„Cash Catch“-Trend auf InstagramKölner jagen versteckten Geldscheinen hinterher – Was steckt dahinter?

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Wer kommt auf die Idee, Geldscheine in der Öffentlichkeit zu verstecken? Eine Annäherung an den Instagram-Trend „Cash Catch“.

Es ist Montagnachmittag in Köln. Dunkel hängen die Wolken über den Spitzen des Doms. Schon den ganzen Tag lang regnet es mit wenigen Unterbrechungen. Es ist kalt. Wer jetzt draußen unterwegs ist, der hat einen guten Grund.

Auf einmal tauchen vor dem Café Reichard, gegenüber vom Dom, Menschen auf. Die meisten sind alleine, teilweise gehen sie zu zweit oder zu dritt. Fast alle sind jung. Jeder tastet für sich das mit Grasbüscheln bewachsene Hochbeet vor dem Café ab. Immer wieder strömen weitere Personen hinzu, die sich ebenfalls am Hochbeet zu schaffen machen. Andere wenden sich, wie es aussieht, enttäuscht ab und gehen weiter. Es ist ein kurioser Anblick.

„Cash Catch“: Instagram-Suchaktion nach Geldscheinen

Warum wühlen Kölner Jugendliche und junge Erwachsene an einem regnerischen Märztag in Hochbeeten herum? Die Antwort  findet sich auf Instagram: Seit einigen Monaten ploppen hier immer mehr anonyme Seiten auf, die den Begriff „Cash Catch“ (zu Deutsch „Geld fangen“) im Namen tragen. Zumeist ordnen sie sich einer bestimmten deutschen Stadt zu.

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Obwohl die verschiedenen Instagram-Seiten offenbar unabhängig voneinander gegründet und betrieben werden, funktionieren alle nach dem gleichen Prinzip: Eine nicht erkennbare Person filmt sich dabei, wie sie einen Geldschein in der Öffentlichkeit versteckt. Danach schwenkt sie die Kamera auf die Umgebung, dazu erscheint die Aufforderung, sich den Schein zu holen. In unregelmäßigen Abständen werden neue Beiträge veröffentlicht.

In Köln gibt es seit diesem Frühjahr sogar mehrere dieser Seiten. Die digitale Suchaktion beschert ihnen in kurzer Zeit große Aufmerksamkeit. Eine der Seiten hat in gerade einmal fünf Wochen bereits mehr als 20.000 Follower angesammelt. Die Beiträge ernten tausende Likes und hunderte Kommentare, die immer wieder um zwei Fragen kreisen: Wer steckt hinter den Accounts, und warum verschenken sie Geld auf Kölner Straßen?

Wer steckt hinter den „Cash Catch-Seiten“?

Das herauszufinden, ist nicht einfach. Die Besitzer bleiben bewusst anonym. Das gilt auch für den Betreiber einer „Cash Catch“-Seite, mit dem der „Kölner Stadt-Anzeiger“ sprechen konnte. Genauere Angaben zu seiner Person wollte der Mann, Mitte 20, nicht machen. Auch seinen Klarnamen nannte er der Redaktion nicht. Als Grund gab er an, dass er nicht wolle, dass Menschen von seinem angeblichen Reichtum wissen. Sämtliche Angaben zu seiner Person und seiner Historie können daher nicht unabhängig verifiziert werden.

Er selbst schildert, seine Geschichte und Motivation so: Auf die Idee, eine „Cash Catch“-Seite für Köln zu starten, sei er gekommen, weil er in Köln groß geworden sei und sich bis heute der Stadt eng verbunden fühle. Als die Corona-Pandemie vor vier Jahren auch Köln erfasste, habe er mit einem Freund mehrere Testzentren eröffnet und auf diese Weise eine beträchtliche Summe verdient. Als „Krisenprofiteur“ wolle er der Stadt, in der er reich geworden sei, etwas zurückgeben. Eine niederländische „Cash Catch“-Seite habe ihn dann zur Eröffnung einer eigenen Seite inspiriert.

Der anonyme Betreiber erklärt, er wolle nicht nur einzelnen Menschen eine Freude machen, sondern allgemein die Kölner dazu anregen, wieder mehr aus ihren Wohnungen zu kommen und sich zu begegnen. Die Frage, ob er den Account in Zukunft auch nutzen will, um zum Beispiel mit geschalteter Werbung Profit zu machen, verneint er. Bei Angaben zur Zukunft des Accounts bleibt er jedoch vage.

Streit um gefundene Geldscheine? Polizei sieht aktuell keine Gefahr

Ob die versteckten Geldscheine wirklich von zufälligen Kölnern gefunden werden, konnte der Kölner Stadt-Anzeiger nicht verifizieren. Mehrere Anfragen bei vermeintlichen Findern blieben letztlich unbeantwortet. In den Kommentarbereichen der Beiträge waren immer wieder derartige Zweifel erhoben worden. Bei der Suchaktion am Hochbeet gegenüber des Doms wurde der Fund per Instagram-Video dokumentiert. Auf diesem ist ein Mann zu sehen, der schließlich stolz einen 50-Euro-Schein in die Höhe reckt.

Die Reporter des „Kölner Stadt-Anzeiger“ konnten die Szene nicht selbst beobachten und auch nicht mit dem Finder sprechen. Mit einigen derer, die leer ausgingen aber schon. Einer von ihnen, Michail, ist noch Schüler. Er erzählt, dass er direkt von seiner Schule in der Nähe des Doms hergekommen ist. Doch beim Beet sei schon nichts mehr zu finden gewesen: „Es war nur fünf Minuten her, trotzdem ist der Schein schon weg.“ Auch Mirko war zu spät da: „Ich bin aktuell in Anführungsstrichen arbeitslos. Ich mache eine Umschulung und bekomme daher nur Arbeitslosengeld. Und ich denke, das Geld wäre einfach für Lebensmittel draufgegangen.“

In Köln lief die rätselhafte Suchaktion bisher friedlich und ruhig ab – theoretisch könnten aber durchaus Menschen aneinander geraten, die es auf den selben Schein abgesehen haben. Die Kölner Polizei ist sich dessen bewusst: „Sobald es in diesem Zusammenhang zu Straftaten kommen sollte, wird die Polizei Köln natürlich umgehend tätig werden.“

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