Choreografie in der Bonner OperB.Dance lassen Lampen tanzen, ohne dabei Energie zu sparen

Lesezeit 3 Minuten
Die Tanzgruppe B.Dance aus Taiwan tanzte eine Stunde lang in fluffigen Petticoats.

Die Tanzgruppe B.Dance aus Taiwan tanzte eine Stunde lang in fluffigen Petticoats.

Die Tanzgruppe brachte mit der Choreografie „Floating Flowers“ das traditionelle, religiöse Geisterfest aus Taiwan nach Bonn.

Wann ziehen sie endlich diese Petticoats aus? Die acht Tänzerinnen und Tänzer der Gruppe B.Dance aus Taiwan stecken eine Stunde lang in den fluffigen weißen Dingern, aus denen unten die bloßen Füße herausschauen. Oben wachsen aus dem glockenförmigen Tüll die wendigen Oberkörper mit nackter Haut oder hautfarbenen Trikots heraus. Diese optisch radikale Zweiteilung in der Choreografie „Floating Flowers“ von Po-Cheng Tsai, die am Dienstag (23. Januar) in der Bonner Oper gastierte, ermüdete das Auge auf die Dauer.

Immerhin geraten dieses „Blumen“ gegen Ende in eine Art Raserei, werden immer schneller mit ihren Armen und Händen, die ganze Geschichten in Sekunden zu packen scheinen, dass es knistert; auch treten einzelne aus der Gruppe hervor und machen kurz ihr eigenes virtuoses Ding, das tausend scharfkantige Ecken in einen Fluss, nein: Wasserfall bringt.

Sie hören auch nicht auf, wenn es eigentlich zu Ende scheint. Man ahnt, dass es nun ein Kampf gegen die Erschöpfung ist, nie müde auszusehen, weiterhin schnell und präzise zu tanzen. Den Oberkörper zu beugen und aufzurichten, die Arme immer wach, die Köpfe sowieso. Damit ernten sie schließlich den Jubelapplaus.

Die Röcke in „Floating Flowers“ erinnern an das romantische Ballett

Dem Choreografen kann man bei dem Stück, das Ende 2015 Premiere hatte, die Konsequenz zugutehalten. Die Röcke bleiben an und wechseln nicht die Farbe. Je nach Beleuchtung strahlen sie zuweilen wie von innen heraus in Extrem-Weiß; die Menschen darin verschatten. Meistens aber baumeln sie normal-weiß an ihnen, vom Schicksal angegurtet, hängen unbewegt oder wippen nach rechts, nach links oder auf und ab bei kleinen Hüpfern, nach vorn beim Rucken mit dem Becken.

Die Rücke der Tanzgruppe sollten Lampions darstellen, die auch bei einer buddhistischen Zeremonie in Taiwan zu sehen sind.

Die Rücke der Tanzgruppe sollten Lampions darstellen, die auch bei einer buddhistischen Zeremonie in Taiwan zu sehen sind.

Laut Programmzettel stellen sie Lampions dar. In einer traditionellen buddhistischen Zeremonie beim Geisterfest in Taiwan werden diese auf Wasser gesetzt, dann „floaten“ sie, mit guten Wünschen und Grüßen an Verstorbene beschrieben. Die Tanzgrüße hier erwähnen Folgsamkeit und Rebelliönchen.

Zur Bravheit gehören die vor dem Brustkorb gekreuzten Handgelenke, manchmal schweben sie über die Köpfe. Dort oben prangen auch zuweilen Ovale. So erinnert Po-Chen Tsai an das romantische Ballett, das den Frauen ähnliche Röcke anzog und Frauen Geister darstellen ließ.

Elektronische Musik mit Cello-Anklängen gibt den Takt für den Gleichschritt vor

Nun verzwirbelt er solche Figuren, von Männern und Frauen gleichermaßen getanzt, mit breitbeinig wehrhaften Kampfkunstpositionen, chinesischem Tanz, mit blütenweichen Fingern und modernem Einfallsreichtum samt Purzelbäumen und Rückbeugen.

Köpfe wackeln, Finger kribbeln, Hände schütteln; bis vors Kinn oder über den Kopf angehoben, legen die Röcke immer mal die Beine und Unterkörper frei. Statt lustig wirkt manches kindisch. Oder flackern die Lampions?

Die elektronische Musik von Min-Chieh Li mit Cello-Anklängen treibt die Tänzer mit ihrem Takt an. Weitermachen, immer weiter im Gleichschritt. Das auf eine quer gespannte, leider faltige Leinwand projizierte Video von Meng-Hsueh Ho lässt Formen strömen und blubbern. Licht ähnliches, wie von unter Wasser gesehen, Rundes, Eckiges, Weißes, Goldenes. Die „Floating Flowers“ ringen mit dem Blumenhaften, dem Schönen. Sie kennen auch Dornen und Schrumpeln. Das ehrt sie.


In der Reihe „Highlights des Internationalen Tanzes“ in der Oper Bonn folgt am 17. und 18. Februar die Company Acosta Danza aus Havanna. Ihr „Cuban Eclectico“ besteht aus fünf Stücken, drei davon schufen kubanische Choreografinnen und Choreografen.

KStA abonnieren