Urteil vom Landgericht KölnObdachlosen angezündet – Lange Haftstrafen für Angeklagte

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Der Ort, an dem der Obdachlose gefunden wurde.

Köln – Im Prozess um einen zu Tode getretenen und anschließend in Brand gesteckten Obdachlosen hat das Landgericht hohe Haftstrafen verhängt.Die beiden ebenfalls der Obdachlosen-Szene angehörigen Angeklagten schickten die Richter am Dienstag für sieben Jahre und sechs Monate hinter Gitter, obwohl sie wie der Ankläger von einer verminderten Schuldfähigkeit ausgingen. 

Der Staatsanwalt hatte wegen Totschlags fünfeinhalb Jahre für die Angeklagte und sechseinhalb Jahre für ihren Lebenspartner gefordert, der 14-mal vorbestraft war. „Wir haben eine erhebliche, weit über das übliche Maß hinausgehende Brutalität bei der Tatausführung gesehen“, sagte der Richter zur Begründung. Das Paar hatte „wie beim Fußball“ immer wieder gegen den Kopf des Opfers getreten und dabei schwerste Hirn- und Gesichtsverletzungen verursacht.

Angeklagten gaben Notwehr als Motiv an

Die Angeklagten hatten als Motiv Notwehr angegeben. Angeblich habe das spätere Opfer versucht, im November 2016 die Frau im Zelt in der Nähe des Rheinufertunnels zu vergewaltigen, während der Freund im nahe gelegenen Supermarkt für Alkoholnachschub sorgte. Ein Motiv, das die Richter nach „langem Nachdenken“ für absolut unglaubwürdig hielten: „Diese Story können wir nicht glauben, es gibt keinerlei Anhaltspunkte für die Richtigkeit der Behauptung.“ Allein aus Zeitgründen sei dies nicht möglich gewesen, denn der Freund hätte jeden Moment zurückkehren können.

Das Zelt, in dem sich die vermeintliche Vergewaltigung abgespielt haben soll,  stand an einer gut frequentierten Stelle, wo auch andere Obdachlose campierten und die Hilfeschreie hätten hören können. Nach Ansicht des Gerichts also „alles andere als ein geeigneter Ort für eine Vergewaltigung“, und es sei auch noch früh am Abend gewesen. Zudem sei das Opfer – so hatte es die Obduktion ergeben – nahezu nüchtern gewesen.  „Was wirklich an jenem Abend geschehen ist, wo das Motiv liegt, das ist offen geblieben“, sagte der Richter in der Urteilsbegründung.

Auch hätten die Angeklagten sich bereits im Ermittlungsverfahren „wiederholt etwas ausgedacht, was falsch war“, so dass es mit ihrer Glaubwürdigkeit nicht zum Besten stand. So sagten beide zunächst aus, sie hätten das Opfer unmittelbar nach den vergeblich durchgeführten Reanimationsmaßnahmen mit Desinfektionsmittel überschüttet und die Leiche dann angezündet.

Paar legte den Brand sieben Stunden nach der Tat

Im Prozess stellte sich heraus, dass das Paar erst sieben Stunden später zum Tatort zurückkehrte und den Brand legte. Das belegen auch Bilder einer Überwachungskamera, auf der die Angeklagte mit blutbefleckten Schuhen zu sehen ist, als sie Zitronenschnaps kaufte. Danach hatte sich das Paar bei einem Bekannten umgezogen, sich in der Obdachlosen-Szene mit der Tat gebrüstet und erst anschließend den Brand gelegt.

Weil eine Gutachterin von eingeschränkter strafrechtlicher Verantwortung ausging, legten die Richter einen milderen Strafrahmen (zwei bis elf Jahre) zugrunde, blieben dort mit der verhängten Strafe allerdings  im oberen Bereich. Die Kammer kritisierte das späte Geständnis, „dass nicht aufrichtig und auch kein reuevolles ist“. Die Angeklagten hätten angesichts der an den Tag gelegten Gewalt  mit Tötungsvorsatz gehandelt. Allerdings: „Wie es zu so einem Gewaltexzess kommen konnte – wir wissen es nicht“, sagte der Richter abschließend.

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