Schwarzer bei „Maischberger“„Der Islamismus ist der Faschismus unserer Zeit“

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Alice Schwarzer

  • „Mann, Muslim, Macho: Was hat das mit dem Islam zu tun?“, fragte Sandra Maischberger.
  • Zu Gast waren Alice Schwarzer, Grünen-Chefin Simone Peter, Ex-ARD-Korrespondent Samuel Schirmbeck, Ditib-Vorstand Murat Kayman und der ehemalige Salafist Dominic Musa Schmitz.

Nachdem am vergangenen Wochenende erstmalig Videomaterial von den sexuellen Übergriffen aus der Silvesternacht in Köln veröffentlicht wurde, wird erneut die Täterfrage erörtert. Über 1170 Anzeigen sind eingegangen.

Richtigstellung

In diesem Artikel wurde Alice Schwarzer zwischenzeitlich mit den Worten „Der Islam ist der Faschismus unserer Zeit“ zitiert. Dieses Zitat ist falsch. Wir bitten, den nicht von der Autorin verursachten Fehler zu entschuldigen.

Sind die Täter nun Islamisten, Flüchtlinge oder doch scheinbar gut integrierte Migranten? Und wie kommt es zu einer solchen Haltung gegenüber Frauen? Die Talkrunde soll klären: Was macht den Islam aus und wie passt er in die deutsche Gesellschaft?

Die Aufreger

Eine Runde, die zur Abwechslung ohne AfD-Vertreter auskommt, erhält ihre rassistischen Formulierungen nun von einer Feministin: „Frauenklatschen“, bezeichnet Alice Schwarzer die ihrer Meinung nach verabredete und gezielte Machtdemonstration von „Gleichgesinnten“ in Köln. „Wie damals ‚Vietnamesenklatschen‘ in Ostdeutschland!“. Islamisten unterscheidet sie in Muslime und „Scharia-Muslime“ – letztere seien die Radikaleren.

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Die Runde bei Sandra Maischberger

Auf islamkritischer Seite bewegt sich auch Ex-ARD-Korrespondent Samuel Schirmbeck, der Islamismus selbst über zehn Jahre lang in nordafrikanischen Ländern erlebt hat. Frauen können sich dort verschleiern und „dennoch reiben sich die Typen im Bus an denen.“ Das kulturelle Umfeld erleichtere den Männern dieses Verhalten. So etwas gab es vor ´68 in Deutschland auch, da habe auch jeder Chef seiner Sekretärin an den Hintern gefasst.

Die Erklärungsversuche

Schirmbeck schildert nüchtern, man solle sich doch einmal den Druck vorstellen, den ein 14-jähriger Muslim hat, der erst mit frühestens 25 heiraten und Sex haben dürfe. „Sexueller Überdruck und Unterdruck erzeugen solche Übergriffe.“ Reine Physik.

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Samuel Schirmbeck (ehem. ARD-Korrespondent in Nordafrika)

Grünen-Bundesvorsitzende Simone Peter warnt, zu Zeiten hochexplosiver politischer Debatten solche Fakten „den Falschen in die Hände zu spielen.“. Das sei „Schwarz-Weiß-Denken“, das dem Thema nicht gerecht werde.

Auch Murat Kayman, NRW-Vorstand des Islam-Dachverbands Ditib in Deutschland, oder wie Schwarzer ihn bezeichnet „der verlängerte Arm Erdogans“, muss schnell das Bild seiner Glaubensgemeinschaft zurechtrücken. „Man muss Rüpel von muslimischen Rüpeln unterscheiden“. Religion sei nicht der Auslöser für so ein Verhalten wie in der Silvesternacht, so etwas sei auch in Deutschland neu. In seiner Gemeinschaft seien alle Muslime schon lange und gut integriert.

