Supasalad-ProzessStaatsanwältin fordert lebenslange Haft für Salatbar-Mord

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Supersalad Mord

Der Angeklagte Enes S. (links).

Köln – Enes A. soll lebenslang hinter Gitter. Im Prozess um die 2007 getötete Salatbarchefin Anke Schäfer (24) hat die Staatsanwältin am Donnerstag in ihrem Schlussvortrag auf Mord plädiert und eine lebenslange Freiheitsstrafe gefordert, gleichzeitig allerdings die besondere Schwere der Schuld für den Angeklagten verneint mit dem Argument: „Es war keine geplante Tat, das Geschehen ist vielmehr aus dem Ruder gelaufen.“

Als Mordmerkmal nannte die Juristin die Verdeckung einer Straftat. Kritik übte sie an der zu Beginn des Verfahrens im August  gemachten Aussage des Verteidigers,  sein Mandant wolle mit seinem Verhalten im Prozess der Familie des Opfers kein weiteres Leid zufügen.

Tatsächlich hatte die Vorgehensweise der Verteidigung mit stets neuen Beweisanträgen, Beanstandungen und Interpretationen des  Geschehens mit oft nicht nachvollziehbaren Argumenten dazu geführt, dass der  Prozess fast doppelt so lange gedauert hatte als ursprünglich geplant.

„Das grenzt schon an Verhöhnung der Angehörigen des Opfers“, merkte die Anklägerin dazu an. So hatte der Verteidiger beispielsweise die erste, belastende Aussage seines Mandanten bei der Polizei mit einem Verwertungsverbot belegen wollen, da Enes A. zu diesem Zeitpunkt übermüdet, hungrig, durstig und unkonzentriert gewesen sei. Eine Überprüfung des Vernehmungs-Prozederes hatte allerdings das Gegenteil ergeben.

Elfmal zugestochen

Anke Schäfer hatte gemeinsam mit ihrem Bruder  die Salatbar in der Getrudenstraße erst  im Frühjahr 2007 eröffnet, der Laden lief gut. Am Tatabend war die junge Frau spät  abends noch im Geschäft mit Warenabrechnungen beschäftigt, als Enes A., finanziell stets knapp wegen seiner Spielsucht, eher zufällig an dem noch offenen Ladenlokal vorbeikam und dachte, sich unentdeckt aus der Kasse bedienen zu können.

Anke S. hatte ihm spontan Geld geboten, beim Anblick des gezückten Messers allerdings lauthals zu schreien begonnen – sie litt seit ihrer Kindheit an einer Phobie vor spitzen Gegenständen. Enes A. hatte elfmal zugestochen, sein Opfer anschließend im Kühlraum abgelegt. Am Türgriff und an einer auf der Flucht hinterlassenen Zigarettenkippe war seine DNA – die acht Jahre später eher zufällig auf seine Spur nach Hamburg führte.

So lange hatte Enes A. unbemerkt ein Leben als Kleinkrimineller geführt, mit Diebstählen, Leistungserschleichungen, Betrügereien – alles Straftaten, die eine DNA-Prüfung nicht erforderlich machten.

Als er im November 2015 wegen eines Bewährungswiderrufs ins Gefängnis kam und freiwillig eine Speichelprobe abgab, hatte ein Routineabgleich auf seine Spur geführt. „Auf diesen Tag habe ich gewartet“, hatte Enes A. den Polizisten zu Beginn seiner Vernehmung erklärt, die Tat zugegeben und im Prozess dann ein völlig neues Tatgeschehen präsentiert, „das mehr Fragen aufwarf als es Antworten gab“, sagte die Anklägerin dazu.

So wollte er die Tat eher als „Unglücksfall“ verstanden wissen, keineswegs in Tötungsabsicht gehandelt haben. Er habe nicht gezielt zugestochen, sondern lediglich mit dem Messer „herumgefuchtelt“ und die Tatwaffe zu seiner Verteidigung eingesetzt. „Das ist nicht ansatzweise mit dem Ergebnis der Obduktion in Einklang zu bringen“,  sagte die Anklägerin dazu. Die Erklärungen des Angeklagten dazu nannte sie „absolut abwegig“.

Im Gutachten der Rechtsmediziner liest sich der Ablauf des Tathergangs nämlich anders: Da ist von gezielten, unabhängig voneinander platzierten Stichverletzungen die Rede.

Das Messer traf unter anderem Anke Schäfer im Gesicht, am Hals, in der Lunge, in Brust und  Herz. Enes A. habe die Tat im Zustand voller strafrechtlicher Verantwortlichkeit ausgeführt, hieß es im Plädoyer. Seine Spielsucht, die ein Sachverständiger ihm bestätigte, habe weder zu erheblichen Persönlichkeitsstörungen noch zu Entzugserscheinungen geführt. Das wären die Voraussetzungen für die Annahme eines geringeren Strafrahmens.

Der Verteidiger nannte die Ausführungen der Anklägerin „polemisch und überaus nicht angemessen“. Er blieb bei seiner Behauptung, sein Mandant habe weder einen Tötungsvorsatz gehabt noch ein Mordmerkmal verwirklicht. Wenn überhaupt, sei er wegen Totschlags zu verurteilen. Enes A. schloss sich im Schlusswort seinem Verteidiger an, ohne ein Wort der Reue oder Entschuldigung. Das Urteil soll morgen verkündet werden.

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