Religiöse Betreuung in GefängnissenJustizminister Kutschaty in der Kritik

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Gefängnis Symbolbild

Symbolbild.

  • Als Reaktion auf die Anschläge in Dänemark und Frankreich versprach Justizminister Thomas Kutschaty (SPD) letztes Jahr Maßnahmen, um einer möglichen Islamisierung in Gefängnissen vorzubeugen.
  • Die Prävention stockt jedoch.

Düsseldorf – Die öffentlichen Reaktionen auf Terroranschläge in Dänemark und Frankreich hatten Anfang 2015 auch das NRW-Justizministerium alarmiert. Vor allem beunruhigte die Erkenntnis, dass sich sowohl der Attentäter von Kopenhagen als auch einer der Pariser Angreifer auf die Satirezeitschrift „Charlie Hebdo“ während eines Gefängnisaufenthalts radikalisiert haben sollen.

Es gebe zwar keine Hinweise, dass sich Häftlinge in Nordrhein-Westfalen „gewissermaßen zusammenrotten, um islamistische Ziele zu verfolgen“, sagte Justizminister Thomas Kutschaty (SPD) auf einer Pressekonferenz im März vergangenen Jahres. Dennoch solle mit einem Fünf-Punkte-Plan auch eine seriöse religiöse Betreuung der muslimischen Gefangenen „über das Freitagsgebet hinaus“ sichergestellt werden. Zudem solle mehr Personal für den Justizdienst angeworben werden, das Türkisch oder Arabisch spricht.

Eine halbe Millionen Euro für das Programm

Ein Jahr ist diese Ankündigung jetzt alt. Für die Ausweitung des Betreuungsprogramms hat der Landtag auch eine halbe Million Euro zur Verfügung gestellt. Doch die Zahl der Imame, die ehrenamtlich in die NRW-Gefängnisse kommen, ist von 122 im vergangenen Jahr bis heute sogar auf 114 zurückgegangen. Lediglich drei der Seelsorger erhalten eine Aufwandsentschädigung, sieben bekommen die Fahrtkosten erstattet, heißt es in einem Papier des Justizministeriums. Ob mehr Personal mit Migrationshintergrund eingestellt wurde? Dazu gibt es offensichtlich noch nicht einmal Zahlen. Im Laufe der kommenden Wochen soll es deshalb eine anonyme und freiwillige Mitarbeiterbefragung zu dem Thema geben.

„Trotz lautstarker Ankündigung muss man jetzt leider feststellen, dass sich bisher fast nichts getan hat“, kritisiert der Landtagsabgeordnete Dirk Wedel (FDP). „Für mich ist das ein verlorenes Jahr.“ Es reiche eben nicht, 500000 Euro nur zur Verfügung zu stellen: „Mit dem Geld muss dann auch was gemacht werden“, so Wedel.

„Bisher jedenfalls ist zu wenig passiert“, sagt auch Peter Brock, der Vorsitzende des Bundes der Strafvollzugsbediensteten in NRW. Ob in Gefängnissen rekrutiert werde, sei oft nicht zu erkennen. „Die Dunkelziffer ist hoch.“ Bei Gesprächen der Inhaftierten könne meist nicht mitgehört werden, und im gesamten Land gebe es bisher nur zwei JVA-Beamte, die Arabisch sprechen.

Die Vorwürfe gegen den Minister seien unberechtigt, entgegnet ein Sprecher des Justizministeriums. Die Islamverbände und die muslimischen Generalkonsulate hätten keine weiteren Imame zur Verfügung gestellt, zudem gebe es kaum geeignete Bewerber mit arabischen Sprachkenntnissen für die JVA-Laufbahn. Das Gefängnispersonal sei aber „im Umgang mit Migranten“ weitergebildet worden und zwei neu eingestellte Islamwissenschaftler würden Konzepte gegen eine Radikalisierung entwickeln. Zudem habe NRW den Vorsitz in einer bundesweiten Arbeitsgruppe übernommen, deren Ergebnisse im Juni vorgestellt werden.

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