Ex-Salafist berichtet von Versuchungen

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Grünen-Chefin Simone Peter und Dominic Musa Schmitz (ehemaliger Salafist)

Dominic Musa Schmitz, Ex-Salafist und unter Kennern schon als „Talkshow-Hopper“ bezeichnet, möchte auch bei Maischberger seine Geschichte erzählen. Er konvertierte mit 17 zum Islam und befolgte sechs Jahre lang unter der strengen Lehre von Prediger Pierre Vogel die strikten Umgangsregeln gegenüber Frauen. Maischberger testet ihn mit Fragen wie „Hätten Sie mir damals so in die Augen geschaut?“ oder „Was wäre, wenn ich mich im Bus neben Sie gesetzt hätte?“. Natürlich wäre er aufgestanden und gegangen, aber das mit dem Augenkontakt sei schwierig gewesen, die Versuchung bei schönen Frauen sei immer groß. Das mit dem Überdruck könne er übrigens bestätigen, deshalb wollte er dann doch irgendwann heiraten. Der Aussteiger wirkt therapiert. Gläubiger Muslim sei er aber dennoch geblieben.

Bei allem Verständnis für den bekehrten Salafisten artet die Debatte in tiefgründigere Fehden aus: Feministin Schwarzer verstrickt sich in Unverständnis gegenüber Vereinigungen wie dem Islam-Dachverband Ditib. 2004 habe sie noch „Arm in Arm mit Ditib-Mitgliedern demonstriert“, heute seien sie nur noch fremdgesteuert von türkischen Behörden. Davor warnte bereits auch Grünen-Politiker Cem Özdemir. Wirklich neutrale Vermittler scheint es nicht zu geben. Auch die Gäste scheinen alle ihre eigenen Brandherde beim Thema Gleichberechtigung zu haben.

Die Kernaussagen

Schwarzer sieht es so: „Der Islamismus ist der Faschismus unserer Zeit!“. Um zu verdeutlichen, wie diskriminierend und frauenmissachtend auch das Christentum sein kann, werden Zitate aus Koran und Bibel gegenübergestellt, bei deren Zuordnung teilweise Sprachlosigkeit in der Runde herrscht. Nicht so bei Journalist Schirmbeck: „Der Koran ist so verhaltensbestimmend, das sei mit dem Christentum in Deutschland überhaupt nicht zu vergleichen.“ Islam sei immer politisch, sobald er die Moschee verlässt. Islamkritiker werden allerdings zu schnell in die rechte Ecke gedrängt.

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Murat Kayman (DITIB-Vorstand NRW)

Die Bestätigung folgt prompt, als er bei seiner Zukunftsprognose von Peter mit AfD-Anhängern gleichgesetzt wird. Ihrer Meinung nach habe Integration mit dem Zeigefinger noch nie funktioniert. Sanktionen wie ein Integrationsgesetz bringe ganze Ethnien in Verruf. Der Tenor der Runde: Was fehlt, ist die Verständigung untereinander, ein Kanal zwischen den Glaubensrichtungen und Gesellschaftsvorstellungen.

Das Fazit

Viele Wortfetzen, viele Ansichten, keine Lösungen. Kayman trifft die Lage auf den Punkt: „Wir haben mittlerweile mehr Muslim-Experten als Muslime.“ Es wird viel diskutiert, jedoch oft an den falschen Stellen differenziert. Diskriminierung und Verallgemeinerung gegenüber Muslimen ist falsch, dennoch sollte dem deutschen Volk in einem Rechtsstaat Schutz gewährt werden, ohne Muslime komplett in Schutz zu nehmen, wie Grünen-Bundesvorsitzende Peter es formuliert. Auch Islam-Verbände scheinen ihre Aufgabe, die Integration von Islam-Anhängern in Deutschland, nicht erfüllt zu haben.

Islamvertreter sind sich einig, dass das Verhältnis von Muslimen und Nicht-Muslimen in Deutschland nicht vorangekommen ist, weil das Verständnis füreinander fehlt. Ob bloße Werbung für seinen YouTube-Channel oder unbeabsichtigte Weisheit: Der Stillste der Runde liefert einen simplen, aber effektiven Ausblick: „In Deutschland findet man keinen gesunden Islam.“, sagt Dominic Musa Schmitz. Da alles zu radikal sei, möchte er mir seinen Videos gemäßigt über den Islam aufklären. Das wäre schon mal ein Anfang.

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