Schneller zum Neubau in KölnLeitstelle soll Weg zur Baugenehmigung verkürzen

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Neubau Clouth Werke Nippes

Das Clouth-Gelände in Nippes ist eines der größten Wohnungsbauprojekte der Stadt. Dort entsteht ein Viertel für rund 3000 Bewohner.

Köln – Die Suche nach einer neuen Wohnung gestaltet sich in Köln jedes Jahr schwieriger als zuvor. Das gilt vor allem für die Innenstadt und begehrte Stadtteile wie Ehrenfeld. Wer sich keine Luxuswohnung leisten kann, bleibt zunehmend auf der Strecke. Bei Besichtigungsterminen sind hundert Mitwerber keine Seltenheit. Noch dramatischer gestaltet sich die Situation bei Sozialwohnungen, obwohl jeder zweite Kölner theoretisch einen Anspruch darauf hätte.

Immobilienmakler und Investoren haben vor allem zwei Probleme ausgemacht: Es mangelt an Bauflächen, und die Stadtverwaltung arbeitet zu langsam. In anderen Städten liefen Prozesse effizienter und daher schneller als in Köln ab, kritisieren Spitzenvertreter der Immobilienwirtschaft. Bis zu 20 unterschiedliche Ämter sind beteiligt, bevor eine Baugenehmigung erteilt wird.

Obwohl die Situation seit Jahren angespannt ist, hat die Stadtverwaltung bislang keine Lösung für die Probleme gefunden. Jetzt soll eine neue Wohnungsbauleitstelle Abhilfe schaffen, die Anfang April ihre Arbeit aufgenommen hat. Hans-Martin Wolff, zuvor stellvertretender Leiter des Stadtplanungsamts, hat die Leitung übernommen. Das Baudezernat legt zwar Wert darauf, dass es sich bei der neuen Stelle um einen Baustein und nicht um einen Heilsbringer handelt, dennoch überrascht angesichts der Dringlichkeit die äußerst übersichtliche personelle Ausstattung. Wolffs Team besteht lediglich aus ihm und seinem Kollegen Ulrich Sieven.

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Aufgabenspektrum der neuen Leitstelle ist umfänglich

Im Vergleich dazu mutet das Aufgabenspektrum der neuen Leitstelle sehr umfänglich an. „Unser Hauptziel besteht darin, die Planungs- und Genehmigungsverfahren zu verkürzen und zu optimieren“, sagt Wolff. Innerhalb des bestehenden Stadtentwicklungskonzept Wohnen und darüber hinaus soll das Team Bauflächen für den Wohnungsbau aktivieren. „Wir sehen eine wichtige Aufgabe darin, die Flächen zu priorisieren“, so Wolff. Die Leitstelle soll zudem als Schlichter zwischen Investoren und Ämtern fungieren.

„Die ersten vier Monate unserer Arbeit waren davon geprägt, dass wir uns mit den Branchenvertretern ausgetauscht haben“, sagt Wolff. Es sei ebenso richtig wie wichtig, miteinander zu reden.

Zur Bewältigung der Aufgaben will Wolff weiteres Personal hinzuziehen. „Wir werden Experten benötigen“, sagt er. So brauche er in der Leitstelle Spezialisten für Umweltbelange, die Bauordnung, Genehmigungsbelange, Liegenschaften, Bebauungsplanung sowie eine Expertise in Bezug auf die Verkehrsinfrastruktur, die Anbindung des öffentlichen Nahverkehrs sowie den Schulbau. Für das Thema sozialer Wohnraum steht mit Ulrich Sieven bereits ein Fachmann zur Verfügung.

Trotz ihres übergeordneten Aufbaus verfügt die Wohnungsbauleitstelle zurzeit nicht über die Kompetenz, den Ämtern Weisungen erteilen zu können. „Wir sagen nicht, was gemacht wird“, sagt Wolff. Es gehe vielmehr darum, einen partnerschaftlichen Dialog zu führen und bei den an Genehmigungsverfahren beteiligten Mitarbeitern der Stadtverwaltung eine Begeisterung für die Projekte zu wecken.

