Verleihung des Grimme-PreisesZuversicht in schwierigen Zeiten

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Moderatorin Siham El-Maimouni steht bei der 60. Grimme-Preisverleihung im Theater Marl auf der Bühne.

Moderatorin Siham El-Maimouni steht bei der 60. Grimme-Preisverleihung im Theater Marl auf der Bühne.

Die Stimmung bei der Verleihung des 60. Grimme-Preises war gut, aber die Sorge um die Zukunft des Instituts bleibt.

Grund zur Freude gab es am Freitagabend bei der Verleihung des Grimme-Preises reichlich: Zum 60. Mal wurde die renommierte Ehrung übergeben, zum ersten Mal wurden mehr Frauen als Männer geehrt und die Diversität, Qualität und Relevanz der ausgezeichneten Produktionen machte deutlich, dass deutsches Fernsehen viel besser als sein oft zweifelhafter Ruf ist.

Einen großen Anteil an der gelungenen Gala im Marler Theater hatte Moderatorin Siham El-Maimouni, die gut gelaunt und gut vorbereitet die Preisträgerinnen und Preisträger interviewte, und durch ihre lockere, unverkrampfte Art dafür sorgte, dass die zweistündige Verleihung erstaunlich kurzweilig war.

Moderation Siham El-Maimouni war auch Preisträgerin

Und über einen Grimme-Preis durfte sich die 39-Jährige sogar selbst freuen, sie wurde in der Kategorie Kinder und Jugend für eine „Sendung mit der Maus“-Spezialfolge aus Marokko, dem Heimatland ihrer Eltern, ausgezeichnet. Dafür gab sie die Rolle der Moderation kurz an Sarah Bosetti ab. Die Satirikerin hatte vorher einen Preis für ihre Late Night Show erhalten.

In der Kategorie Unterhaltung, in der Bosetti geeehrt wurde, hatte die Jury ansonsten nur noch ein anderes Format überzeugt. Anna Dushime wurde für die Pilotfolge der Talkshow „Der letzte Drink mit Anna Dushime“ im rbb ausgezeichnet. Darin hatte die schwarze Journalistin Roberte Blanco interviewt. Ob es für die Show weitergeht, wusste sie aber noch nicht und zitierte die Schauspielerin Viola Davis, die einst sagte, schwarzen Menschen fehle es nicht an Talent, sondern an Gelegenheiten, ihres zu zeigen. 

Rassismus war ein Thema, das auch in anderen Produktionen eine wichtige Rolle spielte, etwa in der Disney+-Serie „Sam - Ein Sachse“ über einen schwarzen Polizisten in der DDR. Auch die dreiteilige Dokumentarfilmreihe „Einzeltäter“ über die Hinterbliebenen der Opfer der Anschläge von Halle, Frankfurt und Hanau macht deutlich, wie tief Rassismus in unserer Gesellschaft verwurzelt ist. 

Als „überaus wertvollen Beitrag zur Me-Too-Debatte“ lobte die Jury den Film „Nichts, was uns passiert“ (WDR), der ebenfalls einen Grimme-Preis bekam. Darin geht es um den Vorwurf der Vergewaltigung nach einer Party, der Film verzichtet bewusst darauf, die Tat zu zeigen. 

Peter Wenzel folgt als Interimsgeschäftsführer auf Frauke Gerlach

Die Stimmung war auch bei der anschließenden Party im Grimme-Institut sehr gut, dennoch war ein Thema des Abends in vielen Gesprächen die unsichere Zukunft des Instituts. Direktorin Frauke Gerlach, die ihr Amt im Mai nach zehn Jahren abgibt, war aus gesundheitlichen Gründen nicht anwesend. Sie hinterlässt das Haus in stürmischen Zeiten.

Das Institut ist in eine finanzielle Schieflage geraten und noch ist nicht klar, wie es wieder auf ein solides Fundament gestellt werden kann. Bei einem Etat von rund drei Millionen Euro fehlten im vergangenen Jahr 320.000 Euro, die das Land NRW ausglich. Das Land trägt mit 80 Prozent den Großteil des Jahresetats. Auch in diesem Jahr droht ein Defizit.

Kurz vor der Preisverleihung war bekannt geworden, dass Peter Wenzel die kommissarische Geschäftsführung des Grimme-Instituts am 1. Mai übernimmt. Diese Funktion übt er ehrenamtlich aus, zusätzlich zu seinen sonstigen Verpflichtungen. Der SPD-Politiker Wenzel ist Dezernent Kinder, Jugend, Familie und Soziales der Stadt Datteln. Bis 2018 war er Geschäftsführer des Kita-Zweckverbandes im Bistum Essen und davor in verschiedenen Positionen im Diözesan-Caritasverband tätig. „Mit mir als kommissarischer Leitung, werden wir die Konsolidierung des Haushalts auch für die kommenden Jahre fortführen“, so Wenzel.

Durch die finanziellen Schwierigkeiten ist unter anderem der Grimme Online Award, der in den vergangenen Jahren in der Kölner Flora verliehen wurde, in Gefahr. Rein haushalterisch sei der Award in diesem Jahr aktuell nicht möglich, sagte Wenzel der dpa. Er werde aber trotzdem nach neuen Möglichkeiten und Chancen suchen. Auch aus dem Institut ist zu hören, dass alles getan werden soll, um zu verhindern, dass der Preis ausfällt. Während der eine Preis gefeiert wurde, ist die Zukunft des anderen also ungewiss. 

Aber gute Nachrichten gab es auch. Bei der Verleihung gab Annegret Kramp-Karrenbauer, Präsidentin des Deutschen Volkshochschul-Verbandes, bekannt, dass dieser für das Jahr 2025 finanzielle Mittel in Höhe von 100.000 Euro für das Grimme-Institut in Marl bereitstellen wird.

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