Prozess in KölnEx-Prostituierte vom Eigelstein zeigt Freier wegen Vergewaltigung an

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Prostituierte warten auf Freier am Eigelstein.

Prostituierte warten auf Freier am Eigelstein.

Köln – Wer sagte am Donnerstag in Saal 29 des Amtsgerichts die Wahrheit? Zeugin Tanja F. (36), die behauptete, sie sei am Eigelstein vergewaltigt worden? Oder Ingo M. (26), der den Vorwurf abstritt und von einvernehmlichem Sex sprach? Aussage stand gegen Aussage. Am Ende blieben, wie der Vorsitzende des Schöffengerichts sagte, „vernünftige Zweifel“, ob Ingo M. die Straftat begangen habe oder nicht. Also wurde er auf Kosten der Staatskasse freigesprochen.

In anderer Sache verbüßt der 26-Jährige zurzeit eine Haftstrafe in der JVA Rheindorf. Um die letzte Jahreswende fiel er aus allen Wolken, als er Post von der Justiz bekam: Gegen ihn sei Anklage wegen Vergewaltigung, Körperverletzung und Amtsanmaßung erhoben worden. Auf seine Spur waren die Ermittler durch einen DNA-Abgleich gekommen. Ingo M. (Name geändert) setzte einen Brief auf, in dem er das Geschehen aus seiner Sicht schilderte und jede Schuld von sich wies. So tat er es auch vor Gericht, nun mit Unterstützung seiner Verteidigerin.

Angeklagter soll sich als Polizist und Mitarbeiter des Ordnungsamts ausgegeben haben

Wenn der Vorwurf stimmt, sprach er am 29. November 2014 gegen 23.45 Uhr am Eigelstein Tanja F. an, die dort anschaffen ging, und gab sich zunächst als Polizist, später als Mitarbeiter des Ordnungsamts aus. Der Anklage zufolge forderte er sie auf, ihren Ausweis zu zeigen, und bemerkte dann, die Angelegenheit könne „man auch anders regeln“. Sie gingen auf den Parkplatz des Rewe-Supermarkts.

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Der Straßenstrich am Eigelstein.

Laut Staatsanwältin nötigte er sie in einer unbeleuchteten Hausnische, die Hose herunterzuziehen und sich mit dem Rücken zu ihm an die Wand zu stellen. Als sie versucht habe, sich zu wehren, habe er ihr den Arm auf den Rücken gedreht und weitergemacht.

Ex-Prostituierte wich von Aussagen teilweise ab

Tanja F. wich in ihrer Aussage in einigen Punkten von dem ab, was sie den Protokollen zufolge bei der Polizei gesagt hatte. Unstrittig ist, dass sie Alkohol und Drogen, von denen sie abhängig war, konsumiert hatte und in diesem Zustand auf Freier wartete. Doch aus der Ausweiskontrolle wurde nun eine Drohung mit einer offenen Geldstrafe oder einem Haftbefehl, und dass sie aus Angst nicht um Hilfe geschrien habe, passte schlecht zur Behauptung, sie habe Ingo M. nachgerufen, sie werde „zu den Bullen gehen“. Für die Tatsache, dass sie den Angeklagten nicht falsch belasten wollte, sprach, dass sie nur widerstrebend Anzeige erstattet hatte.

Ingo M. stellte das Geschehen als üblichen Kontakt eines Freiers mit einer Hure dar. Den Vorschlag, in ein Stundenhotel zu gehen, habe er abgelehnt, weil es ihm zu teuer gewesen sei. 30 Euro habe er dafür gezahlt, zusammen „Spaß zu haben“. Keine Rede könne davon sein, dass er Druck durch Amtsanmaßung ausgeübt habe: Tanja F. habe ihn gefragt, ob er Polizist sei, denn er sehe so aus. Er habe schlicht „Nein“ gesagt.

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