Wechsel auf weiterführende SchuleKinder müssen lange Wege durch Köln in Kauf nehmen

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Da die Stadt auch in diesem Jahr in vielen Fällen nicht den Schulwunsch der Familien erfüllen konnte, müssen viele Kinder lange Schulwege in Kauf nehmen. (Symbolbild)

Köln – Das Chaos sei absehbar gewesen, sagt Martina Drope. „Das ist doch seit Jahren klar, dass hier Schulplätze fehlen. Überall wurde neu gebaut – nur keine Schulen.“

Martina Dropes Sohn ist einer von 159 Viertklässlern, die im kommenden Schuljahr nicht auf die Wunschschule gehen können. In seinem Fall ist die Lage besonders hart, denn er wurde gleich dreimal abgelehnt: Auf die Absage des katholischen Irmgardisgymnasiums wurden auch Erst- und Zweitwunsch bei der Anmeldung an einer städtischen Schule nicht erfüllt.

Kinder haben Schulwege von bis zu einer Dreiviertelstunde 

Familie Drope wohnt in Junkersdorf, als weiterführende Schule wurde ihrem Sohn nun das Elisabeth-von-Thüringen-Gymnasium in Sülz zugewiesen. Mit öffentlichen Verkehrsmitteln bedeutet das mindestens 45 Minuten Schulweg.

Damit ist er noch besser dran als andere, denn er hat zumindest die Aussicht, seine Schule mit dem Fahrrad erreichen zu können. Mit dem Rad kann er deutlich schneller dort sein. Trotzdem überlegt die Familie nun umzuziehen.

Den 159 Familien, denen Schulplätze zugewiesen wurden, nützt die positive Nachricht wenig, dass es der Stadt trotz fehlender Schulplätze gelang, fast alle Wünsche zu erfüllen. Beobachter hatten angesichts des Mangels mit größeren Problemen gerechnet.

Drama durch Ablehnung an Wunschschule

Doch wer das Hoffen und Bangen nach einer Anmeldung an einem Kölner Gymnasium oder einer Gesamtschule schon einmal mitgemacht hat, kann ermessen, welches Drama mit einer Ablehnung verbunden sein kann. „Wir haben erst einmal alle geweint“, sagt ein Vater aus dem Kölner Westen.

„Diese Riesenenttäuschung kann man gar nicht in Worten beschreiben“, meint eine Mutter aus Ostheim. Die meisten, die sich melden, wollen nicht, dass ihr Name in der Zeitung steht. „Wir wollen es uns nicht verscherzen. Vielleicht gibt es ja doch noch eine Chance.“

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Dass sich die Kinder von Freuden trennen müssen oder zahlreiche Besuche von Infoveranstaltungen oder Offenen Türen umsonst waren, ist das ein. Die Aussicht auf einen sehr langen Schulweg ist auf Dauer ein noch größeres Problem. Bezirksregierung und Stadt haben den Begriff „Wohnortnähe“ offenbar recht großzügig interpretiert. Nach Informationen des Kölner Stadt-Anzeiger sind mehrere Kinder aus Junkersdorf nach Rodenkirchen geschickt worden.

Ablehnungen auch an Realschulen

Auch bei einzelnen Realschulen hat es mehrere Ablehnungen gegeben: Kindern aus Ostheim wurden nach Porz-Zündorf geschickt. In diesen Fällen können die Familien locker eine Stunde für den einfachen Weg mit Bus und Bahn einplanen. Dagegen ist der Weg von Neuehrenfeld nach Deutz oder von Widdersdorf zur Kreuzgasse in der Innenstadt, den nun einige vor sich haben, mit rund 35 Minuten Bus- und Bahnfahrt noch einigermaßen erträglich.

Doch gerade in Widdersdorf werden die Versäumnisse der Stadt besonders deutlich: „Hier ist ein Riesenneubaugebiet entstanden, seit Jahren weiß man, was passiert“, sagt Mutter Simone Peters wütend. Sie berichtet von einem ebenfalls betroffenen Mitschülern ihres Sohnes, der nun von Widdersdorf nach Mülheim soll.

Rettung der Friedensschule sorgt auch für Frust

Die aktuelle Debatte um die private Friedensschule sorgt für zusätzlichen Frust: „Die wurde in Windeseile gerettet und für uns tut man nichts.“ Wenn die Stadt nun das Gebäude der Privatschule übernehme, könne sie doch auch schon in diesem Jahr dort ein öffentliches Gymnasium starten lassen. „Schickt ein paar Lehrer her. Warum soll es erst 2018 losgehen?“

Einige Eltern wollen es nicht bei einem Widerspruch bei der zuständigen Bezirksregierung belassen und Rechtsanwälte einschalten. Ihre Chancen sind jedoch gering. Die gesetzliche Grundlage, auf die sich Bezirksregierung beruft, ist die so genannte „Schülerfahrtkostenverordnung“. Sie beschreibt, was zumutbar ist und was nicht. Obwohl vor allem für ländliche Regionen gemacht, gilt sie auch für die Städte in NRW: Demnach sein ein 90 Minuten langer Schulweg zumutbar.

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