Tokio Hotel kommt nach Köln„Musik zu machen war die einzige Option“

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Tokio Hotel: Sänger Bill Kaulitz (2.v.r.) und sein Zwillingsbruder Tom (2.v.l.) mit ihren Bandkollegen Gustav (l.) und Georg.

Tokio Hotel: Sänger Bill Kaulitz (2.v.r.) und sein Zwillingsbruder Tom (2.v.l.) mit ihren Bandkollegen Gustav (l.) und Georg.

Köln – Es ist bereits elf Jahre her, dass Tokio Hotel wie eine Bombe eingeschlagen ist. Was war das Schönste und was war das Schlechteste daran?

Bill Kaulitz: So viel Schlechtes kann ich gar nicht daran finden. Es war wirklich extrem, weil wir gerade einmal 15 Jahre alt waren. Total abgefahren. Wie ein anderes Leben. Wie ein abgedrehter Traum. Darum ist es echt schwierig, dass in Worte zu fassen. Es war für uns alle unglaublich: Die Schule abzubrechen, um dann nur noch Musik zu machen.

Tom Kaulitz: Die Schule abzubrechen, war eigentlich das Schönste daran. (lacht)

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Bill: Ja, war es auch. Sich nicht mehr mit den Sachen rumnerven zu müssen, die man machen muss. Sondern von heute auf morgen die Möglichkeit zu bekommen, sein Leben damit zu verbringen, was man wirklich machen möchte. Und das Geilste daran ist, dass wir das jetzt, elf Jahre danach, immer noch können.

Musiker oder obdachlos

In den letzten Jahren ist es eher ruhig um euch geworden. Denkt man da nicht doch einmal darüber nach, auszusteigen und etwas komplett anderes zu machen?

Bill: Für uns hat sich die Frage nie gestellt, weil wir ehrlich gesagt gar nichts anderes können.

Tom: Wir versuchen einfach unter dem Regenschirm „Tokio Hotel“ so viele andere Sachen zu machen, wie wir können.

Bill: Genau, wir versuchen so unsere Träume zu verwirklichen. Und das mit dem „Können“ meine ich auch emotional. Das war eigentlich früher schon so, als ich noch in der Schule war und mich die Leute gefragt haben, was ich später einmal werden möchte. Da konnte ich gar nichts anderes antworten als: Musiker. Hätte das nicht geklappt damals, wäre ich heute wahrscheinlich obdachlos. Ich kann mir absolut nicht vorstellen, irgendwo einen Bürojob zu machen. Für uns stand das nie in den Karten – Musik zu machen war die einzige Option.

Tom: Wir versuchen uns dennoch immer eine Welt zu schaffen, in der wir auch andere Sachen machen können, weil wir natürlich auch andere Interessen haben als die Musik.

Rente auf einer kleinen Insel

Doch jemals einen „normalen“ Beruf auszuüben, käme nicht in Frage?

Tom: Nein, bei uns kommt nie der Gedanke auf, mal etwas ganz Normales zu machen. Das Normalste, was ich mir noch vorstellen könnte, wäre vielleicht das Porno-Geschäft. (lacht)

Bill: Das Normalste, das ich mir vorstellen könnte, wäre relativ früh in Rente zu gehen. So mit 40 Jahren auf eine kleine Insel zu ziehen, ohne jeglichen Luxus. Einfach ganz abgeschieden, ohne irgendetwas.

2017 geht ihr erst einmal auf Welttournee und kommt dabei auch in Köln vorbei. Worauf können sich die Fans freuen?

Bill: Köln ist für uns eine Historie, weil wir bisher immer dort vorbeigekommen sind. Einige Leute aus unserem Team kommen aus Zollstock – das ist für uns so das Band-Gebiet. Wir sind immer gerne in Köln und natürlich kommen wir diesmal mit neuem Material. Wir sind gerade im Studio in Los Angeles und eigentlich Tag und Nacht damit beschäftigt, unser Album fertig zu machen. Und die Tour wird auf jeden Fall wieder ein Riesenfest. Wir sind keine klassische Songwriter-Band, die vorbeikommt und nur ein bisschen Gitarre spielt. Das neue Album wird sehr elektronisch, das heißt, wir wollen eine Show machen, die die Leute nicht wieder vergessen. Es soll ein einzigartiges Erlebnis werden, das sie danach noch mit sich tragen. Das ist unser Anspruch und darum wollen wir uns auch immer noch ein bisschen selber toppen im Vergleich zur letzten Show.

Mehrere Top-Eins-Hits, unzählige Auszeichnungen, ausverkaufte Tourneen – ihr habt bereits das geschafft, wovon viele Musiker träumen. Wovon träumt ihr noch?

Bill: Wir setzen uns eigentlich jeden Tag das Ziel, nur noch Dinge zu tun, die uns persönlich glücklich machen – das ist unser Motto der nächsten Platte und allem, was wir in Zukunft tun werden. Für uns geht es gar nicht mehr darum, irgendwelche Regeln zu befolgen – vor allem nicht in der Musikindustrie. Ich habe zum Beispiel total Lust, noch mehr in die Mode einzusteigen. Denn es geht ja auch darum, seine eigenen Ziele und Wünsche zu verwirklichen. Wir wollen also als Band und privat nur noch die Sachen machen, auf die wir Bock haben und die uns Spaß machen.

Tom: Ja genau, einfach glücklich sein – und trinken.

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