ChancenspiegelDurchwachsenes Zeugnis für Schulen in NRW

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Der Trend zum Abitur ist in Deutschland ungebrochen. (Symbolbild)

Viele Abiturienten – und viele Schulabgänger ohne Abschluss. Das ist das zwiespältige Fazit des „Chancenspiegel Schule“ für Nordrhein-Westfalen.

Abitur

Der Trend zum Abitur ist in Deutschland ungebrochen: Vor 15 Jahren machten 38,2 Prozent aller Schüler das (Fach-)Abitur. 2014 waren es schon mehr als die Hälfte eines Jahrgangs (52,2 Prozent). In NRW ist dieser Trend mit 54,1 Prozent (Fach-)Abiturienten besonders ausgeprägt. Noch größer ist der Vorsprung beim allgemeinen Abitur: Diesen Abschluss erreichen 41,4 Prozent der Schüler in NRW und nur 34,1 Prozent im Bundesschnitt.

Sind die Schulen in NRW also besonders exzellent? Die Schüler besonders ehrgeizig? Oder wird ihnen das Abitur gar hinterhergeworfen? Fest steht nur so viel: Immer mehr Schulen in NRW bieten den direkten Weg zum Abitur an (46,7 Prozent im Jahr 2005/06, 58,1 Prozent im Jahr 2014/15).

Schüler ohne Abschluss

In krassem Gegensatz zu den vielen Abiturienten steht die Zahl der Schüler in NRW, die die Schule ohne Hauptschulabschluss verlassen: 6,2 Prozent. Bundesweit sind es mit 5,8 Prozent etwas weniger – die Zahl ist seit 2002 deutlich gesunken. In NRW war die Lage auch schon mal besser: Zum Beispiel 2011 und 2012. Damals erreichten nur 5,7 Prozent der Schulabgänger keinen Hauptschulabschluss. Noch schlechter sieht es hierzulande bei den ausländischen Schülern aus: Ganze 14,5 Prozent stehen nach ihrer Schulzeit ohne Hauptschulabschluss da (Bundeswert 12,9 Prozent). Das ist der bislang höchste Wert in NRW (2002: 12,8).

„Kein Kind zurücklassen“ – von diesem oft zitierten Ziel ist die rot-grüne Landesregierung weit entfernt. Die Zahlen des „Chancenspiegel“ stammen aus dem Schuljahr 2014/15. Die Flüchtlingszahlen können diesen Effekt also noch nicht erklären und die vielen geflüchteten Schüler werden sich künftig wohl noch stärker in den Statistiken niederschlagen.

Übergang in die Ausbildung

Auch die Chancen derer, die ihren Hauptschulabschluss geschafft haben, sind in NRW nicht die allerbesten. Nur 37,8 Prozent von ihnen bekommen einen Ausbildungsplatz im Dualen System. Bundesweit sind es 40,5 Prozent.

Inklusion

Deutlich besser bewertet die Bertelsmann-Stiftung die nordrhein-westfälischen Anstrengungen bezüglich der Inklusion. Ein Drittel aller Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf besucht inzwischen eine allgemeine Schule. Damit liegt NRW nur knapp unter dem Bundesschnitt.

Ein Schlaglicht wirft der „Chancenspiegel“ auf ein interessantes Phänomen der Inklusion: Zwar gehen immer mehr Schüler mit Förderbedarf auf allgemeine Schulen. Trotzdem sind viele Förderschulen gut besucht. Der Grund: Bei immer mehr Schülern wird ein Förderbedarf diagnostiziert. Das ist bundesweit so – hier stieg die Förderquote seit 2002/3 von 5,5 auf 7,0 Prozent im Schuljahr 2014/15. Ähnlich sieht es in NRW aus: Hier wird inzwischen bei 7,4 Prozent aller Schüler ein sonderpädagogischer Förderbedarf diagnostiziert. Im Jahr 2002 war das nur bei 5,3 Prozent aller Schüler der Fall.

Eine Erklärung dafür ist, dass die Hemmschwelle gesunken ist, seit die Eltern wissen, dass eine Diagnose nicht zwangsläufig den Besuch einer Förderschule bedeuten muss.

Außerdem haben auch Schulen und Lehrer zunehmend ein Interesse daran, dass ein Förderbedarf diagnostiziert wird – schließlich kämpfen sie bei der Inklusion ohnehin mit viel zu knappen Ressourcen. Das beklagen sie in NRW seit Jahren.

Gleichzeitig gibt es tatsächlich immer mehr Kinder, die zum Beispiel sprachlich gefördert werden müssen. Die wachsende Zahl von Kindern mit Migrationshintergrund ist nur ein Grund dafür.

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