Stadtmuseum suchtWer besitzt Möbel der Kölner Firma Heinr. Pallenberg?

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Ehemaliges Firmengelände in der Straße Am Alten Ufer.

Ehemaliges Firmengelände in der Straße Am Alten Ufer.

Köln – Wer sein Heim im 19. Jahrhundert und bis ins 20. Jahrhundert hinein gediegen ausstatten wollte, der war bei der Kölner Möbel- und Einrichtungsfirma „Heinr. Pallenberg“ an der richtigen Adresse. Das heute fast vergessene Unternehmen, das unter anderem das Hotel Adlon in Berlin, das Schloss Drachenburg in Königswinter und den Parfümhersteller Farina in Köln belieferte, beschäftigt zurzeit das Kölnische Stadtmuseum.

„Wir haben einen verborgenen Schatz gehoben“, sagt Michael Euler-Schmidt, stellvertretender Direktor des Museums: Im Depot sind rund 360 gezeichnete, aquarellierte Entwürfe aus dem Firmennachlass entdeckt worden, die Möbelstücke und Innenausstattungen zeigen. Die Blätter sollen nun digitalisiert werden, um sie der Öffentlichkeit und der Forschung zugänglich zu machen.

Aufruf an Möbelbesitzer

Ein Ziel ist, möglichst vielen Entwürfen noch vorhandene Möbelstücke und Einrichtungen zuzuordnen. Deshalb ruft das Museum andere Museen, Sammler und Privatleute, die Möbel der Firma „Heinr. Pallenberg“ besitzen, dazu auf, sich bei den Mitarbeitern des Projekts zu melden.

Jennifer Kirchhoff und Philipp Hoffmann kümmern sich um die digitale Aufbereitung.

Jennifer Kirchhoff und Philipp Hoffmann kümmern sich um die digitale Aufbereitung.

Mit der digitalen Aufbereitung, die mit 3-D-Simulationen, Rundum-Ansichten und Ausschnittvergrößerungen Maßstäbe in der visuellen Präsentation setzen soll, sind Jennifer Kirchhoff und Philipp Hoffmann betraut. Sie teilen sich eine volle Stelle, die mit öffentlichen Mitteln und Geld der „Freunde des Kölnischen Stadtmuseums“ finanziert wird.

Der Schreiner setzte als einer der ersten Dampfmaschinen zur Fertigung ein

1827 gründete der Schreiner Johann Heinrich Pallenberg in der Straße Am Alten Ufer eine kleine Tischlerei, aus der sich in den folgenden Jahrzehnten ein Großbetrieb mit über 300 Mitarbeitern entwickelte. Als eines der ersten Unternehmen seiner Art setzte „Heinr. Pallenberg“ Dampfmaschinen für einzelne Fertigungsschritte innerhalb der ansonsten handwerklichen Herstellung ein. Denn der Bedarf der bürgerlichen Gesellschaft an gediegener Ausstattung des Heims wuchs. Die damaligen Vorlieben bringt Jennifer Kirchhoff auf den gemeinsamen Nenner „Historismus mit modernen Tendenzen“.

Stadtplan von 1900.

Stadtplan von 1900.

Weil viele Pallenberg-Möbel nicht signiert oder auf andere Art gekennzeichnet sind, ist die Bestimmung der Herkunft nicht einfach. Deswegen müssen die Projektmitarbeiter im Zweifelsfall vorbeikommen, wenn jemand glaubt, ein solches Möbelstück zu besitzen.

Sieht man sich die sorgfältig gestalteten Blätter an, kann man Rita Wagner, der Leiterin der Graphischen Sammlung, zustimmen, wenn sie von „künstlerisch hochwertigen Entwürfen“ spricht. „Sie können für sich stehen, unabhängig davon, ob das Dargestellte verwirklicht wurde. Der Verkaufsraum für Farina ist tatsächlich entstanden, dagegen ist von einem schmucken Bar-Innenraum, den ein anderes Blatt zeigt, nicht bekannt, ob er gebaut wurde.“

Entwurf für den Verkaufsraum der Firma Johann Maria Farina, Ende des 19. Jahrhunderts.

Entwurf für den Verkaufsraum der Firma Johann Maria Farina, Ende des 19. Jahrhunderts.

Bei der digitalen Aufbereitung können die Wissenschaftler auf die 227 Geschäfts- und Musterbücher von „Heinr. Pallenberg“ zurückgreifen, die im Rheinisch-Westfälischen Wirtschaftsarchiv lagern. Mit ihrer Hilfe lässt sich nachverfolgen, welche Familie welche Stücke erworben hat. Neben der Herstellung von Stilmöbeln widmete sich der Firmengründer dem Innenausbau, zudem tat er sich als Händler, Sammler und Förderer von Kunst hervor.

Die Pallenbergs unterstützten Kölner Projekte

Soziales Engagement kam hinzu; so finanzierten die Pallenbergs einen Saal im Kölner Kunstgewerbe-Museum und die noch heute bestehende „Pallenberg-Siedlung“ in Weidenpesch. Im 20. Jahrhundert konnte sich die Firma immer weniger gegen die billigere industrielle Produktion behaupten. 1959 meldete sie Konkurs an, 1963 wurde sie aus dem Handelsregister gelöscht.

Das Stadtmuseum möchte mit seinem Projekt ein offenes Wissensportal schaffen. Aus diesem Informationspool könnten etwa Wissenschaftler schöpfen, die sich mit der Geschichte der Wohnkultur befassen, Fachleute, die Möbel restaurieren und konservieren, sowie Auktionshäuser, Gutachter und interessierte Laien.

Jennifer Kirchhoff und Philipp Hoffmann sind telefonisch unter 0221/22125577 und per E-Mail (jennifer.kirchhoff@stadt-koeln.de und philipp.hoffmann@stadt-koeln.de) zu erreichen.

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