Haus- und Grundbesitzerverein sieht neue Leitstelle kritisch

Köln ist mit der Einrichtung einer Wohnungsbauleitstelle vergleichsweise spät dran. In Hamburg gibt es bereits seit 2010 einen Wohnungsbaukoordinator. Berlin hat 2013 ebenfalls eine Leitstelle eingerichtet. Beide Einrichtungen sind personell besser ausgestattet als die Kölner. „Wir tauschen uns regelmäßig mit den Kollegen in Hamburg und Berlin aus und lernen von ihren Erfahrungen“, sagt Wolff. Er sehe Köln in diesem Bereich am Anfang einer Entwicklung. „Unser Ziel sind mehr Baugenehmigungen, und dem haben wir uns verschrieben.“

Thomas Tewes, Geschäftsführer des Haus- und Grundbesitzervereins, sieht die neue Leitstelle kritisch. „Ich schätze es sehr, dass Herr Wolff so motiviert ist, aber ohne eine weitreichende Entscheidungsbefugnis ist das zum Scheitern verurteilt“, sagt er. Innerhalb der Stadtverwaltung mit ihrer Ämtervielfalt mangele es an jemandem, der Entscheidungen trifft. „Die Stadt hat das Thema des fehlenden Wohnraums seit sieben Jahren verpennt“, so Tewes. Er erkenne noch immer nicht, dass das Ruder jetzt herumgerissen werde. Oberbürgermeisterin Henriette Reker müsse als Chefin der Verwaltung eingreifen. Die Zahl der fertiggestellten neuen Wohnungen sinke zurzeit statt zu wachsen.

Jürgen Becher, Geschäftsführer des Mietervereins, sieht das ähnlich. „Wir haben lange auf die Leitstelle gewartet und können es jetzt nicht nachvollziehen, dass diese mit nur zwei Personen besetzt wird“, sagt er. Das sei angesichts der zu bewältigenden Aufgaben viel zu wenig. „Wir erwarten mehr Baugenehmigungen und werden die Leitstelle kritisch ins Auge fassen“, so Becher. Es dürfe innerhalb der Stadtverwaltung kein Hin- und Herschieben mehr geben.

Drei Fragen an Hans-Martin Wolff, Leiter der Wohnungsbauleitstelle

Herr Wolff, warum benötigt Köln überhaupt eine Wohnungsbauleitstelle?

Köln ist eine wachsende Stadt. Bis 2029 sollen wir 1,16 Millionen Einwohner haben. Deshalb muss verstärkt gebaut werden. Wir wollen eine zentrale Anlaufstelle für alle Bauprojekte mit mehr als 20 neuen Wohnungen und Vermittler zwischen der Wohnungswirtschaft und den Ämtern und Dezernaten der Stadtverwaltung sein.

In Köln mangelt es vor allem an bezahlbarem Wohnraum. Wie wollen Sie das ändern?

Aus unseren Gesprächen wissen wir, dass das Thema in der Wohnungswirtschaft mittlerweile angekommen ist. Es gibt einen Bewusstseinswandel und ein Einsehen, dass die Quote von 30 Prozent Sozialwohnungen, wie es das kooperative Baulandmodell vorschreibt, sinnvoll ist. Wir sind überzeugt, dass sich in diesem Bereich etwas entwickelt. Es gibt zurzeit gute Förderbedingungen und gute Renditen auch im geförderten Wohnungsbau. Damit wird das für Investoren interessanter.

Hans-Martin Wolff

Hans-Martin Wolff

Im Jahr 2015 wurden für die Errichtung von 1016 geförderten Wohnungen in Köln Fördermittel in Höhe von rund 96 Millionen Euro durch das Land Nordrhein-Westfalen ausgeschüttet. 2016 stieg diese Fördersumme um weitere 10 Millionen Euro auf 106 Millionen Euro. Auch für 2017 sehen die Zahlen gut aus.

Köln benötigt aufgrund des prognostizierten Bevölkerungswachstums jedes Jahr 6000 bis 7000 neue Wohnungen. Wie setzen Sie Ihre Ziele? Und was ist überhaupt realistisch zu erreichen?

Das kann derzeit niemand seriös beantworten, weshalb wir auch keine Zahlen nennen können. Wir wollen dabei helfen, dass so viele neue Wohnungen wie möglich entstehen. Wir sehen uns als Kommunikatoren, wollen aber auch die Kolleginnen und Kollegen in den zuständigen Ämtern dabei unterstützen, die Bauleitplanungen und Baugenehmigungen zu beschleunigen sowie neue Bauflächen zu aktivieren. Das ist eine spannende Aufgabe, bei der der Weg das Ziel sein wird.

Hans-Martin Wolff ist Stadtplaner und war bis zum 1. April stellvertretender Leiter des Kölner Stadtplanungsamtes.

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