Urteil im Supasalad-ProzessLebenslänglich für Mörder von Anke Schäfer

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Der Angeklagte wurde zu lebenslanger Haft verurteilt.

Köln – Kein einziges Mal blickt Enes A. an diesem letzten Verhandlungstag um den Mord an Anke Schäfer den Richtern in die Augen. Die Ellenbogen auf die Knie gestützt, die Stirn fast bis auf die Tischplatte gesenkt, sitzt der 36-Jährige auf seinem Sessel. Über eine Stunde lang. Äußerlich regungslos hört er, wie die Vorsitzende das Urteil verkündet: Lebenslänglich wegen Mordes aus Verdeckungsabsicht. Frühestens in 15 Jahren kommt A. wieder frei.

Die Kammer ist überzeugt, dass der gebürtige Türke im Juli 2007 die junge Unternehmerin in ihrer Salatbar in der Gertrudenstraße erstochen hat, weil er befürchtete, ihre Schreie hätten Zeugen alarmieren können. „Um sie zum Schweigen zu bringen, stach er wuchtvoll auf sie ein“, sagte die Vorsitzende Richterin – unter anderem ins Gesicht.

Kein „Herumfuchteln“

Sechs Einstiche und fünf Schnittverletzungen am ganzen Körper stellten Rechtsmediziner später fest. Eine Wunde war 16 Zentimeter lang. Der Angeklagte habe „zumindest billigend in Kauf genommen“, dass die 24-Jährige stirbt, hieß es in der Urteilsbegründung.

Den Ausführungen des Verteidigers, Enes A. habe nur mit dem Messer vor Anke Schäfer „herumgefuchtelt“ und ihr die Wunden beim Hochreißen der Waffe zugefügt, glaubte die Kammer nicht. „Das waren ganz massive, tiefe Stiche. Die sind nicht durch Herumfuchteln zu erklären.“

Gericht sieht keine Fehler bei der Polizei

Anders als der Anwalt erkannte das Gericht auch keine verbotenen Vernehmungsmethoden der Polizei. Der Verteidiger hatte beanstandet, die beiden Beamten der Mordkommission hätten seinem Mandanten während der mehrstündigen Befragung vor einem Jahr, in der er den Mord an der 24-Jährigen schließlich gestanden hatte, nichts zu essen hingestellt, er sei müde und unkonzentriert gewesen, habe die Belehrung nicht verstanden und auch sonst etliche Details nicht richtig aufgefasst, weil der Dolmetscher falsch und zu schnell übersetzt hätte.

Weder die Umstände der Vernehmung noch die Befragung selbst gäben „auch nur ansatzweise“ Anlass zur Beanstandung, stellte dagegen die Vorsitzende Richterin klar. Enes A. sei ordnungsgemäß belehrt worden. Er habe dreimal zur Toilette gehen dürfen, ihm sei Wasser und Kaffee angeboten worden. Essen habe er ausdrücklich abgelehnt. Auch einen  Anwalt habe er nicht gewollt, nicht mal tags darauf beim Termin vor dem Haftrichter.  Vielmehr habe A. nach seinem Geständnis „froh“  auf die Polizisten gewirkt, dass nun endlich alles vorbei wäre.

„Sie haben eine vorbereitete Lügengeschichte präsentiert“

Zu Beginn der Vernehmung hatte A. den Beamten zunächst noch eine erlogene Version aufgetischt, wonach jemand anders die Tat begangen hätte, er nur unglücklicherweise dabei gewesen sei. „Sie haben eine vorbereitete Lügengeschichte präsentiert, was höhere geistige Fähigkeiten erfordert, als die Wahrheit zu berichten“, sagte die Richterin und folgerte daraus, Enes A. sei weder durch Müdigkeit noch durch Hunger „maßgeblich beeinträchtigt“ gewesen.

Die Kammer beließ es aber nicht dabei, die Mordkommission bloß  von den Vorwürfen der Verteidigung zu entlasten, sondern fand darüber hinaus lobende Worte für die Ermittler. Sie hätten „ausgesprochen akribisch und hartnäckig“ in diesem Fall ermittelt, letztlich mit Erfolg. „Das stärkt das Vertrauen in die Polizei.“

Appell an den Angeklagten

An den Angeklagten gewandt appellierte die Richterin, er möge endlich anfangen, an sich zu arbeiten. „Sie erkennen zwar manche Dinge, setzen sie aber nicht um. Sie müssen sich fragen, warum es zu Ihrer  Spielsucht kam und wie Sie dem entgegen wirken können. Nur dann können Sie in ein normales Leben zurückfinden.“

Trotz anfänglicher Beteuerung, die Familie Schäfer schonen zu wollen, hatte A.’s Anwalt im Prozessverlauf zunehmend auf Konfrontation gesetzt. Mit einer Bewertung dieser Strategie hielt die Richterin sich zurück: „Dass die Staatsanwaltschaft die Grenze zur Verhöhnung des Opfers tangiert sieht, ist nachvollziehbar.“

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