Leitung stört nur die Pulsuhr

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Nach dem Bau einer Stromleitung spielen die Herzfrequenzmesser von zwei Sportlerinnen verrückt.

Kerpen - Regelmäßig trainieren Birgit Karg (34) und Christel Schäfer (44) auf dem Erftuferweg zwischen Bergheim und Erftstadt für den Marathonlauf. Dabei kontrollieren die beiden Kerpenerinnen, wie von Sportmedizinern empfohlen, ihre Herzfrequenz mit einer speziellen Pulsuhr. Die empfängt ihre Signale von einem um den Oberkörper geschnürten Sender.

Doch damit ist zumindest in einem vier Kilometer langen Teil der Strecke zwischen Türnich und Kierdorf Schluss. Genau dort nämlich ist Ende des Jahres die neue 110 000 Volt starke Bahnstromleitung für die S-Bahn auf bestehende Masten der RWE verlegt worden. Gleich daneben befindet sich eine 25 000-Volt-Doppelleitung der RWE, so dass der Erftuferweg genau dazwischen verläuft. „Seit der neuen Trasse zeigt meine Pulsuhr entweder Null oder utopisch hohe Werte an, die in jedem Fall einen Herzstillstand zur Folge hätte“, erzählt Karg. Andere Läufer hätten die gleichen Beobachtungen gemacht.

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Möglicherweise, so befürchten Karg und Schäfer nun, seien die von den drei Stromleitungen ausgehenden Strahlungen gesundheitsgefährdend. „Hier gehen auch viele ältere Leute und Familien mit kleine Kindern spazieren.“ Gefährlich könne es eventuell besonders für Träger von Herzschrittmachern werden. Jetzt soll das Thema auf Antrag des Stadtverordneten Ludger Ströter (SPD) auch im Kerpener Umweltausschuss erörtert werden.

Beim Bundesamt für Strahlenschutz kennt man die Probleme mit „niederfrequenten Feldern in der Umgebung von Hochspannungsleitungen und Trafoanlagen“. Offensichtlich seien die Pulsuhren nicht so gegen elektromagnetische Felder abgeschirmt wie dies für das Training im Bereich von Stromleitungen nötig sei. „Dass die Geräte dort nicht mehr funktionieren, bedeutet aber nicht, dass es auch Gesundheitsgefährdungen für den menschlichen Körper gibt“, so Referentin Anja Schröder. In der Regel liege schon in 20 Metern Entfernung von solchen Stromtrassen die „magnetische Flussdichte“ bei einem Zehntel des zulässigen Grenzwertes. Berücksichtige man dabei die Höhe der Leitungen, seien Gefährdungen - außer für Träger von Herzschrittmachern - auszuschließen. „Wenn man da zweimal die Woche vorbeiläuft, sehe ich kein Problem.“ Im Gegensatz zu der Diskussion um Elektrosmog durch Handys und Mobilfunkantennen sei dies auch die einhellige Meinung in der Fachwelt.

Allerdings empfehle das Bundesamt vorbeugend, nicht unter Hochspannungsleitungen zu bauen. Das hatte seinerzeit auch die Stadt Bergheim beherzigt, als sie nach Elternprotesten den Bau eines neuen Kindergartens vorzog, weil der alte unter einer Stromleitung lag.

Svenja Pietsch von der Polar Electro GmbH Deutschland, welche die Herzfrequenzmessgeräte vertreibt, bestätigt dabei die Angaben des Bundesamtes. Die Übertragungsfrequenzen zwischen Sender und Empfänger würden aus gesundheitlichen Gründen sehr niedrig gehalten und seien damit störanfällig: „Schon beim Autofahren oder beim Betrieb eines Staubsaugers kann es da Probleme geben.“

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