wunsch dezidiert begründen.

Pascal Siemens, der Rekers Wahlkampf geleitet hat, wird an diesem vierten Prozesstag als Zeuge gehört. Der 32-Jährige wurde bei dem Attentat am 17. Oktober 2015 schwer verletzt. „Ich stand mit dem Rücken zu Frau Reker und hörte einen Schrei“, sagt er. Er habe sich umgedreht und Frank S. direkt in die Augen geblickt. „Einen solchen Gesichtsausdruck hatte ich vorher noch nie gesehen“, sagt Siemens. Er beschreibt den Blick als unberechenbar, dominant und wahnsinnig. „Dann habe ich einen Riesendolch auf mich zurasen sehen.“ Frank S. habe drei oder viermal auf ihn eingestochen, Siemens musste später am Arm operiert werden. Frank S. behauptet nach wie vor, das Kampfmesser, mit dem er Reker angegriffen hat, fallen gelassen zu haben und die vier weiteren Menschen mit einem kleinen Butterfly-Messer verletzt zu haben – aus Angst, sie könnten ihn „lynchen“, wie er sagt. Einen Einblick in die Kindheit des Attentäters gab seine ehemalige Pflegemutter. Frank S. kam als Fünfjähriger in die Familie. Die 80-Jährige erzählt, dass seine leiblichen Eltern ihn und seine kleinen Geschwister allein in einer Wohnung zurückgelassen hätten. „Frank hat sie versorgt, ihnen Reis und Nudeln gegeben und sich bemerkbar gemacht, als nichts mehr zu essen da war“, sagt sie.

frank s. reker-prozess

Der Angeklagte Frank S.

Die Kinder kamen zunächst in ein Heim. Als seine Pflegemutter ihn zu sich holte, habe er im Auto getobt „wie ein wildes kleines Tier“. Er sei ein „ganz armer Junge“ gewesen, sehr verschlossen, habe jede Zärtlichkeit abgewehrt. Vier eigene Kinder und fünf Pflegekinder waren in der Familie. Als Frank S. ihr Fragen stellen will, siezt er seine Pflegemutter. Das Verhältnis ist zerrüttet, er ist mit 18 nach einer Prügelei mit dem Pflegevater ausgezogen, wie er sagt. Die Zeugin bestreitet, dass ihr Ex-Mann gewalttätig gewesen sei. In der Pubertät habe Frank S. ein Hakenkreuz an seine Zimmerwand gemalt. „So groß, dass wir das Zimmer neu streichen mussten“, sagt sie. Der Prozess wird am Dienstag fortgesetzt.

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