Volker Beck„Kölner Klagemauer war ein antisemitisches Machwerk“

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Der Kölner Volker Beck sitzt seit 1994 für die Grünen im Bundestag. Bis zum Frühjahr war er innenpolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion.

Der Kölner Volker Beck sitzt seit 1994 für die Grünen im Bundestag. Bis zum Frühjahr war er innenpolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion.

Köln – Herr Beck, über den Erhalt von Walter Herrmanns „Klagemauer“ für die Nachwelt wird über den Tod des Aktivisten hinaus gestritten. Kann es Zweifel daran geben, dass dieses viele Jahre am Dom postierte Streit-Objekt ein Stück Stadtgeschichte ist?

Ich finde die Papptafeln als historische Relikte nicht spektakulär. Wenn man sie aufbewahren will, dann im Giftschrank mit dem Etikett „Problematisches“, aber auf keinen Fall als unschuldiges Dokument von Bürgerprotest. Das mag die Klagemauer zu Beginn gewesen sein.

Am Ende war sie ein antisemitisches Machwerk mit der Absicht, den Staat Israel zu delegitimieren. Das zu sagen, gehört zum aufrichtigen Umgang mit der Geschichte.

Es gab die Forderung, „auf den Müll statt ins Museum“. Das klingt nach bevormundendem Umgang mit der Geschichte.

Die Klagemauer ist hinreichend dokumentiert. Da stellt sich schon die Frage, ob damit historische Archive gefüllt werden müssen. Aber wenn, dann bitte nicht nur das, was in ein verklärendes historisches Bild passt.

Ich fand es schon hochproblematisch, die Tafeln zur Trauerfeier für Herrmann bei Pfarrer Franz Meurer in der Kirche aufzuhängen. Auch das war ein Stück Verharmlosung dieses antisemitischen Projektes.

Sie sehen also noch Diskussionsbedarf?

Ich sehe auf jeden Fall die Notwendigkeit, ein unreflektiertes Gedächtnis und damit Geschichtsklitterung zu verhindern.

Volker Beck über seine Bundestagskandidatur

Sie wollen wieder zur Wahl für den Bundestag antreten, müssen aber wegen der Bezirksabsprachen um einen guten Listenplatz bangen. Sie haben kein Unterstützungsvotum des Bezirks. Lässt die Partei Sie jetzt fallen?

Die Delegierten haben das Recht auf Auswahl. Ich biete an mit allem, wofür ich stehe, für ein starkes Wahlergebnis zu kämpfen. Ich habe meiner Partei über die Jahre hinweg viel zu verdanken. Sie hat mir die Möglichkeit eröffnet zu dem, was ich politisch und gesellschaftlich im Bundestag bewegen konnte.

Kandidatenlisten folgen verschiedenen Interessen. Und die Listenaufstellung ist ein völlig normaler demokratischer Vorgang. Einfach wird das für mich nicht.

Sie wollen sagen, das Ergebnis fiele ohne Sie schlechter aus?

Niemand ist unersetzlich. Ich glaube aber, wir brauchen einen personellen Mix von Erneuerung und Erfahrung.

Einer Kampfkandidatur gegen den Landesvorsitzenden Sven Lehmann, der wie Sie Kölner ist, sind Sie schon mal aus dem Weg gegangen.

Ich habe immer gesagt, im Fall seiner Kandidatur hat der Landesvorsitzende das Prä und ich unterstütze ihn. Aber ich finde auch, gerade in einer Zeit, in der von Rechts die Abwertung ganzer Bevölkerungsgruppen betrieben wird, brauchen Minderheiten einen starken Anwalt. Das ist mein Angebot an die Partei.

Dem Hass müssen wir mit einer Politik des Respekt entgegentreten, für die Gleichheit der Verschiedenen: Mit Lebensprojekten wie der Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare oder einem modernen Einwanderungsgesetz habe ich viel in die Waagschale zu werfen. Hinzu kommen meine Erfahrungen aus Koalitionsverhandlungen in NRW, in Rheinland-Pfalz und im Bund. Ich glaube, davon könnte auch die künftige Bundestagsfraktion profitieren.

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