Künstlerische Sicht des Kosmos

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Haupteingang der Villa Zanders

Haupteingang der Villa Zanders

Unser Wochenendtipp für Unternehmungen in der Region: Die Ausstellung von Brigitte Burgmer in der Villa Zanders. Um Mensch, Natur und menschliche Eingriffe in die Umwelt drehen sich ihre Werke.

Bergisch Gladbach - „Es geht darum, wie der Mensch Einfluss nimmt“, sagt Brigitte Burgmer. „Er spielt sich als Werkmeister auf.“ Dafür steht der Titel der Ausstellung: „Demiurg“. Das Wort kommt aus dem Altgriechischen und bezeichnet den Weltschöpfer. Dass heute der Mensch immer mehr die Rolle eines Weltbaumeisters übernimmt, etwa in der Gentechnik, hält die Künstlerin für „bedrückend“: „Ich beziehe dazu Position, weil ich seit Jahrzehnten Material gesammelt habe.“

Im Mittelpunkt der Werkschau in der Villa Zanders steht ein „Thron“, dessen Rücken- und Seitenteile ausgeklappt werden, so dass sie auf einer Ebene mit der Sitzfläche liegen: Dadurch ergibt sich eine Kreuzform, die aber nach Aussagen von Burgmer mit dem christlichen Symbol nichts zu tun hat. Über vier Jahre hat die Künstlerin daran gearbeitet, 185 Quellen studiert, was sie durch zahlreiche Skizzen dokumentiert hat: Das Ergebnis ist eine künstlerische Sicht des Kosmos - Erde und Weltall in Burgmers Perspektive. In das Werk eingegangen sind viele kleinteilige Abbildungen, die Künstlerin hat insgesamt 146 Kacheln in Fayencemalerei gestaltet. Sie zeigen Mineralien, Pflanzen und Tiere, das Leben im Meer und den Erdboden, das menschliche Erbgut und unser Sonnensystem. In „dokumentarischer Arbeit“ hat Burgmer die Einzelbilder zusammengetragen, Mikroskop-Aufnahmen ebenso verwendet wie Fotos aus dem Weltraum. Der „Thron“ stellt den Menschen in den Kontext der Natur - die er heute immer mehr zu manipulieren versucht.

Wie das geschieht, zeigt die Künstlerin gleich im Nebenraum, in dem eine Reihe von Zeichnungen versammelt sind. Eine heißt „Regelung für die Patentierung von Innovationen auf dem Gebiet der belebten Natur“ und zitiert einen Gesetzentwurf des Bundesjustizministeriums, eine andere trägt den Titel „Mikroben ohne Aufsicht“. Darin ist ebenfalls ein Zitat zu lesen: „Nukleare Anlagen und spaltbares Material unterliegen weltweit akribischer Überwachung. Für biologische Labore und gefährliche Infektionserreger hingegen gilt nicht einmal eine Deklarationspflicht.“ Burgmer erklärt dazu, sie sei „als Mensch total betroffen“. Große Gefahren sieht sie auch in gentechnisch veränderten Lebensmitteln.

Wohin eine ungebremste Naturwissenschaft führen kann, demonstrieren mehrere Tonplastiken besonders drastisch: Sie sind Köpfe von geklonten Menschen. Die Künstlerin hat einen jeden als „Erfindung“ betitelt und mit einer Nummer versehen - sie alle sind zur Patentierung angemeldet. Wobei die Gesichter der Klonköpfe oberflächlich-glücklich blicken, der Betrachter kann sich in Aldous Huxleys Sciencefiction-Roman „Schöne neue Welt“ versetzt fühlen. Er steht vor „synthetischen Menschen“, die ihrer Individualität beraubt und nicht einmal eindeutig als Mann oder Frau zu identifizieren sind.

Ob Tonskulptur oder Zeichnung mit Kugelschreiber und Farbstift, ob Fayencemalerei oder Tuschezeichnung - Burgmer nutzt eine große Bandbreite von Arbeitstechniken. Obwohl sie mit Hologrammen früher Furore machte, spielen die dreidimensionalen Bilder in ihrem aktuellen Schaffen keine besondere Rolle. In der Villa Zanders, die vor allem Arbeiten aus den letzten zehn Jahren präsentiert, sind dennoch zwei ältere Hologramm-Objekte zu sehen, da sie sich thematisch in den Zusammenhang der Ausstellung einfügen. Eines heißt „Denkmal für die Materie“ - und stellt die „Ingredienzien des Kosmos“ dar: So sieht es Burgmer vor dem Hintergrund ihrer aktuellen Arbeit. 1986, als sie das Objekt gestaltete, lag ihr ein solcher Gedanke noch fern. Mit den Arbeiten von Brigitte Burgmer setzt die Villa Zanders ihre Reihe „Ortstermin“ fort, in der sie Künstler aus der Region vorstellt. Burgmer ist dafür nicht nur als gebürtige Gladbacherin prädestiniert.

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