Doku zu „Panama Papers“ARD-Reporter eröffnet Briefkastenfirma mit wenigen Klicks

Lesezeit 3 Minuten
Panama Doku 050416

Mit wenigen Klicks zur Briefkastenfirma: ARD-Reporter Christoph Lütgert im Selbstversuch.

  • Die ARD hat am Montagabend eine Dokumentation zum Recherche-Coup um die „Panama-Papers“ gezeigt.
  • Viele Anfragen des Reporters in Panama wurden abgelehnt, Fragen nicht beantwortet, Interviews abgebrochen.
  • ARD-Reporter Christoph Lütgert hat gezeigt, wie mit wenigen Klicks eine Briefkastenfirma in dem zentralamerikanischen Land angelegt werden kann.
  • Inhaltlich konnte die Doku am Ende aber keine neuen Antworten liefern.

Berlin – Deutlich wurde am Ende der etwa einstündigen Dokumentation „PanamaPapers – Im Schattenreich der Offshorefirmen“ am Montagabend in der ARD vor allen Dingen eines: Keiner, der namentlich in den 11,5 Millionen Dokumenten der Panama Papers auftaucht, will sich dazu äußern. Egal, wo Reporter Christoph Lütgert mit seinen Kollegen hinfuhr: Anfragen in Panama wurden abgelehnt, Fragenkataloge in Russland nicht beantwortet, Interviews in Island abgebrochen.

Jürgen Mossack, Gründer der Kanzlei die im Zentrum der Veröffentlichungen steht, etwa versteckte sich in seinem Haus hinter hohen Mauern mit Stacheldraht und schickte an einem Tag einen Sicherheitsmann zur Absage vor die Tür, an einem anderen Tag seinen Pressesprecher. Der überreichte den etwa 25 wartenden Journalisten aus aller Welt lediglich eine schriftliche Erklärung, in der die Kanzlei verlauten ließ, sie habe keine illegalen Geschäfte gemacht, betreibe keine Geldwäsche und würde sich von Klienten trennen, sofern sich herausstelle, dass diese an krummen Dingen beteiligt seien. Soweit, so bekannt.

Panama

Panama: Standort der Kanzlei "Mossack Fonseca" und vieler der von ihr gegründeten und verwalteten Briefkastenfirmen.

Allerdings betreute die Kanzlei den geleakten Unterlagen zufolge wissentlich neben Politikern, Sportlern, Prominenten und Banken auch zwielichtige Klienten von der italienischen Mafia und lateinamerikanische Drogenbarone wie Rafael Caro Quintero aus Mexiko, der inzwischen zu 40 Jahren Gefängnis verurteilt wurde: In einer E-Mail schrieb Mossack: „Pablo Escobar war ein Baby im Vergleich zu Rafael Caro Quintero. Ich möchte nicht zu denen gehören, die von ihm aufgesucht werden, wenn er aus dem Gefängnis kommt.“

Recht versus Moral

Dass einer seiner Bekannten den Unternehmer Mossack in der Dokumentation als hervorragenden Anwalt bezeichnet, der in Panama legale Geschäfte abwickele wie jeder Andere auch, macht es nicht besser und zeigt einmal mehr die Problematik: Denn auch wenn die Konstruktion, der Verkauf und die Betreuung von mehr als 214.000 Briefkastenfirmen durch die Kanzlei Mossack Fonseca vielleicht nicht illegal war, so war sie wie sich mehr und mehr andeutet, in vielen Fällen zumindest höchst unmoralisch.

Wie etwa auch im Fall des israelischen Milliadärs Benjamin Steinmetz, der sich zunächst über einen Strohmann an die vierte Frau des Diktators von Guinea wandte und ihr anschließend über zwei Briefkastenfirmen einige Millionen zukommen ließ, damit sie ihren Gatten überredete, Steinmetz die Abbaurechte für das weltweit größte noch unerschlossene Eisenerzgebiet zu schenken. Wenige Monate später verkaufte Steinmetz die Rechte nach Brasilien: Für 2,5 Milliarden Euro. Guinea, eines der ärmsten Länder der Welt, verlor somit wertvolle Bodenschätze und erhielt im Gegenzug dafür nichts. Inzwischen hat die Regierung die Abbaurechte entzogen, ein internationales Gericht verhandelt die Sache. Und Steinmetz? Der macht, was alle anderen auch machen: Er äußert sich nicht und leugnet ein Fehlverhalten.

Erfolgreicher Selbstversuch

Was der Dokumentation gut gelingt, ist es, den zahlreichen Meldungen und Berichten seit dem vergangenen Wochenende, einen Überblick mit passenden Bildern und Beispielen zu liefern. Durch den Selbstversuch Lüttgers, mit wenigen Klicks eine Briefkastenfirma in Panama anzulegen und diese sogar anschließend zu besuchen, kann sich der Zuschauer besser vorstellen, was die Firmen eigentlich sind: Konstrukte in leeren Räumen, häufig nicht mal mehr mit einem Briefkasten. Ebenfalls wird deutlich, von welchen Leuten sie genutzt werden und welche Motive dahinterstecken können.

Und so scheint der einem Medienunternehmen bisher größte anonym zugespielte Datensatz bisher zwar viele Dinge aufzudecken, die sonst vermutlich nicht ans Licht gekommen wären. Was der Film dem interessierten Zuschauer hingegen nicht liefern kann, sind neue Antworten. Dafür müssten entweder noch weit umfassendere Informationen und Beweise offengelegt werden, oder aber die Profiteure der Dienstleistungen von Mossack Fonseca sprechen.

KStA abonnieren