Zettel im BriefkastenDiskussion um Einladungen für Kölner Nachbarschafts-Netzwerk

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Altbau-Zeilen im Agnesviertel.

Altbau-Zeilen im Agnesviertel.

  • Viele Kölner haben in den vergangenen Tagen und Wochen Einladungen für ein Nachbarschafts-Netzwerk im Briefkasten gefunden.
  • Hinter der Plattform nebenan.koeln verbirgt sich ein Berliner Start-up.

Köln – „Hallo liebe Nachbarn!“ - Viele Kölner wunderten sich in den vergangenen Tagen über einen Zettel im Briefkasten. Menschen aus der Nachbarschaft (die nur mit Vornamen genannt werden) rufen damit scheinbar dazu auf, sich auf einer Seite im Internet zu vernetzen und auszutauschen.

Dafür hätten sie auf der Nachbarschaftsplattform nebenan.koeln eine Nachbarschaftsgruppe für das Veedel eingerichtet.

In Nippes machen Gruppeneinladungen für das „Floraviertel“, den „Leipziger Platz“ und das „Sechzigviertel“ die Runde. Auch in der Südstadt, in Ehrenfeld und im Agnesviertel haben Anwohner Flyer erhalten.

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Ausschnitt eines Flyers, wie in Anwohner in Nippes im Briefkasten hatten.

Auf Facebook, wo sich viele Nachbarn bereits in Veedelsgruppen organisiert haben, wird über die Zettel diskutiert. „Ist das Fake?“, fragt eine Nutzerin irritiert. „Fand ich merkwürdig“ und „Ich mache mir auch so meine Gedanken“, schreiben andere.

„Ich denke, dass es so ein «persönliche-Datenfänger-Ding» ist“, mutmaßt eine Nippeserin. Mehrere Facebook-Nutzer vermuten eine Aktion zum Sammeln von Daten oder Adressen und empfehlen:  „Wegwerfen“, „Bloß keine Daten hinterlegen“.  „Vielleicht ist es aber auch ganz harmlos“, schreibt jemand anders.

Was hinter den Nachbarschafts-Zetteln steckt

Die Zettel sind eine Marketing-Aktion eines Berliner Start-ups, der Good Hood GmbH. Gründer Christian Vollmann kam vor zwei Jahren die Idee für ein Nachbarschaftsnetzwerk, als er nach einem Umzug mit seiner Familie die anonyme Nachbarschaft besser kennenlernen wollte. Er rief ein kleines Online-Forum für seine Straße ins Leben. Mit nebenan.de wollen er und sein Team nun die Nachbarschaften in ganz Deutschland vernetzen.

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Die Team hinter nebenan.de: Till Behnke, Ina Brunk und Christian Vollmann (v.l.)

„Unsere Motivation, nebenan.de zu gründen, ist der heutzutage häufig stiefmütterliche Umgang mit der eigenen Nachbarschaft“, erklären die Macher auf ihrer Internetseite. „Starke und lebendige Nachbarschaften wirken im Kleinen und für jeden Einzelnen. Sie verbessern unsere Lebensqualität dort, wo wir die meiste und wichtigste Zeit verbringen.“

Das amerikanische Pendant nextdoor.com hat sich in den USA bereits erfolgreich als Facebook-Alternative für die Nachbarschaft etabliert.

So funktioniert das Netzwerk

Wer bei nebenan.de mitmachen will, muss sich mit Name und Adresse registrieren. Mit verschiedenen Schritten und Methoden soll sichergestellt werden, dass tatsächlich nur Nachbarn im eigenen Veedels-Netzwerk mitmischen. Dazu finden sich auf den an viele Kölner Haushalte verteilten Zetteln sogenannte Zugangscodes.

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Das Logo vom nebenan.de.

Die persönlichen Daten seien sicher und würden niemals weitergegeben, verspricht nebenan.de. Die Anmeldung und Nutzung sei für Privatpersonen kostenlos und solle dies auch bleiben. Damit das Start-up langfristig Geld verdient, seien kostenpflichtige Profile für kleine Geschäfte in der Nachbarschaft geplant.

Enttäuschte Kölner Anwohner

Werbe-Aktionen wie derzeit in Köln, gab es für nebenan.de schon in vielen deutschen Städten. Unter anderem in Berlin, Hamburg, Frankfurt, Leipzig, Nürnberg, Mainz und Düsseldorf ist das Start-up bereits aktiv. 

„Schade, fand es ganz nett“, schreibt eine Nutzerin auf Facebook, nachdem ihre Nachbarn davon erzählten, was hinter dem Zettel im Briefkasten steckt.

Auch andere Kölner zeigen sich enttäuscht. Die Werbeaktion wirke unseriös, weil auf den Zetteln eine persönliche Empfehlung von Nachbarn vorgegaukelt werde, beschwert sich jemand aus Nippes. Er habe einen Zettel mit Zugangscode für die Schillplatz-Nachbarschaft erhalten, obwohl er dort gar nicht wohne.

„Auf mich macht dieses Schreiben keinen vertrauenswürdigen Eindruck, zumal ich dann doch etwas mehr Infos zu den genannten Personen erwarte, wenn sie so ein Schreiben in die Briefkästen schmeißen“, beklagt eine Anwohnerin des Agnesviertels. Das Start-up und die Nachbarn, die sich als Markenbotschafter für die Firma einsetzen, hätten sich ruhig  zu erkennen geben können, kritisieren auch viele andere.

„Ich finde es nicht verwerflich, wenn sich da ein paar Nachbarn als «Marken-Botschafter» betätigen“, schreibt dagegen ein Facebook-Nutzer. Auch andere sehen in dem Netzwerk ein „tolles Prinzip zur Nachbarschaftshilfe“. Eine Nutzerin kommentiert: „Kann ja jeder für sich selbst entscheiden, wenn man sich die Seiten mal anschaut."

Oder eben die Macher selbst: Im Colabor in Köln-Ehrenfeld stellt sich nebenan.de bei einem Meet-up zum Thema Nachbarschaft vor. 

„Colabor Community Meetup - Nachbarschaft Edition“ am 28. April um 19 Uhr, Vogelsangerstraße 187, 50825 Köln.

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