„Tatort“-KritikGeschmacklos und ohne politisches Taktgefühl

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  • Die Geschichte nutzt Vorurteile, reflektiert diese aber nicht angemessen.
  • Einige Szenen sind zudem wenig glaubhaft und zum Teil sogar recht unangebracht.

Der Fall

Aufruhr im Elite-Internat:  Die Schülerin Ava Fleury (Ella Rumpf) wird in einer rabenschwarzen Nacht auf der Straße in der Nähe von Luzern von einem LKW erfasst und am Morgen danach tot aufgefunden. Die Kommissare Flückiger (Stefan Gubser) und Ritschard (Delia Mayer) finden den verantwortlichen Fahrer schnell. Er gesteht die Tat und alles scheint klar zu sein.

Aber dann stellt sich bei der Autopsie heraus, dass Ava zum Zeitpunkt des Unfalls bereits tot war. Bei den Ermittlungen im Internat trifft man auf die verwöhnten Sprösslinge der internationalen politischen und wirtschaftlichen Elite. Die Verdächtigen sind Avas Ex-Freund Tom, ein Kokainabhängiger und Dealer, und der künstlerisch sehr begabte Fahd Al-Numi, Sohn eines arabischen Emirs. Er versteckt sich aber während der Ermittlungen bei seinem größeren Bruder Ali (Nadim Jarrar) in dessen Hotelsuite. In der Zwischenzeit sinnt Avas Vater auf Rache und überwacht die Ermittlungen der beiden Kommissare.

Die Lösung

Avas Ex-Freund Tom war es dann doch nicht. Stattdessen ist schnell klar, dass Fahd Ava in einem Eifersuchtsanfall umgebracht hat. Er entwischt  den Kommissaren aber, weil er sich hinter der Immunität seines größeren Bruders Ali verstecken kann und die Bundespolizei diplomatische Verwicklungen fürchtet. Avas Vater dringt anschließend in Fahds Hotelzimmer ein und will ihn erschießen. Allerdings ist er dann doch nicht fähig, Fahd kaltblütig umzubringen, entlockt ihm aber mit vorgehaltener Waffe ein Geständnis, das Flückiger mitanhört. Dieses kann als Beweis jedoch nicht verwendet werden, da es unter Druck gemacht wurde. Der wahre Mörder von Ava wird also nicht dingfest gemacht und entgeht seiner gerechten Strafe.

Die Ermittler

Das Ermittlerduo aus Luzern macht grundsätzlich einen sympathischen Eindruck. Kommissarin Liz Ritschard überzeugt mit ihrer ruhigen und korrekten Art. Ihr Partner Reto Flückiger gibt den harten Macho mit weichem Kern. Seine Affäre mit einer Prominenten, deren Identität nicht aufgedeckt wird, macht allerdings kaum neugierig. Das liegt wohl auch daran, dass man mit dem distanzierten und unpersönlichen Kommissar nicht wirklich warm wird.

Spurensicherin Corinna Haas (Fabienne Hadorn) fängt währenddessen eine Affäre mit einem weitaus jüngeren Praktikanten an. Das soll pikant sein, entlockt aber nur ein Achselzucken.

Fazit

Der zehnte „Tatort“ aus Luzern behandelt ein schwieriges und unangenehmes Thema. Es geht um die Gleichheit vor dem Gesetz, die hier nicht mehr für alle zu gelten scheint. Doch das Thema wird auf besorgniserregende Weise behandelt: Das Bild des privilegierten Sohns eines Potentaten, der mit seinem Mord aufgrund eines zahnlosen Justizsystems ungeschoren davon kommt, beinhaltet bereits viel politischen Sprengstoff.

Dass es dabei auch noch um einen Araber geht, beweist im Licht der Silvesternacht in Köln und der allgemeinen Flüchtlingsdebatte nicht gerade viel politisches Taktgefühl. Da hat man streckenweise dann doch das Gefühl, dass sich die Drehbuchautoren Lorenz Langenegger und Stefan Brunner einfach Vorurteile zunutze machen, diese aber nicht angemessen reflektieren. Das wäre aber bei solchen Stereotypen dringend notwendig. Auch wenn man fairerweise sagen muss, dass „Kleine Prinzen“ bereits im Sommer 2015 gedreht wurde.

Einige Szenen sind zudem wenig glaubhaft und zum Teil sogar recht unangebracht. Dass Ali Al-Numi ausgerechnet von einer Fifa-Konferenz kommt, um seinem Bruder Fahd bei seiner drohenden Verhaftung beizustehen, ist im besten Fall albern. Die Gemeinheit von Ali ist damit nämlich schon ins Lächerliche gesteigert -  er lässt sich jetzt auch noch mit der korrupten Fifa ein.

Es scheint darüber hinaus aber auch so, als wollte man dem Zuschauer das Bild „Arabisch, korrupt, arrogant und Verhandlungspartner der Fifa“ geradezu einhämmern. Selbst wenn das ein Scherz sein sollte, ist diese Szene geschmacklos. Bei dem Versuch gesellschaftspolitisch relevant zu sein, schießt dieser „Tatort“ jedenfalls meilenweit über das Ziel hinaus.

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