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Tweet zur BundestagswahlSprecher des Erzbistums Köln empört Twitter-Nutzer

Lesezeit 3 Minuten
Ansgar Mayer

Ans­gar­ Mayer, Me­di­en­di­rek­tor des Erz­bis­tum Köln.

Köln – Jemand wie Ansgar Mayer ist dann am erfolgreichsten, wenn er am wenigsten auffällt. 

Als Kommunikationsdirektor des Erzbistums Köln hat der promovierte Medienwissenschaftler, der vor seinem Amtsantritt 2016 lange in der Journalistenausbildung gearbeitet hat, einen doppelten Job: den Erzbischof medial positionieren und die kirchliche PR managen.

„Beitrag auf AfD-Niveau“

Beides soll professionell geschehen und geräuschlos. Zumindest um letzteres ist es geschehen, seit Mayer am Wahlabend auf Twitter einen sarkastischen Kommentar zum Abschneiden der AfD im Osten Deutschlands absetzte: „Tschechien, wie wär’s? Wir nehmen Euren Atommüll, Ihr nehmt Sachsen. #BTW17“

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Es hagelte hunderte kritische Kommentare, teils auch aufgebracht oder gar gehässig. Eine breite Spur der Empörung durchzieht rechtskatholische Plattformen im Internet. Aber auch der „Tag des Herrn“, der Verbund ostdeutscher Kirchenzeitungen, reagierte im Netz mit einer – inzwischen nicht mehr zugänglichen – wütenden Replik auf den „Beitrag auf AfD-Niveau“.

Tweet „in keinem Zusammhang“ zur Kirche

Inzwischen hat sich Mayer für seinen „sehr spitzen, privat verfassten Kommentar“ entschuldigt. Er sei „leider ähnlich missverstanden worden“ wie einst Hiob im Alten Testament, der seine Gegner fragt: „Wollt ihr mich wegen meiner Worte tadeln und merkt nicht, dass Verzweiflung aus mir spricht?“

Ausdrücklich betont Mayer, dass sein Tweet „in keinem Zusammenhang mit dem Erzbistum Köln stand und steht“. Tatsächlich hat der 45-Jährige seinen privaten Account genutzt. Wer ihm dort oder auf Facebook folgt, der kennt neben Mayers Liebe zum VfB Stuttgart seine lockere, süffisante, bisweilen schnoddrige Schreibe. „Da ist er nicht fies für“, würde der Kölner sagen. 

Warnung vor Verwechslung von dienstlich und privat

Doch als prophetische Rede wollen Mayers Kritiker ihm den Sachsen-Tweet nicht durchgehen lassen. Und erst recht nicht als private Äußerung. Schließlich macht Mayer im Netz aus Funktion und Arbeitgeber alles andere als ein Geheimnis. Genüsslich erinnert das Portal „kath.net“ daran, dass er für Verhaltensrichtlinien in der Kommunikation kirchlicher Mitarbeiter verantwortlich zeichnet. 

Diese warnen unter anderem vor der Gefahr einer Verwechslung von dienstlichen und privaten Äußerungen. „Verwenden Sie einen freundlichen und wertschätzenden Sprachstil“, empfehlen die „Social Media Guidelines“ und halten überdies fest: „Beleidigungen und abwertende Kommentare aufgrund von Geschlecht, Religion oder ethnischer Herkunft sind tabu.“

Kardinal Woelki kritisiert, steht aber auch hinter Mayer

Mayer beteuert, er habe niemanden verletzen, sondern darauf aufmerksam machen wollen, „dass wir uns nach der Wahl der AfD zur stärksten Partei in Sachsen vor einer besonderen gesellschaftlichen und politischen Herausforderung befinden“.

Eine kommunikative Herausforderung der besonderen hat er sich nun selbst beschert. Kardinal Woelki, so ist zu hören, verlangt von seinem Hauptabteilungsleiter künftig mehr Zurückhaltung der eigenen Außenkommunikation. Im Sturm aber steht er zu ihm, zumal in einer Reihe von Angriffen die Absicht erkennbar ist, in Wahrheit gar nicht Mayer zu treffen, sondern den Erzbischof selbst mit seinem dezidierten Eintreten für Migranten und Flüchtlinge. Mayer war es, der im vorigen Jahr den spektakulären Transport eines Flüchtlingskahns von Italien nach Köln mitsamt einem gewaltigen Medienecho einfädelte. 

Das Boot fungierte erst im Fronleichnamsgottesdienst als Altar und kam danach in den Dom zur mahnenden Erinnerung an Zehntausende Menschen, die auf dem Weg übers Mittelmeer ertrunken sind. Intern hat Mayer die Öffentlichkeitsarbeit des Erzbistums reorganisiert und ihr erst vor wenigen Wochen einen „Newsdesk“ verpasst, von dem aus Nachrichten und Hintergrundberichte über kirchliches Leben und kirchliche Akteure erstellt, gesteuert und in alle denkbaren Kanäle verteilt werden. Skandal-Tweets aus eigener Produktion sind im Info-Management allerdings nicht vorgesehen.   

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